Razer BlackWidow Ultimate 2013 im Test: Grünes Licht für blaue Schalter
3/5Tastencheck
Blau, Braun, Rot und Schwarz: Die populärsten Cherrys MX-Schalter gibt es in vier Farben mit unterschiedlichen Eigenschaften, die sich durch eine durchschnittliche Lebensdauer von 50 Millionen Anschlägen bei einem stets gleichbleibenden Tippgefühl auszeichnen. Dies grenzt sie von den in günstigeren Tastaturen verwendeten „Rubberdome“-Schaltern ab, die aufgrund des Einsatzes einer Gummimatte nicht nur an einer deutlich kürzeren Haltbarkeit kranken, sondern auch unter materialbedingten Alterungsprozessen leiden.
Ein Nachteil der mechanischen Schalter ist jedoch unter anderem neben der teils deutlich gesteigerten Lärmentwicklung beim Tippen ihr immenser Fertigungsaufwand, da für jedes Exemplar eine Vielzahl Einzelteile hergestellt werden müssen. Das treibt die Kosten entsprechend in die Höhe. Immerhin wird für Cherry-Schalter, wie für die meisten Premium-Produkte, eine ganze Bandbreite an Zubehör angeboten. Erhältlich sind unter anderem Caps in verschiedenen Fertigungsverfahren und Designs sowie beispielsweise „O-Ringe“. Hierbei handelt es sich im Prinzip um Unterlegscheiben aus Gummi, die zwischen Cap und Schalter geklemmt werden. Diese verhindern das „klackernde“ Geräusch, das durch das Ausnutzen des gesamten Anschlagweges der Schalter entsteht, wenn der Schalter mit Wucht am Ende des Schaftes angelangt – was die Lärmkulisse effektiv reduziert.
Die „Black Widow Ultimate 2013“ verbaut die blau kodierten Cherry-Schalter, die wie üblich nicht direkt auf dem PCB sondern auf einer Metallplatte fixiert werden, also „plate mounted“ sind. Der Federweg liegt bei vier Millimetern, während der Signalpunkt schon nach zwei Millimetern erreicht wird. Im Gegensatz zu den linearen roten oder schwarzen Schaltern steigt der Widerstand nicht linear, sondern erreicht seinen Spitzenwert von 60 Gramm Kraftaufwand bereits kurz vor dem Signalpunkt, nach dessen Überwindung deutlich weniger Kraft zum Voranschieben des Schalters benötigt wird – das Auslösegewicht liegt bei nur noch 50 Gramm. Das Tippgefühl wird deshalb auch als „taktil“ beschrieben und orientiert sich im Prinzip an Rubberdome-Schaltern, die allerdings ein vollständiges Durchdrücken des Schalters erfordern. Die blauen Switches zeichnen sich aber nicht nur durch ihre taktile Charakteristik aus, sondern geben außerdem ein akustisches Feedback am Punkt der Signalauslösung, Modell „Klackediklack“, was sie zu den lauteren, mithin lautesten Vertretern ihrer Gattung macht. Akustisch erzeugt die Technik ein Geräusch, welches sich mit einem „hellen Knacksen“ noch am ehesten beschreiben lässt.
Prinzipiell können erfahrene Nutzer zwar das bei der Nutzung entstehende Geräuschniveau mit etwas Übung erheblich verringern, indem sie die Schalter nicht bis zum Schaftende herunterdrücken. Dies setzt idealerweise aber „Touch Typing“, also das 10-Finger-System und eine hohe Treffsicherheit voraus, bringt jedoch aufgrund des akustischen Feedbacks weniger als bei den linearen Schaltertypen. Außerdem liegt der Rücksetzpunkt der blauen Switches oberhalb des Signalpunktes, eine besondere Charakteristik der MX „Blue“. In der Praxis muss der Schalter daher wieder in Nullposition gelangen, bevor eine weitere Eingabe getätigt werden kann. Das macht es unmöglich, etwa bei Mehrfacheingaben direkt über dem Signalpunkt zu verharren und den Federweg auf diese Weise massiv zu verkürzen. Die ebenfalls taktilen braunen Schalter sind hingegen wie ihre linearen Brüder schweigsam und haben einen Rücksetzpunkt auf Höhe ihres Signalpunktes bei einem um fünf Gramm geringeren Kraftaufwand. Im Gegensatz zu den linearen Schaltern sinkt zwar bei den blauen Varianten unter Umständen die Tippgeschwindigkeit etwas – durch das Fehlen eines Signalpunktes und der linearen Charakteristik kann bei den anderen Schaltern während des Drückens einer Taste bereits eine weitere „auf den Weg“ geschickt werden –, dafür steigt aufgrund des exzellenten Feedbacks die Präzision, was die Anfälligkeit für Tippfehler senkt.
