Aliens: Colonial Marines im Test: Uninspiriert im Weltraum

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Sasan Abdi
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Colonial Marines auf einen Blick

Was „Dead Space“ erst kürzlich im dritten Teil zu praktizieren versuchte, ist der DNA von „Aliens: Colonial Marines“ theoretisch inhärent: Düstere Gänge, das Gefühl von totaler Einsamkeit, des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit, der nackten Angst – all das konnten die Kinofilme vortrefflich transportieren.

Und genauso vortrefflich bietet es sich an, genau diesen Stoff in Spieleform zu gießen. Dazu passt auch, dass die Entwickler ihre Adaption in fiktiver Form direkt an „Aliens: Die Rückkehr“ anschließen. Genauer wird einige Monate nach den Geschehnissen aus „Die Rückkehr“ ein Funkspruch eines alten Bekannten vom Raumschiff U.S.S. Sulaco aufgegriffen, das zuletzt mit der Aufklärung des Planeten LV-426 betraut war und als Basis für die Abenteuer von Ellen Ripley und Co. diente. Klar, dass der Spieler vor diesem Hintergrund als Mitglied eines Rettungsteams zur Sulaco geschickt wird, wobei das Ziel lautet, Überlebende zu bergen und die Geschehnisse aufzuklären.

Soweit so gut, möchte man meinen. Doch so solide sich diese Grundlage anfühlt und so euphorisch man in die Solokampagne von „Colonial Marines“ startet – so bitter wird man in den folgenden Stunden enttäuscht. Denn statt aus der hervorragenden Grundlage einen packenden Survival- oder zumindest doch einen überzeugenden Egoshooter zu machen, patzen die Routiniers von Gearbox aus allen denkbaren Perspektiven.

Dies gilt leider schon für die Story. Auch wenn die Anlage besser nicht sein könnte, überzeugt „Colonial Marines“ schon aus inhaltlicher Perspektive nicht so richtig. Zum einen werden all jene, die die „Aliens“-Filme nicht aus dem Effeff kennen, ziemlich im Regen stehen gelassen. So machen sich die Entwickler nicht mal in Schlüsselszenen die Mühe, Charaktere und Zusammenhänge zu erklären. Hier hat man es mit einem durchaus wichtigen Punkt zu tun, weil selbst Kenner der Filme ab und an ins Grübeln kommen können und sogar Details aus dem „Aliens“-Universum nachschlagen müssen, um voll durchzusteigen.

Zum anderen wirkt die Handlung selbst für Freunde der Filme überwiegend diffus, sodass sich gerade echte „Aliens“-Junkies häufiger fragen werden, was genau die Autoren des Plots grundsätzlich und bei der ein oder anderen Wendung wohl geritten hat. Dies gilt – ohne zu viel zu verraten – im Besonderen für das nicht im positiven Sinne überraschende Ende, das bei uns bereits nach achteinhalb Stunden Spielzeit über den Bildschirm flimmerte.

Auch beim Missionsdesign versprüht „Colonial Marines“ keinen eigenen Charme. Hier wird man in aller Regel gemeinsam mit ein paar Mitstreitern durch ultra-lineare Level gejagt, die grundlegend immerhin ab und an tatsächlich ein wenig „Aliens“-Feeling aufkommen lassen. Allerdings zerstört die Konzeption die eigentliche Kernkompetenz der Filme: Da ständig etwas passiert, kommt fast nie Gänsehaut-Feeling auf. Stattdessen erwischt man sich häufiger beim undifferenzierten Dauerfeuer, das aufgrund von wahren Gegnerhorden auch durchaus zum erfolgreichen Bestehen beiträgt.

Ursächlich hierfür ist nicht nur die Gegnermasse, sondern auch, dass man es nicht nur mit Aliens zu tun hat. Neben den fiesen, beweglichen Xenomorph trifft man nämlich auch auf Söldner des Weyland Konzerns, der – natürlich in Anlehnung an die Filme – ein finsteres Vorhaben verfolgt, dem man in der Folge Stück für Stück auf den Grund geht. So kommt es, dass „Colonial Marines“ keinerlei Eigenschaften eines ruhigen, subtilen Survival-Horror-Shooters hat: Man hält sich in einem Abschnitt mehrere Dutzend Aliens vom Hals, um im nächsten Abschnitt einer Bande Söldnern einzuheizen – so sieht konventionelle Shooter-Kost aus, die am ehesten und wenn überhaupt James Camerons „Aliens“-Interpretation und fast gar nicht dem subtilen „Aliens“ à la Ridley Scott entspricht.

