Far Cry 3 im Test: Vaas geht ab?!
3/5FC 3 im Überblick (Forts.)
Dieser durchaus berechtigten Kritik begegnen die Entwickler in Far Cry 3 mit einer Fülle an Handlungsoptionen, die zwar gut gemeint ist, in unseren Augen aber die Grenze zur Übertreibung durchbricht.
Auf der einen Seite steht eine übertrieben belebte Natur: Überall trifft man auf Tiger, Leoparden, Wildschweine, Büffel, Ziegen und andere Tiere. Diese bevölkern aber nicht nur die malerischen Gebiete der Inselwelt, sondern sind auch Mittel zum Zweck: Während man in den Shops der Inseln von der Pistole bis zum Flammenwerfer alle möglichen Waffen erstehen kann, ist es – Logik? – um einfache Güter wie Brieftaschen, Pfeilköcher, Munitionsgürtel und Rucksäcke auf den Rook Islands derart schlecht bestellt, dass man diese in Eigenproduktion herstellen muss. Diese Verknappung verfolgt den Zweck, den Spieler zur Jagd zu zwingen: Will man mehr Beute und Munition tragen und mehr Geld aufnehmen, kommt man nicht umhin, für X Felle von Tier Y ein entsprechendes Behältnis herzustellen. Genauso funktioniert der Umgang mit den Pflanzen, die man überall auf der Insel einsammeln kann und muss, um beispielsweise Medizin herzustellen, wobei man entsprechende Spritzen alternativ auch kaufen kann.
Was am Anfang Spaß macht und zur Atmosphäre beiträgt, wird mit der Zeit zur monotonen Daueraufgabe, die auch deswegen an Reiz verliert, weil die Karte einem ohnehin recht zuverlässig aufzeigt, wo sich gerade die – viel zu üppig verteilte – benötigte Ressource befindet.
„Viel zu üppig“ ist ohnehin das entscheidende Stichwort, denn ob Munition, Felle, Pflanzen, Waffen oder Geld: Jason fällt alles Notwendige fast automatisch in die Hände. Dies reicht soweit, dass man derart leicht und schnell auf seltene Tiere wie einen Tiger trifft, dass selbst ein solches Zusammentreffen nach dem ersten, mit einem „Oha“ verbundenen Mal nicht mehr großartig begeistert.
Doch nicht nur hier sind die Entwickler (sicher auch wegen der besagten Kritik) sehr großzügig; auch bei den optionalen Missionen findet man auf den ersten Blick zahlreiche Möglichkeiten vor. So kann man sich auf den „Pfad des Jägers“ begeben und anhand von ziemlich willkürlich wirkenden Vorgaben in Ureinwohner-Manier bestimmte Tiere jagen. Und auch auf Menschen zielen die Aufgaben ab, sodass man immer wieder in Kopfgeldjäger-Manier bestimmten Halunken den Garaus machen soll. Schließlich kann man sich auch bei Auto-Rennen beweisen, zu denen allen voran das schnelle Ausliefern von Erste-Hilfe-Paketen gehört – oder aber beim Messerwerfen und Pokern ein kleines Zubrot verdienen.
Wer dann noch immer nicht genug hat, kann weiter daran arbeiten, das Archipel von den Piraten zu befreien. Dazu gilt es, in bester „Assassin's Creed“-Manier Aussichtspunkte freizuschalten und die in dem jeweiligen Gebiet vorhandenen Außenposten der Piraten auf die ein oder andere Weise einzunehmen. Dies hat den netten Nebeneffekt, dass mit der Zeit immer mehr Waffen umsonst in den Shops angeboten werden, was dazu führt, dass Jason über noch mehr Geld verfügt. Immerhin: Ist ein Gebiet auf diesem Wege erstmal befreit, trifft man hier tatsächlich kaum noch Piraten an, womit ein weiterer großer Kritikpunkt – ständig neu auftauchende Gegnerhorden in einem eigentlich befreiten Gebiet – aus dem Vorgänger beseitigt wäre.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die so entstehende Handlungsvielfalt in den ersten Stunden durchaus motiviert, sich aber schneller als gedacht erschöpft, da die tatsächlichen Möglichkeiten und Herausforderungen doch eher begrenzt sind.
Weitaus gravierender ist aber, dass die Authentizität der Spielewelt massiv unter dieser Konzeption leidet. So kann es aufgrund der dichten Verfügbarkeit von unterschiedlichsten Lebewesen zu absurden Situationen kommen: Man möchte eine Straßensperre der Piraten durchbrechen, wird dabei aber von ein paar Mitstreitern unterbrochen, die – bedingt durch einen KI-Aussetzer – mit Karacho durch die geparkten Jeeps preschen und gegen einen Felsen donnern. Um die Verwirrung perfekt zu machen, jagt plötzlich ein Leopard in die Szenerie, der ein gutes Dutzend Ziegen vor sich hertreibt, mittendrin aber von der Beute ablässt und sich auf die Piraten stürzt.
Was witzig anzusehen ist, nimmt der Umgebung von FC 3 auf Dauer jede Glaubwürdigkeit. Dabei ist durchaus Potential vorhanden, da das Setting und die Umgebung an eine Mischung aus „Das Herz der Finsternis“ und „Lost“ erinnern, was eine feine Basis für eine bedrückende, bedrohliche, vielleicht sogar mysteriöse Umgebung hätte sein können. Statt Himmel und Hölle glaubwürdig zusammenzubringen, versteift sich die Spielewelt von FC 3 aber darauf, möglichst lebendig zu wirken – um den Preis, dass das Endprodukt zwar tatsächlich vor Leben und Bewegung nur so strotzt, dabei aber reichlich überdreht wirkt und so viel Glaubwürdigkeit und Tiefe verliert.
Das ist schade, denn die eigentliche Kernkompetenz als Shooter erfüllt „Far Cry 3“ ansonsten mit Bravour: Geht es um Action-Elemente wie rasante Schusswechsel, ein riesiges Waffenarsenal, aufreibende Verfolgungsjagden und fulminante Explosionen, gibt es an dem Gebotenen überhaupt nichts zu meckern. Garniert wird das Ganze durch überraschend fundierte Schleichmöglichkeiten, die über sogenannte „Takedowns“ mit Nahkampf-Attacken kombiniert werden können, wobei die Möglichkeit zur Planung der Vorgehensweise dafür sorgt, dass selbst das eigentlich irgendwie monotone Erstürmen der Außenposten eine spaßige Sache bleibt.
Und auch das auf den mitunter so gewonnenen Erfahrungspunkten aufbauende und dem Genre entsprechend rudimentäre Charaktersystem geht in Ordnung, wobei hier Fähigkeitenpunkte in unterschiedliche Qualitäten investiert werden können. Auf diesem Wege lässt sich nicht nur die Gesundheit oder die Schnelligkeit von Jason verbessern; auch auf die Spielmechanik wirkende Optionen wie die Möglichkeit, Takedowns bei zusammenstehenden Gegnern zu einer Serie zu verbinden, lassen sich auf diesem Wege freischalten.