Anti-Abmahngesetz kommt doch
Das Anti-Abmahngesetz wird nun doch kommen und weitestgehend dem Entwurf entsprechen, auf den sich die Koalition von CDU/CSU und FDP bereits Ende Januar geeinigt hatte. Der Vorstoß von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) verpufft aber nicht vollends, er erhält kleine Zugeständnisse.
Bei der Eindämmung des Abmahnungswesens – die Teil des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist – bleibt demnach die Deckelung von Abmahngebühren bei rund 155 Euro bestehen, indem der Streitwert bei Urheberrechtsverstößen auf 1.000 Euro begrenzt wird. Allerdings hängt es von „den besonderen Umständen des Einzelfalls“ ab, ob die Grenze für einen Abgemahnten gilt. In der ursprünglichen Fassung umfasste diese Passage noch die „Anzahl und [die] Schwere der Rechtsverletzungen“, dieser Passus wurde nun im Hinblick auf Neumann gestrichen, wie aus einem Kompromissentwurf hervorgeht, der Heise Online vorliegt.
Stattdessen wird über einen Zusatz-Paragraphen auf die entsprechenden Einschränkungen verwiesen, womit diese vor Gericht letztlich an Gewicht verlieren. Zudem heißt es in der Erläuterung des Gesetzestextes, zu den „besonderen Umständen des Einzelfalles“ kann auch eine „in relevantem Ausmaß vom üblichen Maß abweichende Anzahl oder Schwere der Rechtsverletzung gehören“. Die meisten Forderungen von Neumann verhallten jedoch: Dass die Deckelung nur bei der ersten Abmahnung gilt, ganz egal von welchem Rechteinhaber diese stammt, fand ebenso wenig Anklang wie sein Versuch, die Rückerstattung der Anwaltskosten von zu Unrecht Abgemahnten auszuhebeln.
Ob die Grenzen auch bei File-Sharing-Abmahnungen gelten, werden aber vermutlich erst Gerichte klären können. Immerhin heißt es in der überarbeiteten Gesetzesbegründung, dass bei den allermeisten von Privatpersonen begangenen Urheberrechtsverletzungen ein Streitwert von 1.000 Euro angemessen sei. Zumal das Gesetz im Peer-to-Peer-Bereich ohnehin an Brisanz verloren hat, 2012 ist die Anzahl der Abmahnungen wegen illegalem File-Sharing im Vergleich zum Spitzenjahr 2010 voraussichtlich um rund 80 Prozent zurückgegangen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden: So könnten etwa die Nutzer verstärkt zu legalen oder illegalen Streaming-Angeboten abgewandert sein oder die zunehmende Anzahl von Klagen durch betroffene Nutzer könnten Massenabmahner das Geschäft verdorben haben.
So wie es momentan aussieht, könnte die Bundesregierung noch im März über das Gesetz abstimmen, sodass es den Bundestag noch vor Ende der Sommerpause passiert und damit noch vor dem Ende dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Fraglich ist nun, wie die Kreativ- und Kulturverbände auf diesen Kompromissentwurf reagieren, die zuletzt Zeter und Mordio schrien und in dem Entwurf von Ende Januar eine „weitere Bagatellisierung von Rechtsverletzungen im Internet“ erkannten.