Piraten-Buch: Verlag geht gegen illegale Verbreitung vor
Eine Buchveröffentlichung zeigt aktuell besonders eindeutig, wie schnell Anspruch und Realität auseinanderklaffen können: Die Piraten-Politikerin Julia Schramm kassiert für ihr Buch „Klick mich“ wohl ein sattes Honorar von 100.000 Euro und begibt sich zugleich in die eigentlich verhassten Niederungen der Inhalte-Ersteller.
Die Causa „Klick mich“ wäre wahrscheinlich kaum der Rede wert, wenn sich hier nicht so exemplarisch das besagte Auseinanderklaffen von Anspruch und Realität zeigen würde. Der Grund ist, dass Julia Schramm nicht irgendwer ist: Als führender Kopf der Piratenpartei steht sie für die politische Forderung, die Freiheit des Internets zu schützen, was auch einen laxen Umgang mit Urheberrechtsverletzungen im Netz beinhaltet.
„Leechen ist Notwehr“, erklärte Schramm dazu unlängst in einem Podcast. Zwar wolle sie durchaus, dass die Leser für ihr Buch bezahlen, doch habe sie der Marketingchefin des zu Random House gehörenden Albrecht Knaus Verlags gesagt, dass man dazu auch einfach zugängliche Bezugsmöglichkeiten schaffen müsste.
Dass diese Forderung nun als bloßer Selbstschutz ausgelegt wird, ist naheliegend: Bei „Klick mich“ handelt es sich um ein Buch, das konventionell vertrieben wird. Statt der Piratenlogik – Inhalte sollen im privaten, nicht-kommerziellen Rahmen frei zugänglich sein und weiterverbreitet werden dürfen – liegt die gängige marktwirtschaftliche Logik zugrunde, bei der Inhalte kostenpflichtig sind und eben nicht weiterverbreitet werden dürfen.
Wie eindeutig Schramm mit ihrem „Klick mich“ Buch in der Sphäre der – ironischerweise auch im Buch – zum Feindbild „Contentmafia“ erklärten Welt der Inhalte-Ersteller angelangt ist, zeigte sich am Montag zum Verkaufsstart: Nachdem Unbekannte das Buch über einen Online-Speicherdienst in PDF-Form verbreitet hatten, setzte die Rechtsabteilung des Verlags mit Erfolg alles daran, die Datei aus dem Netz zu bekommen. Statt dieser wird nun eine Meldung ausgegeben, wonach der Inhalt im Namen der Random-House-Autorin Julia Schramm gelöscht wurde – inwiefern Schramm im Detail über den Vorgang informiert war, ist nicht bekannt.
Mittlerweile hat sich Julia Schramm zu dem anhaltenden „Shitstorm“ geäußert. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung (SZ) nennt sie diesen „traurig“ und „vorhersehbar“: „Das ist eine Provokation, es geht nur darum mich vorzuführen, jetzt krakeelt eben wieder der Mob“, sagt Schramm.
Es sei klar, dass der Verlag gegen die Veröffentlichung auf Dropbox vorgegangen sei: „Ich sehe darin auch keinen Widerspruch. Ich lehne nicht das Urheberrecht, sondern den Begriff des Geistigen Eigentums ab, weil er ein Kampfbegriff ist“, wird Schramm von der SZ weiter zitiert. Man habe aber ein Zeichen gesetzt, indem statt auf die gängige Abmahnpraxis zunächst nur auf eine Verwarnung zurückgegriffen worden sei.
Mittlerweile hat auch die Piratenpartei auf den „Shitstorm“ rund um „Klick mich“ reagiert: Während sich der Bundesvorstand hinter Julia Schramm gestellt hat, griffen die im Kontext der Landtagswahl 2013 um den Einzug ins Parlamente ringenden Niedersachsen-Piraten Schramm heute in einem offenen Brief an.
„So sehr wir auch Verständnis für deine berufliche Tätigkeit haben, so sehr schadet gerade uns in Niedersachsen diese Diskussion“, eröffnet der Vorstand des Landesverbandes das Schreiben. „Gerade auch im Hinblick auf unsere geplante Wahlkampfkampagne zum Thema „Urheber-, Markenschutz- und Patentrecht“ stehen wir momentan im Licht der Öffentlichkeit sehr schlecht da“, heißt es weiter; es sei bereits ein nicht unerheblicher Schaden entstanden.
Vor diesem Hintergrund wünscht sich der Landesverband, „dass die eBook-Ausgabe von „Klick mich“ unter CC- Lizenz frei verfügbar sein soll“. Die Printausgabe soll nach dieser Vorstellung weiterhin auf dem Markt bleiben. „Aber durch diesen Schritt würdest Du deinen eigenen Forderungen mehr authenzität verleihen und uns allen helfen, hier wieder sachlich über die eigentlich Inhalte zu diskutieren“, so die Autoren des Briefes weiter. Sollte dies für Schramm nicht möglich sein, „empfehlen wir Dir den nächsten richtigen Schritt zu gehen, um die Glaubwürdigkeit gerade in einem wichtigen Kernthema der Piratenpartei zu behalten: Rücktritt.“