Kommentar: Medal of Honor eingestellt

Max Doll
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Max Doll

Medal of Honor ist tot, lang lebe Medal of Honor! EA hat die Einstellung der Serie bekannt gegeben. Tiefer kann der ehemalige Shooter-Star auf den ersten Blick nicht sinken, auf den zweiten ist die Einstellung aber das Beste, was der Serie in den letzten Jahren passiert ist. Ruhe in Frieden – vorerst.

„Medal of Honor: Warfighter“ war mehr als ein Schuss in den Ofen, eher schon ein ganzes Magazin. Schluss mit heißen Backwaren, der Titel war ein Rauchzeichen verwelkter Software-Asche. Im EA-Jargon heißt es dazu, der „Fokus auf authentische Gefechte“ habe „keinen Anklang bei Kunden gefunden“, womit der Publisher vermutlich die krude inszenierten Hollywood-Action-Ballereien meint. Die Reviews würden dagegen „polarisieren“, die Wertungen seien geringer als es das Spiel verdient hätte. Alles nur ein Missverständnis um eine versteckte Perle des Spieldesigns?

Unzählige Reviews sehen das anders und bescheinigen dem Spiel eine bestenfalls durchschnittliche Qualität: Keine Innovationen, aber auch nichts gut kopiert, was in unzähligen Beiträgen objektiv nachgewiesen und an den quantitativ gut bestückten Metacritic-Wertungen abzulesen ist. 55 Punkte im Schnitt aller Testberichte respektive eine Nutzerbewertung von 5,3 Punkten bei 420 Wertungen erhält das glorreiche Warfighter da, womit das Niveau des Spiels auf einem Level von populären Serien wie Autobahn Raser oder dem Simulatoren-Genre liegt, vor allem aber deutlich schlechter als der noch vergleichsweise gut (über)bewertete Vorgänger. Wer den gespielt hat, weiß, dass er ein noch schlechteres Spiel im gleichen Setting eigentlich so dringend braucht wie Fußpilz – schon die 2010er-Ausgabe war mehr unfreiwillig komisch als ein annehmbares Spiel, das sich einem Thema ernst, eigenständig oder zumindest seriös nähert.

Die Serie nach fortgesetzten Misserfolgen deshalb wenigstens vorerst einzustellen, ist absolut richtig und konsequent. Nicht richtig und konsequent ist, zu behaupten, niemand habe das Spiel zu schätzen gewusst – schließlich war für viele Spieler die Schmerzgrenze bereits mit dem Ableger des Jahres 2010 erreicht. Immerhin, die Raubkopierer-Keule für die schlechten Verkaufszahlen hat sich EA im Angesicht des eigenen Machwerkes dann doch verkniffen – das ist, blickt man in die vergangenen Jahre, schon ein Fortschritt im Rahmen der üblichen Publisher-Rhetorik. Am Markt vorbeiproduziert, ein erneut uninspirierter, überkurzer Klon-Schnellschuß ohne ausreichende Qualitätssicherung – wenngleich an Qual vermutlich kaum ein Mangel herrscht – der mit amerikanisch-kitschigem Nationalismus überladen ist und sich an einem Vorbild orientiert, dessen Stern mittlerweile nicht mehr am höchsten Punkt des Firmaments hängt: Der Flop war absehbar und wurde über die stark patriotisch untermalte Werbung mit Verweis auf die Unterstützung des Publishers für amerikanische Kriegsveteranen-Organisationen sowie kalkulierter, öffentlicher Empörung mit Taliban-Karten fast schon überdeutlich und beinahe hilflos angekündigt. Wenn man sonst mit nichts werben kann, dann mit Emotionen. Statt nach dem kläglichen Abgesang einer einstmaligen Genre-Größe nun Fehler einzugestehen, erklärt der Publisher jedoch lieber, der Titel sei eine Art verkanntes Genie. Das schiebt die Schuld zwar eindeutig und einmal mehr in Richtung des Konsumenten, gesteht aber gleichzeitig ein, tatsächlich am Markt vorbei entwickelt zu haben – und sei es hinsichtlich der erwarteten Qualität.

Im Endeffekt ist das Aussetzen regelmäßiger Fortsetzungen dank dem nun gezogenen Schlussstrich aber trotz der gelinde gesagt seltsam anmutenden Aussagen des Konzerns vermutlich das Beste, was der Marke in den letzten Jahren passiert ist. So besteht immerhin die Möglichkeit, ohne Druck oder Erwartungen – die spätestens nach dem letzten Medal-of-Honor-Spiel wohl ohnehin niemand mehr hatte – die Serie wieder auf Null zu setzen und konsequent neu auszurichten. Während Battlefield nun in den Genuss jährlicher Neuveröffentlichungen kommt und mit etwas Pech zu einem „Battlecall of Dutyfield“ transformieren darf, kann Medal of Honor wieder als hochwertiges Unterhaltungsangebot positioniert werden: Weg von Call of Duty und Spektakel hin zu ernsthafter Unterhaltung und (kritischer) Tiefe, die sich prinzipiell mit dem letzten „Reboot“ bereits hätten umsetzen lassen. Aber da stand offenbar der schnelle Euro im Vordergrund und das eigene, mutig angelegte Profil verschwand. Darüber muss nun Gras wachsen, bitte, bis die Erinnerung an die letzten Fehlschläge verblasst ist, um der Serie eine neue Chance geben zu können – it’ll be back.

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