Aliens: Colonial Marines im Test
Aliens: Colonial Marines im Test

Tragisch ist dabei, dass selbst dieses 0815-Angebot nur bedingt Spielspaß aufkommen lässt. Zwar verfügt man im Verlauf der Kampagne über ein stattliches Waffenarsenal, sodass man seinen Widersachern mit unterschiedlichen Shotguns, Impulsgewehren, Haftminen, Granaten und Flammenwerfern auf den Leib rücken kann. Allerdings stellt sich die gegnerische KI dabei ziemlich inkompetent an, sodass beim Vorgehen kaum Umsicht gefragt ist. Dies gilt selbst für die beweglichen Xenomorph: Diese setzen einem in den ersten Minuten zwar durchaus ordentlich zu. Hat man die immer gleichen Bewegungsabläufe aber erst mal durchschaut, lässt sich kinderleicht ausweichen: Einfach im letzten Moment einen kleinen Schritt zur Seite treten und das Ekelwesen schlägt verdutzt ins Leere, während man in aller Ruhe ein Viertel des Magazins entleeren kann.

Gleiches gilt leider auch für die KI-Begleiter, die nicht immer eine Hilfe sind. So kann es passieren, dass ein Mitstreiter sich mitten im Kampf dem Spieler zuwendet und partout nicht mehr kämpfen möchte. Weiteren Problemen wird dadurch vorgebeugt, dass sich die NPCs regelmäßig in die Nähe des Spielers beamen und obendrein unsterblich sind, sodass immerhin nerviges Mikromanagement entfällt.

Gelungen ist dagegen das Heilungssystem. Statt gängigem Autoheal ist man hier auf Medipacks angewiesen, wobei die Gesundheit erst dann Schaden nimmt, wenn die Rüstungsanzeige, die man immer wieder über Gegenstände aufladen kann, den Nullpunkt erreicht hat. Kaum der Rede wert ist allerdings das Upgrade-System, dass quasi automatisch funktioniert, wobei beispielsweise neue Waffen freigeschaltet werden.

Immerhin stellt der Multiplayer eine passable Erweiterung des Spielerlebnisses dar. Zum einen ist es möglich, die Kampagne im Koop-Modus zu bestreiten. Etwas eingeschränkt wird diese Möglichkeit durch teils drastisch laggende zufällige Mitstreiter und den Umstand, dass solche sich jeweils nur zu Beginn einer Mission zusammenfinden können.

Im „normalen“ Multiplayer können sich die Spieler im Rahmen von vier Modi miteinander messen. Zu diesen gehört neben dem klassischen Team-Deathmatch ein gelungener „Vernichtungsmodus“, in dem man im „6 vs. 6“-Format möglichst viele Xeno-Eier sprengen muss. In „Flucht“ fliehen dagegen zwei Teams zu je vier Marines aus einer von Aliens belagerten Umgebung und in „Überlebender“ gilt es, zahlreiche Alien-Wellen zu überstehen.

Auch wenn man hier noch mal die ein oder andere Stunde mit „Colonial Marines“ verbringen und in die Rolle der Xenomorphs schlüpfen kann, gibt es auch an dieser Stelle etwas auszusetzen: So funktioniert das Matchmaking auch einen Tag nach dem Verkaufsstart mehr schlecht als recht. Dementsprechend muss man nicht nur einige Minuten Wartezeit bis zum Start eines Spiels einrechnen; überdies kommt es auch häufiger zu Lags oder Verbindungsabbrüchen, sodass der Titel leider auch aus dieser Perspektive nicht ganz ausgereift wirkt.

Dies gilt leider auch für die sonstige Technik. Auch in dieser Hinsicht präsentiert sich „Aliens: Colonial Marines“ unter dem erwarteten Niveau. Matschige Texturen, eine überwiegend statische Beleuchtung, grobes Mündungsfeuer und ausgefranste Schatten – so sollte im Jahr 2013 kein PC-Spiel mehr aussehen. Hinzu kommt, dass schon der erste Start des Spiels mit dem Problem verbunden sein kann, dass Steam „fehlende Spieldateien“ meldet. Dieses Problem kann gelöst werden, indem der AppCache im Steam-Ordner direkt nach der Installation gelöscht wird; beim nächsten Start sollte automatisch ein Patch installiert werden, wonach sich „Colonial Marines“ ausführen lässt.

Aliens: Colonial Marines im Test
Aliens: Colonial Marines im Test

Wer aufgrund der mäßigen visuellen Umsetzung auf ein ressourcenschonendes Spiel hofft, wird enttäuscht. Auf unserem aktuellen Testsystem lief der Titel zwar auf maximalen Details und in FullHD-Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde (VSync aktiviert); allerdings kam es immer wieder vor, dass die FPS abrupt für einige Sekunden auf 25 bis 30 fielen, was sich gerade in einer der vielen Kampfsituationen negativ auf das Spielgeschehen auswirkt.

Und auch die Sound- und Sprachumsetzung verdient sich kein Lob. Zwar passt die orchestrale Vertonung mit teils dynamischen Elementen gut zum Inhalt; die Waffensounds wirken dagegen wie aus der Konserve. Letzteres gilt leider auch für die deutschen Sprecher, die teilweise deplatziert und monoton wirken.