Alltagserfahrungen
Die drängendste Frage zum Razer-Tippbrett zielt sicherlich auf die als extrem laut verschrienen MX-„Blue“-Schalter. Tatsächlich sind die Switches aufgrund des recht hellen und damit gut wahrnehmbaren, akustischen Feedbacks deutlich stärker präsent – weshalb Razer die Black-Widow-Tastaturen alternativ als „Stealth Edition“ mit braun kodierten Schaltern anbietet. Sowohl das Tippgefühl als auch die Einschätzungen zur Lautstärke sind natürlich hochgradig subjektiv und individuell unterschiedlich, allerdings erwies sich im Testverlauf gerade das Geräuschniveau weniger drastisch als erwartet – hörbar, aber (noch) nicht störend. Zwar waren etwa in ruhigen Passagen während einer Spielesession Eingaben durchaus am Rande wahrnehmbar, aber noch nicht unangenehm und nur peripherer Natur. Diese Einschätzung verkehrte als „Beifahrer“: War das Arbeiten mit MX „Blue“ durchaus akzeptabel, störte der Schaltertyp eher gerade dann, wenn man seiner Charakteristik passiv ausgesetzt war. Im Alltagseinsatz sank zudem die Anfälligkeit für Vertipper etwas, da Tasten aufgrund des üblichen Reihenabstandes von vier Millimetern in vertikaler und 6,5 Millimetern in horizontaler Ebene, vor allem aber aufgrund des Feedbacks deutlich genug auf sich aufmerksam machen – im Arbeitseinsatz sind „die Blauen“ einen Blick wert. Ob die Charakteristik auch für Spiele geeignet ist, bleibt letztlich dem individuellen Geschmack überlassen. Nachteile ergaben sich im Testbetrieb gegenüber den linearen Schaltern nicht. Zwar sind Doppeleingaben nicht im Vergleich mit Rubberdome-Tasten, wohl aber mit anderen Cherry-Switches theoretisch langsamer, weil der Schalter nach der Signalauslösung in Nullposition geführt werden muss. Praktisch hatte dies nach einer Eingewöhnungsphase einen allenfalls minimalen Zeitverlust zufolge, der keinesfalls spielentscheidend ist.
Nachteile ergeben sich durch die „Handballenauflage“, die speziell für längeren Betrieb mindestens eine Nummer größer hätte ausfallen dürfen. Die von Razer nur angedeutete Stütze ist zu klein, um eine echte Hilfe zu sein und wird nur selten berührt, worüber das Design nicht hinwegtröstet. Allenfalls Nutzer mit sehr kleinen Händen könnten hier tatsächlich einen Vorteil haben. Gerade weil sich mechanische Schalter unabhängig der Charakteristik immer auch für den Arbeitseinsatz wunderbar eigenen, ist das speziell in den höheren Preisklassen ein echtes Manko. Erwartungsgemäß sind auch die Zusatzfunktionen auf den „F“-Tasten nicht der Weisheit letzter Schluss. Helligkeit und Makrofunktionen wurden im Alltagseinsatz quasi nicht frequentiert, die Lautstärkeregelung hingegen regelmäßig. Deren Position ist mit einer Hand im Gegensatz zu den exzellent erreichbaren Makro- und Medientasten umständlich zu erreichen. Für komfortable Bedienung muss aus diesem Grund die andere Hand zur Hilfe kommen, die beim „Gaming“ üblicherweise die Maus bedient. Zwar kann die Tastatur mit der verfügbaren „Synapse“-Software frei konfiguriert werden, Mediaoptionen, die sich wunderbar auf die optimal positionierten Makrotasten legen ließen, gehören allerdings nicht zum von Razer bereitgestellten Funktionsumfang. Der Gaming-Modus („F10“), welcher auf Wunsch die Windows-Taste nebst Tastenkombinationen wie „Alt+F4“ deaktiviert, leidet unter einem ähnlichen Problem: Er liegt bereits außerhalb der einhändig bequem erreichbaren Zone. Deren Grenze besetzt auf „F9“ die Aufnahme neuer Makros, welche ebenfalls zu den üblicherweise selten genutzten Funktionen gehört und ansonsten speziell bei Tastaturmakros auch nicht einhändig aktiviert werden muss.
Die versprochene Spieletauglichkeit erreicht die Black Widow Ultimate wie vom Hersteller versprochen. Ghosting und Blocking waren im Testbetrieb kein Problem und auch das Key-Rollover von 10 wurde problemlos erreicht. Dessen Ausnutzung bleibt im Alltag aber der Kreativität des Nutzers überlassen.