Amazon Kindle Fire HD im Test: Das Trojanische Einkauspferd
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Das Kindle Fire HD verdankt seinen Namenszusatz natürlich der Display-Eigenschaft, die im Vergleich zum Vorgänger ordentlich aufgebohrt wurde, sodass nun eine native Auflösung von 1280 x 800 Pixeln unterstützt wird. Dieser Schritt war auch dringend nötig, da er bei einem Anbieter wie Amazon, das als Inhalte-Bereitsteller selbst mit HD-Material wirbt, fast schon obligatorisch wirkt.
Dieses Material kann nun direkt in 720p-Qualität auf dem Kindle angesehen werden, wobei es dank der übersichtlichen Display-Größe zu einer guten Punktdichte von 216 ppi reicht. Doch auch sonst macht die Darstellung auf dem IPS-Panel dank knackiger Farben und einer guten Blickwinkel-Stabilität richtig Spaß. Minimal eingeschränkt wird dieser positive Eindruck nur durch eine in unseren Augen vergleichsweise hohe Anfälligkeit für Fingerabdrücke – wir fühlten uns ständig versucht, das KFHD zu säubern – und einer ebenfalls vergleichsweise hohen Anfälligkeit für Spiegelungen. Das Ausmaß von letzterem Umstand lässt sich aktuell aufgrund der Wetterlage allerdings kaum abschätzen; gut möglich aber, dass man sich in einem sommerlichen Park bei bestem Sonnenschein durch die Kombination aus Fingerabdrücken und Spiegelung gestört fühlen könnte.
Als optimalen Weißpunkt sehen wir D65 an, also eine Farbtemperatur von 6.500 Kelvin (K). Dies entspricht nach gängiger Definition einem mittlerem Tageslicht und ist der Weißpunkt der gängigen Farbräume sRGB und AdobeRGB. Eine Abweichung von einigen hundert bis etwa 1000 K ist bei Mobiltelefonen als noch akzeptabel anzusehen, einige Displays – bauartbedingt vor allem OLED-Modelle – liegen allerdings beim Weiß und noch mehr bei Grautönen oft im Bereich um 10.000 K, was bereits als deutlicher Blaustich wahrnehmbar ist. Sehr viele Displays von Smartphones und Notebooks treffen zwar den Weißpunkt von 6.500 K relativ genau, weichen aber bei Grautönen und anderen mittleren Farbtönen deutlich mit einem Blaustich ab. Vor allem bei gleichzeitigem Auftreten von Grau und Weiß ist diese ungleichmäßige Graubalance wahrnehmbar.
Gegenüber der LCD-Technik weisen OLED-Bildschirme einige Besonderheiten auf, die sich teilweise in unseren Messungen niederschlagen und erklärungsbedürftig sind. Zum einen ist das der bekanntermaßen hohe Kontrast, der bei OLED durch die selbstleuchtenden Pixel möglich ist – es gibt hier kein Backlight, welches durch das Panel mehr oder weniger stark abgedunkelt wird, sondern ein schwarz angesteuerter Pixel ist tatsächlich komplett schwarz und leuchtet nicht. Da das Kontrastverhältnis den Quotienten zwischen der Helligkeit von Weiß und Schwarz angibt, ergibt die Kontrastmessung bei OLED-Displays theoretisch eine Division durch Null und damit ein nicht definiertes Ergebnis – in der Praxis gibt es bei der Schwarzmessung immer eine gewisse Resthelligkeit durch Streulicht und ein Signalrauschen beim Messgerät, sodass Kontrastergebnisse im fünfstelligen Bereich entstehen. Da die Darstellung dieser Kontrastwerte im Balkendiagramm den irreführenden Eindruck erzeugen, der Kontrast wäre bei OLED sichtbar um viele Größenordnungen besser, haben wir uns entschieden als Kontrast maximal 5000:1 darzustellen und auf diese Erklärung zu verweisen. Im Alltag ist der Unterschied allenfalls in sehr dunklen Umgebungen deutlich wahrnehmbar, bei Tageslicht sind Faktoren wie die Reflexionen der Displayoberfläche wesentlich wichtiger.
Die zweite Besonderheit ist die beim derzeitigen Stand der Technik verhältnismäßig geringe Lebensdauer der blauen Leuchtelemente bei OLED-Displays. Dies veranlasst die Hersteller dazu, zur Steigerung der Lebensdauer bei einigen Displays die klassische RGB-Subpixelmatrix durch alternative Anordnungen abzulösen. Bekannt ist dabei beispielsweise Samsungs „PenTile“-Matrix, deren Hauptmerkmal die Vergrößerung der blauen und roten Subpixel ist – allerdings bei gleichzeitiger Halbierung ihrer Anzahl. Das bedeutet, dass bei gleicher Nennauflösung diese Displays eine geringere Anzahl von Subpixeln aufweisen als Displays mit der bewährten RGB-Matrix. Jeder Pixel verfügt weiterhin über seinen eigenen grünen Subpixel, teilt sich aber den jeweiligen roten und blauen Subpixel mit seinem Nachbarpixel. Das ganze führt bei gleicher Nennauflösung zu einer geringeren tatsächlichen Auflösung und an Kontrastkanten zu Farbsäumen, die vor allem die Lesbarkeit von Text deutlich verringern können.
Verstärkt wird die vergleichsweise starke Spiegelung letztlich beim Blick auf die ermittelten Werte auch von der nur durchschnittlichen Maximalhelligkeit. Allerdings reichen Spitzenwerte von rund 360 cd/m² locker für eine ansprechende Darstellung auf der heimischen Couch. Zur absoluten Speerspitze sind dagegen die Kontrastwerte zu zählen, die deutlich machen, dass sich Amazon in puncto Display unterm Strich nicht Lumpen lässt und ordentliche Komponenten spendiert.