Dead Space 3 im Test: Die Kernkompetenz ist in Gefahr
2/4Dead Space 3 auf einen Blick
Ein über die Zeit vom einfachen Ingenieur zum soliden Kämpfer gewachsener Protagonist, eine diffuse aber hochgefährliche Bedrohung und eine Umgebung, die nicht gerade zum entspannten Verweilen einlädt: Auch in „Dead Space 3“ bleiben die grundsätzlichen Parameter der Marke entgegen endzeitlicher Prognosen erhalten.
Dies gilt im Besonderen für die Handlung, die mehr oder weniger nahtlos an die Geschehnisse aus dem zweiten Teil anschließt. In diesem fand sich der Experte für Kommunikationsanlagen Isaac Clarke zu Beginn auf der Krankenstation der Weltraumbasis „Sprawl“ wieder. Nachdem Clarke im ersten Teil seine Frau verlor und nun abermals gegen eine dunkle Bedrohung und dabei ums nackte Überleben kämpfen musste, verschlägt es ihn in „Dead Space 3“ direkt im Anschluss daran vor allem auf den vereisten Planeten Tau Volantis.
Auch hier liegt der Fokus zunächst auf dem bloßen Überleben, wobei die Necromorph-Bedrohung nach wie vor akut ist und Tau Volantis in diesem Kontext eine entscheidende Rolle spielen könnte. Genauer wird schnell klar, dass der Planet bzw. dessen uralte Kolonie in der Vergangenheit bereits ein Schauplatz war, auf dem die necromorphe Seuche gestoppt werden konnte – ein Setting, das sofort deutlich macht, dass Clarke abermals jener Spezies gegenüber steht, die sich rückgebunden an eine geheime Kraft über die sogenannten Marker virusartig und brutal ausbreitet und deren einziges Ziel es zu sein scheint, anderes Leben zu vernichten.
Diese Geschichte wird weitgehend solide erzählt, wobei man ihr aber keine besonders packenden, unerwarteten Wendungen bescheinigen kann. Dafür menschelt es in „Dead Space 3“ gefühlt häufiger als in den Vorgängern, wozu insbesondere eine kleine aber nicht unpassende Liebesgeschichte beiträgt.
Dabei wird aber auch schnell deutlich, dass die Entwickler von Visceral Games tatsächlich wie angekündigt die Schwerpunkte verschieben. Wie bei so vielen anderen Spielemarken bietet auch „Dead Space 3“ im Verhältnis zu den Vorgängern mehr Action-Elemente und weniger ruhige, von sanft-wahnsinnigem Psychoterror geprägte Schocker-Momente.
Dass dem so ist, wird bereits in den ersten Minuten deutlich. Hier schleicht man nicht etwa in typischer „Dead Space“-Manier mit der Grundwaffe, dem Plasmacutter, im Anschlag durch die düsteren Gänge eines feindseligen Raumschiffes, sondern sieht sich auf einer Erdenkolonie mit einer ganzen Schar von sektierenden Soldaten konfrontiert, die den Necromorphs in einer irrigen Heilsvorstellung zuarbeiten und deswegen alles daran setzen, Clarke auszuschalten.
Auch wenn betont werden muss, dass es sich bei derlei klassischen Kampfsequenzen nur um einen Teil der Spieleraufgaben handelt: Die monotone, von anderen Titeln kaum zu unterscheidende Ballerei gegen mäßig kompetente KI-Gegner nimmt doch merklichen Raum ein und stößt insbesondere im weiteren Verlauf des Spiels, wenn man gefühlt eine Kompanie von Unitologisten ausgeschaltet hat, immer wieder sauer auf. Genauer fragt sich der geneigte „Dead Space“-Freund in derlei Momenten, was den dritten Teil eigentlich von der Konkurrenz unterscheidet: Ob „Mass Effect“, „Deus Ex“ oder auch „BioShock“ – in derlei Momenten fühlt es sich an, als ob die Macher bei anderen großen Marken abgekupfert hätten, wobei der eigene Charme stark in den Hintergrund tritt.
Dieser Umstand wird auch durch die neue Spielwelt verstärkt. Zwar verbringt Clarke auch in „Dead Space 3“ wieder zahlreiche Stunden in düsteren Gängen und Arealen, doch bringt ein vereister, vergleichsweise offener Planet ganz neue Möglichkeiten bzw. Zwänge mit sich. So bietet es sich hier kaum an, vereinzelte aber mit Überraschungsmoment ausgestattete Gegner auf den Spieler zu hetzen und dabei auf den Schockfaktor zu setzen. Da die Beklemmung einer verlassenen, tiefdunklen Raumstation fehlt, muss auf andere Spielmechaniken zurückgegriffen werden.
