Verlage starten Konter-Kampagne gegen Google

Andreas Frischholz
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Dass die Presseverlage Googles „Verteidige dein Netz“-Kampagne nicht ohne Retourkutsche hinnehmen, war abzusehen. Über den Jahreswechsel hinweg war es bezüglich des Leistungsschutzrechts recht ruhig, nun aber hat der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) die Kampagne „Verteidige deine Presse“ initiiert.

Der Verband bekennt sich in seinem Kampagnen-Text „ausdrücklich zu Suche und Aggregation“, mit dem Leistungsschutzrecht soll lediglich eine „gewerbliche Weiterverwertung“ ihrer Inhalte an Dritte reguliert werden. Es sei „nur fair, dass etwa Aggregatoren eine Lizenz brauchen“, um ihr Geschäftsmodell basierend auf den Inhalten der Verlage zu realisieren. Man erkennt zwar an, dass über Suchmaschinen und Aggregatoren auch Traffic auf die eigenen Webseiten kommt, allerdings befürchtet man, dass Nutzer sich bereits bei Suchdiensten wie Google News einen Überblick verschaffen, ohne die Webseiten der Verlage zu besuchen.

Das sehen sie vor allem bei den kurzen Textauszügen, den sogenannten „Snippets“, und jeder „Text, der außerhalb der eigenen Webseite gelesen wird, kann vom Verlag nicht mehr verkauft oder mit Werbung begleitet werden“. Die Verlage fokussieren weniger den Teil der Besucher, der über Suchmaschinen und Aggregatoren auf ihre Webseiten kommt – nach Schätzungen sind das je nach Webseite zwischen 20 und 50 Prozent –, sondern betrachten „ausschließlich jenen Anteil der Leser, der bei Suchmaschinen und Aggregatoren hängen bleibt“.

Ebenfalls gehen die Verlage auf den Vorwurf ein, dass man bereits heute über die Robots.txt bestimmen könne, ob die Inhalte der eigenen Webseite gefunden werden oder nicht. Dem stimmt man zwar zu, allerdings biete dieses Verfahren den Verlagen zu geringe Einflussmöglichkeiten, vor allem bezüglich der gewerblichen Weiterverbreitung. Gefordert werden umfassendere Optionen, also praktisch die Einführung eines Lizenzierungsverfahrens.

Die Robots.txt reicht ihnen dazu nicht aus, eine von den Verlagen entwickelte Rechtesprache werde jedoch von den Internet-Unternehmen abgelehnt. Wie so eine maschinenlesebare Rechtesprache nach Vorstellung der Verlage aussehen soll, hat Axel-Springer-“Außenminister“ Christoph Keese in seinem Blog skizziert. Seine Vorschläge stießen aber auf wenig Begeisterung, eine ausführliche Kritik schrieb der Blogger Felix Schwenzel auf wirres.net.

Unterstützer sind rar gesäht

Dass durch das Leistungsschutzrecht Rechtsunsicherheit entstehe und Arbeitsplätze gefährdet werden, bestreiten die Verlage. Stattdessen werde man einen „allgemeingültigen Rechtsrahmen setzen und faire Rahmenbedingung für die Marktteilnehmer“ schaffen. Unterstützt werden die Verlage durch ein Gutachten (PDF-Datei) von Rolf Schwartmann, Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht. Die Forderung nach dem Leistungsschutzrecht ist seiner Ansicht nach berechtigt, weil die Verlage mit hohen Investitonen verbundene Leistungen erbringen, die Suchmaschinen und News-Aggregatoren zu einem Bruchteil der Kosten und mit geringen Aufwand nutzen können. Für die Verlage bestehe aber keine Möglichkeit, Lizenzen anzubieten, um einen Markt für Online-Presseartikel zu schaffen. Um diesen zu realisieren, werde ein Leistungsschutzrecht benötigt.

Schwartmann ist jedoch kein Unbekannter in dem Terrain, bereits bei der Debatte um das Two-Strikes-Modell unterstützte er mit seinen Gutachten die Rechteinhaber. Zudem ist er Vorsitzender der Lobby-Gruppe „Geistiges Eigentum“, die in der Urheberrechtsdebatte ein Gegengewicht zu Google und der Netzgemeinde bilden will. Mit seiner Arbeit sieht er zudem das Gutachten des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht als widerlegt an, nach dem keine Notwendigkeit für ein Leistungsschutzrecht besteht – die Inhalte der Verlage werden bereits durch das Urheberrecht geschützt.

Diese Meinung wird allerdings von praktisch allen Rechtswissenschaftlern geteilt, Schwartmann steht derzeit mit seinem Gutachten allein auf weiter Flur. Das Gesetz sei „systemwidrig“, erklärt etwa der Göttinger Rechtsprofessor Gerald Spindler, der als Sachverständiger eine Stellungnahme (PDF-Datei) für den Bundestag abgibt. Urheber werden gegenüber Presseverlegern ungleich behandelt, zudem bestehen „im Detail erhebliche Probleme“. Die Bundestagsdebatte über das Leistungsschutzrecht wird in der kommenden Woche mit der Expertenanhörung fortgesetzt.