Leistungsschutzrecht-Kompromiss passiert Rechtsausschuss
Das Leistungsschutzrecht hat nun den Rechtsausschuss passiert und liegt damit am Freitag dem Bundestag zur Abstimmung vor. Allerdings verständigten sich CDU/CSU und FDP nochmals auf eine verhältnismäßig kleine Korrektur, die sich in der Praxis aber deutlich bemerkbar machen dürfte und erneut Verwirrung fabriziert.
Bislang war unklar, ab wann das Leistungsschutzrecht überhaupt greift – manche Einschätzungen gingen soweit, dass nach dem alten Entwurf sogar „sprechende Links“ davon betroffen wären. Mit dem kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag will die Koalition nun offenbar auf die Vorwürfe reagieren, demnach sollen „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ nun nicht mehr von dem Leistungsschutzrecht betroffen sein – was im Endeffekt wohl bedeutet, dass nicht einmal mehr Google unter das Leistungsschutzrecht fällt, obwohl die Presseverlage den Suchmaschinenanbieter als zentrales Ziel im Visier haben.
Immerhin entspannt diese Änderung die Debatte, von juristischer und politischer Klarheit kann aber nach wie vor keine Rede sein, denn: Was mit „kleinste Textausschnitte“ gemeint ist, lässt sich aus dem Gesetzentwurf nicht eindeutig herauslesen. Die FDP wollte die Grenze wohl ursprünglich auf 160 Zeichen präzisieren, letztlich konnte man sich mit der Union aber auf keine fixe Zeichenanzahl einigen. Nun verweist der Entwurf auf das Vorschaubild-Urteil des Bundesgerichtshofs vom Oktober 2011, in dem die Richter entschieden, dass Google Bilder in der Vorschau der Suchmaschine anzeigen darf, wenn der Urheber die Veröffentlichung der Werke im Internet gestattet hat.
Google möglicherweise fein raus
Ein Rechteinhaber, der „Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, muss mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen“, heißt es in dem Urteil. Demzufolge bewegt sich das Leistungsschutzrecht gemäß der Interpretation des Medienrechtportals Telemedicus im urheberrechtlichen Bereich, was grob formuliert so viel bedeutet wie: Alles bleibt weitestgehend wie gehabt.
Das gilt auch für Google, selbst die im Fokus stehenden Textauszüge in den Suchdiensten, die sogenannten „Snippets“, sollten nach dieser Argumentation nicht unter das Leistungsschutzrecht fallen, begründet durch die im Urteil genannten „üblichen Nutzungshandlungen“ – der Umgang von Google mit Textauszügen ist altbekannt. Demnach gilt dasselbe für Social-Media-Angebote wie Facebook und Twitter, bei denen das Leistungsschutzrecht nicht greifen sollte, wenn Nutzer Links teilen und auf Artikel verweisen.
Unsicherheit bleibt
Letztlich handelt es sich hierbei aber nur um eine der möglichen Argumentationen. Was am Ende die Gerichte entscheiden – denen wohl die Aufgabe zufällt, die „kleinsten Textausschnitte“ präzise zu bestimmen –, ist nur schwer prognostizierbar. Bei der FDP hält man den Kompromiss dennoch für eine „angemessene Snippet-Lösung“, mit der Suchdienste weiterhin gut verlinken und verweisen könnten, erklärte der liberale Netzpolitiker Manuel Höferlin. Die verfassungsrechtlichen Bedenken habe man ausgeräumt, die Informationsfreiheit sei nicht in Gefahr.
Eine gänzlich andere Sicht präsentiert indes Justus Haucap, früher Chef der Monopolkommission, der nichts von dem Kompromiss hält. Bei dem Leistungsschutzrecht handele es sich ohnehin um ein „Fiasko“, sagte er in einem Interview mit dem Handelsblatt. Mit den ausgeklammerten Textausschnitten werde nicht mal mehr Google berührt, es treffe „nur noch die Falschen – kleine Blogger zum Beispiel“.
Der Bundestag wird nun am Freitag über das Leistungsschutzrecht entscheiden, wobei die schwarz-gelbe Koalition es nach aktuellem Stand durchbringen sollte – auch wenn einige, vor allem junge, netzpolitisch orientierte Abgeordnete angekündigt haben, die Zustimmung zu verweigern. Dazu zählt auch Peter Tauber (CDU), der seine Entscheidung in einem Blog-Beitrag mit der mangelnden Klarheit des Gesetzentwurfes begründet: Selbst Rechtspolitiker wären sich nicht einig, wie der Halbsatz rund um die „kleinsten Textausschnitte“ zu verstehen ist, deswegen sei es zweifelhaft, ob „die ersten Pressemeldungen, dass Google damit vom Leistungsschutzrecht mehr oder weniger ausgenommen sei, korrekt sind“.