Windows RT im Test: Microsofts ARM-OS auf dem Asus Vivo Tab RT

 4/7
Patrick Bellmer
64 Kommentare

Windows RT

Kennt man Windows 8, kennt man auch Windows RT – zumindest oberflächlich. Denn in puncto Bedienung unterscheiden sich die beiden Betriebssysteme kaum bis gar nicht. Nach dem Start erwartet den Anwender der neue Sperrbildschirm sowie der Startbildschirm mit seinen Kacheln und auch der klassische Desktop ist vorhanden. Mit den bekannten Gesten werden Programme gestartet, die Optionen aufgerufen oder zwei Applikationen nebeneinander platziert, kurzum: Die Hülle, die man Windows RT übergestülpt hat, ist identisch zu der von Windows 8.

Klassischer Desktop unter Windows RT
Klassischer Desktop unter Windows RT

Salopp gesagt: Windows RT ist rein äußerlich eine Mogelpackung. Denn was auf den ersten Blick wie das neue Desktop-Betriebssystem aussieht, ist in Wirklichkeit eine in vielen Teilen eigenständige Plattform, die sich ein paar Grafiken und etwas Programmcode vom großen Bruder geliehen hat. Denn einiges, das Windows bislang ausgemacht hat, funktioniert unter Windows RT nicht mehr.

Neuer Homescreen
Neuer Homescreen

Nüchtern betrachtet ist die Angelegenheit aber weitaus komplexer. So teilen sich Windows 8 und Windows RT nicht nur einige Zeilen Programmcode, sondern tatsächlich einen sehr großen Teil, unter anderem ist der so wichtige Kernel identisch. Aber: Da Windows RT preiswerte Endgeräte ermöglichen soll, ist es nicht für x86-Prozessoren, sondern für CPUs auf ARM-Basis ausgelegt. Entsprechend sind Anpassungen erforderlich, die durchaus einige spürbare Nebenwirkungen haben.

Die größte dürfte dabei das stark eingeschränkte Software-Angebot sein. Denn bisher unter klassischen Windows-Versionen verwendete Programme sind aufgrund der abweichenden Hardware-Architektur nicht kompatibel, einen Emulator hat Microsoft nicht vorgesehen. Darüber hinaus ist man für Anwendungen und Spiele auf den hauseigenen Windows Store angewiesen. Denn selbst Windows-RT-kompatible Software kann nicht auf einem anderen Weg installiert werden. Im Store selbst stehen derzeit zwar mehr als 13.000 Applikationen bereit, im Vergleich zum Angebot für Windows 7 oder Windows 8 selbst ist diese Zahl aber verschwindend gering. Zudem fehlen zahlreiche Ableger bekannter Lösungen. Einfluss hat dies natürlich auch auf die multimedialen Fähigkeiten. Mangels alternativer Software können Windows-RT-Geräte somit nur die gängigsten Formate anzeigen und abspielen, an MPEG, MKV oder FLAC scheitert es bislang noch. Zudem stehen weder der Windows Media Player noch das Media Center zur Verfügung.

Word 2013 für Windows RT
Word 2013 für Windows RT

Mittel- und langfristig dürfte sich die Lage jedoch verbessern, da Microsoft den eigenen App Store offensiv bewirbt und mehr und mehr – auch bekannte – Entwickler dafür gewinnen will. In der Kategorie Software gibt es aber auch noch weitere Unterschiede: Denn nur einige bereits vorinstallierte Programme können den klassischen Desktop nutzen, darunter beispielsweise Paint oder der Editor. Alle anderen Applikationen sind auf die neue Oberfläche mit all ihren Vor- und Nachteilen beschränkt. Mit an Bord ist zudem Office 2013 mit den Bestandteilen Word, Excel, PowerPoint und OneNote. Allerdings handelt es sich lediglich um die „Home & Student“-Version, der Einsatz für berufliche Zwecke ist somit von der Lizenz ausgeschlossen. Der Umfang der Produktiv-Software ähnelt in weiten Teilen dem der „vollwertigen“ Fassungen, verzichten muss man unter anderem auf VBA-Unterstützung und Makros.