In dieser Hinsicht entscheiden sich die Entwickler leider für den simpelsten Weg, bei dem einfach mehr Gegner in offener Weise auf den Protagonisten losgelassen werden. Eben dadurch kommt mehr Action auf und das Spiel verliert in einigen Abschnitten nahezu gänzlich seinen Gänsehauteffekt, der stets davon lebt, dass schon allein die Fantasie des Spielers angeregt wird: Was lauert hinter der nächsten Ecke? Was war das für ein Geräusch? Ist etwas hinter mir? All diese Fragen stellen sich jedoch nicht, wenn man dank weiter Gebiete bestens Ausweichen kann und man permanent damit beschäftigt ist, Heerscharen von Unitologisten und Neocrmorphs in Rambomanier einzuheizen.
Zu hundert Prozent berechtigt ist die teils drastische Kritik an der Settingwahl aber nicht. Zum einen wird auch die Eiswelt von Tau Volantis immer wieder von düsteren Abschnitten unterbrochen, wobei zudem das gesamte erste Viertel im Weltraum spielt (Ausflüge in die Schwerelosigkeit inklusive); zum anderen dient das neue Setting auch für die Integration von neuen, für „Dead Space“-Verhältnisse eher ungewöhnlichen Bossgegnern. Hinzu kommt, dass die Entwickler den partiellen Wegfall des klassischen Feelings durch neue Mechaniken zu kompensieren suchen: Der Spieler seilt sich von Gletscherwänden ab, irrt durch einen Blizzard und muss dabei anfänglich auch auf die Körpertemperatur achten. Auch wenn es sich hierbei nicht um innovative Elemente handelt, kann man Visceral Games doch zugutehalten, dass man darum bemüht ist, die veränderte Fokussierung mit dem ein oder anderen Schmankerl zu ganieren. Dies gelingt aber leider nicht immer ausreichend, sodass „Dead Space 3“ gerade in den Abschnitten auf der Oberfläche des Planeten einige Längen aufweist.
Bei all der Action rückt automatisch das Waffenarsenal stärker in den Fokus. Dieses fällt zu Beginn gewohnt übersichtlich aus, sodass man sich häufiger mit dem bestens bekannten Plasmacutter ins Gewühl stürzt. Einige besondere Waffen sind darüber hinaus nur Teil von kostenpflichtigen Download-Paketen (dazu am Ende mehr) – doch auch so werden Clarke im Verlauf der bis zu 22-stündigen Handlung einige Gerätschaften zur Verteidigung angereicht.
Neu ist dabei, dass man nur noch zwei Waffen mitführen kann. Diese können aber über ein neues Modifikationssystem ziemlich weitläufig angepasst und verändert werden, sodass sie beispielsweise mehr Schaden bewirken oder über größere Munitionskapazitäten verfügen. Außerdem lassen sie sich aufgrund der großzügig verteilten Werkbänke auch beständig wechseln. Gleiches gilt für den Rig genannten Anzug, der bei Verfügbarkeit der entsprechenden Rohstoffe ebenfalls aufgewertet werden kann und so beispielsweise besser vor physischem Schaden schützt oder größere Stase- und Sauerstoffkapazitäten bietet.
Eifrige Sammler können darüber hinaus an gesagten Werkbänken über Pläne neue Waffen erstellen oder sich an futuristischen Eigenkreationen versuchen. Die dazu benötigten Rohstoffe sind allerdings teilweise sehr spärlich verteilt, was wohl einem allzu exzessiven Crafting vorbeugen und im Zweifel dazu anregen soll, die notwendigen Ressourcen per vieldiskutierter Mikrotransaktion direkt gegen Bares zu erwerben.
Während spezielle Rohstoffe Seltenheitswert haben und Sammler dazu anregen, auch die hintersten Winkel der Karten abzusuchen, muss angemerkt werden, dass „Dead Space 3“ zu sehr mit den Grundgütern um sich wirft. Munitions- und Medikit-Mangel herrschte in der Testphase nie – ein Fakt, der sich vielleicht ändert, wenn man in den mit dem ersten Durchspielen freigeschalteten Hardcore-Modus wechselt.