Apple iPhone 5 im Test: Das erste iOS-Smartphone mit vier Zoll
7/8Fazit
Was macht ein iPhone aus? Die wenig verspielte, eher nüchterne Optik? Die hohe Verarbeitungsqualität? Das Zusammenspiel aus Hard- und Software? Oder das umfangreiche Ökosystem, das zahlreiche Anwendungen, Spiele, Filme und Bücher bietet? Am Ende ist es vermutlich eine Mischung aus allem. Keine Rolle hat bislang jedoch die nackte Technik gespielt, Apple hat sich abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen beim iPhone nie als Technologievorreiter gesehen – und wurde auch nicht so wahrgenommen. Große Displays? Vier-Kern-SoCs? Kameras mit zweistelligen Megapixel-Werten? NFC? All das erwartet man eher von HTC, Samsung oder Sony, nicht jedoch von Apple.
Insofern ist beim iPhone 5 prinzipiell alles beim Alten geblieben, auch wenn man die sechste Auflage den eigenen Worten zufolge komplett neu entwickelt hat. Und dennoch: Schon beim ersten Blick wirkt der Neuling neben seinen Vorgängern wie ein Fremdkörper, der Design-Sprung vom iPhone 4S hin zum iPhone 5 ist – auch wegen der geänderten Größe – so groß wie noch nie. Und noch etwas fällt auf: Apple läuft der Konkurrenz unverkennbar hinterher. Propagierte man bislang bei jeder Präsentation, dass 3,5 Zoll ausreichen und man größere Bildschirme nicht mehr mit einer Hand bedienen kann, soll dies nun beim iPhone alles anders sein? „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“.
Aber: Das Wachstum tut dem iPhone gut. Nur wenige Minuten lang ist man irritiert, danach überwiegen die Vorteile, die das Mehr an Platz bietet. Dabei geht es nicht um eine fünfte Icon-Zeile, sondern um Videos, das Surfen im Internet und anderes. Schon nach zwei oder drei Stunden ertappt man sich bei der Frage, wie das vorher mit einem halben Zoll weniger funktionieren konnte – man fühlt sich schnell heimisch. Gleiches gilt für die Leistung. Auch hier sind die Unterschiede zum iPhone 4S allgegenwärtig – auch wenn das letztjährige Modell sich nie wirklich langsam angefühlt hat. Apple hat es geschafft, auch die sechste Auflage zu einem echten iPhone zu machen.
Kritik muss jedoch auch geäußert werden – mehr und dringender als bislang. Denn so schön das größere Display auch ist: Warum hat man nicht einen großen Bruch gewagt und auf eine „videokompatibelere“ Auflösung von 1.280 × 720 Pixel gesetzt? Beim Seitenverhältnis hat man sich schließlich auch daran orientiert. Mit LTE unterstützt man einen schnellen Mobilfunkstandard – warum aber wieder nur einige wenige Frequenzen? Und wenn man schon Up-to-Date sein will: Warum kein komplett neuer Anschluss mit höheren Übertragungsraten, sondern „Lightning“?
Ob man NFC und drahtloses Laden des Akkus wirklich braucht, muss jeder Nutzer für sich selbst entscheiden – zumindest erstere Technik ist hierzulande weit davon entfernt, sich durchzusetzen. Einbauen was sich einbauen lässt, war noch nie Apples Ziel – dies überlässt man oftmals der Konkurrenz. Vielleicht hätte man es in diesem Jahr aber doch anders machen müssen.
Denn das iPhone 5 mag eine Neuentwicklung sein, seine Wurzeln kann es jedoch nicht verleugnen. Genau diese dürfte der Grund dafür sein, dass Apples Vorzeigeprodukt im Vergleich zur Konkurrenz zurückfällt – auch wenn die Verkaufszahlen derzeit eine andere Sprache sprechen. Denn die Mitbewerber haben in den letzten Monaten und Jahren immens dazugelernt, die Ökosysteme sind gewachsen, die Betriebssysteme wurden intuitiver. Auch wenn Apple in puncto Leistung in einigen Bereichen wieder an der Spitze steht: In wenigen Wochen wird sich das vermutlich wieder geändert haben, so hoch ist die Schlagzahl inzwischen. Zudem wackelt auch der Nimbus der „nahezu perfekten Abstimmung“ von Hard- und Software. Die teilweise berechtigte Kritik an iOS 6 mit seinen Neuerungen und Verschlechterungen bleibt als Makel haften.
Darum gilt: Das iPhone 5 ist ein gutes und souveränes Smartphone – die Spitzengruppe anführen kann es nicht.