Oftmals im Zusammenhang mit Windows RT geäußert werden Befürchtungen bezüglich der Treiberunterstützung. Hier kann man zumindest ein Stück weit Entwarnung geben: Das meiste alltägliche Zubehör wird problemlos erkannt und unterstützt. In unserem Test gelang uns dies mit verschiedenen drahtlosen und -gebundenen Mäusen, USB-Sticks und externen Festplatten ebenso wie mit Gamepads oder Tastaturen. Als problematisch hat sich allerdings die Einbindung von Druckern erwiesen. Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung erklärte Microsoft, dass es hier zu Einschränkungen kommen kann. Uns gelang es entsprechend bei zwei älteren Multifunktionsgeräten, die unter Windows 8 klaglos ihren Dienst verrichten, nicht, sie unter Windows RT voll funktionstüchtig zu installieren. In einem Fall konnte zumindest gedruckt werden, im zweiten Fall wurde der Drucker korrekt erkannt, ein Treiber war jedoch nicht zu installieren. Auf einer speziellen Microsoft-Seite kann anhand der Gerätebezeichnung überprüft werden, ob das Zubehör unter Windows RT einsetzbar ist.

Excel 2013 für Windows RT
Excel 2013 für Windows RT

Einschränkungen gibt es auch hinsichtlich der Internet-Nutzung. Denn derzeit steht lediglich Microsofts eigener Internet Explorer 10 zur Verfügung, Alternativen sind noch nicht verfügbar – entsprechend fehlt auch das Browser-Auswahlfenster BCS, das bei anderen Windows-Versionen vorgeschrieben ist. Darüber hinaus ist der IE10 aber auch stellenweise beschnitten: So unterstützt die Variante der neuen Oberfläche Flash beispielsweise nur auf Seiten, die Microsoft auf eine entsprechende Whitelist gesetzt hat; lediglich der Desktop-Ableger kann Flash auf allen Seiten darstellen. Probleme bereiten aber auch andere, unter Umständen notwendige und (noch) nicht vorhandene Plug-Ins wie Java.

Es gibt allerdings auch Unterschiede, die eher positiver Natur sind. So müssen ab Haus alle Windows-RT-Geräte das sogenannte Connected Standby unterstützten, also die Fähigkeit, auch im Standby Datenverbindungen zum Aktualisieren der E-Mails und anderen Dingen aufbauen zu können. Zudem ist das unter Windows 8 abschaltbare Secure Boot unter Windows RT dauerhaft aktiv. Ebenfalls Sicherheit gewährleisten soll die Geräte-weite Verschlüsselung, die den gesamten Datenspeicher vor unbefugtem Zugriff schützen soll.

Für Diskussionen zum Start des Microsoft Surface sorgte der verbaute Speicher. Denn ein großer Teil wird von Windows RT sowie den vorinstallierten Programmen belegt. Im Falle des Vivo Tab RT sind von den proklamierten 64 noch 41 Gigabyte frei verfügbar. Schuld daran ist unter anderem die Partitionierung des Laufwerks. Circa 4,4 Gigabyte werden allein für drei Wiederherstellungspartitionen abgezweigt – das Betriebssystem mit seinen Dreingaben selbst benötigt etwa 12,8 Gigabyte. Spätestens beim Vivo Tab RT mit 32 GB oder anderen Geräten mit nur 32 Gigabyte Speicher dürfte es früher oder später zu Problemen kommen. Denn auch wenn ein Speicherkarten-Slot verfügbar ist: Auf diesem können nur Mediendaten wie Musik, Fotos, Videos, Dokumente oder ähnliches abgelegt werden. Die Installation von Programmen auf Speicherkarten ist nicht möglich.

Freier Speicher
Unterschiede der einzelnen Windows-8-Versionen