Gefahren durch digitales Säbelrasseln im „Cyberwar“
Meldungen über Hacker-Angriffe erreichen mittlerweile im Wochentakt die Öffentlichkeit, wobei die Tonlage stetig an Schärfe gewinnt. Vor den Folgen dieses „digitalen Säbelrasselns“ warnt nun der IT-Sicherheitsexperte Bruce Schneier in einem Gastbeitrag für Technology Review.
Die Debatte um Cyberwar und Hacker-Angriffe werde seiner Ansicht nach von schrillen und nationalistischen Tönen geprägt, die zu einer bis dato nicht bekannten Bedrohungsrhetorik führen. Durch dieses „Cyberwar-Säbelrasseln“ entstehe ein Misstrauen, das zu einem technologischen Wettrüsten führt und mit Kollateralschäden einhergeht, die letztlich allen Schaden. Offensichtlich wird das bereits heute, wenn zunehmend das Ursprungsland von IT-Produkten und –Dienstleistungen in deren Bewertung einfließt: US-Firmen misstrauen Hardware aus China, während europäische Unternehmen über Cloud-Dienste in den USA besorgt sind. Niemand wisse, ob „man Hard- und Software aus Israel trauen kann, während Russland und China womöglich ihre eigenen Betriebssysteme entwickeln, weil ihnen ausländische nicht mehr geheuer sind“.
Hinzu komme der „Medienirrsinn um Cyber-Angriffe aus China“, der die Stimmung kräftig anheize. Die chinesischen Angriffe wolle er dabei nicht verharmlosen, jedoch laufen die internationalen „Spionage-Aktivitäten“ in beiden Richtungen. „Ich bin sicher, dass die USA genauso gut austeilen, wie sie einstecken“, so Schneier. Dabei sei Cyber-Spionage prinzipiell nichts Neues, Sicherheitsexperten haben das Thema seit mehr als zehn Jahren auf dem Schirm, zudem berichteten Medien bereits 2009 und 2010 über entsprechende Hacker-Angriffe. Dass sich die Rhetorik derzeit zuspitzt, verdeutlichten zuletzt die Äußerungen von US-Präsident Barack Obama, der die chinesische Regierung direkt für Cyber-Angriffe verantwortlich machte und „harte Gespräche“ ankündigte – die chinesische Regierung wies die Vorwürfe allerdings zurück. Stattdessen klagten die Machthaber der Volksrepublik, China sei selbst Opfer von Hacker-Angriffen, die angeblich von den USA ausgingen.
Schneier warnt davor, auf diese „Kriegsrhetorik“ hereinzufallen. „Unwissenheit und Furcht“ würden das Wettrüsten antreiben, weil so die Mittel freigemacht werden, die für die Entwicklung von Cyber-Waffen für die Offensive und von mehr Cyber-Überwachung zur Abwehr benötigt wird. Daraus resultiert dann die Gefahr einer stärkeren Kontrolle des Internets durch staatliche Institutionen. Entsprechende Tendenzen zeigten sich bereits bei der ITU-Konferenz im Dezember, auf der viele Länder umfassendere Kontrollmechanismen für Nationalstaaten forderten.
Je mehr wir glauben, wir seien „im Krieg“, und der chauvinistischen Rhetorik vertrauen, desto mehr sind wir bereit, unsere Privatsphäre, unsere Freiheiten und die Kontrolle über das Internet aufzugeben.
Bruce Schneier: