SimCity im Test: Die Neuauflage der Kleinstadt-Simulation
2/4SimCity auf einen Blick
Gute sechs Jahre nach Veröffentlichung des letzten „SimCity“-Teils stellt sich mit Blick auf die Neuauflage vor allem die Frage, ob und in welchem Umfang die alten-neuen Entwickler von Maxis der Reihe neues Leben einhauchen. Hierzu kann zunächst festgehalten werden, dass die grundlegenden Koordinaten unverändert bleiben. Dementsprechend dreht sich auch im Jahr 2013 in einem „SimCity“ erwartungsgemäß alles um das Managen einer Stadt: Wo anfangs eine Brache ist, soll viele Spielstunden später eine florierende Metropole stehen.
In diesem Kontext finden insbesondere Kenner der Serie sehr schnell wieder in die Materie hinein. Dies liegt zunächst an der unveränderten Aufteilung, sodass die besagte Fläche anhand der drei Parzellenarten „Wohnen“, „Gewerbe“ und „Industrie“ geplant werden kann. Dabei ist von vornherein eine solide Einschätzung des Geländes Schlüssel zum Erfolg, da natürlich auch im neuen „SimCity“ gilt: Anspruchsvolle Bürger möchten zwar in der Nähe von Shoppingmöglichkeiten, aber auf keinen Fall in Riechweite von Industrie, Abfallwirtschaft und Co. wohnen.
Sind diese erste, grobe Planung und die entsprechende Zuweisung erfolgt, müssen die neuen Stadtgebiete versorgungstechnisch erschlossen werden: Elektrizität, Wasser, Abwasser und Müllabfuhr wollen organisiert werden. Hier stolpert man über eine erste spürbare Veränderung: Denn wo es früher notwendig war, die Strommasten und Wasserleitungen händisch zu verlegen und so ein jedes Viertel per Mikromanagement an die städtische Versorgung anzuschließen, geht dies im neuen „SimCity“ nach dem Bau der entsprechenden Gebäude ohne weiteres Zutun vonstatten.
Hier findet sich eine kleine Vereinfachung, die auf ein geteiltes Echo stoßen dürfte. So lässt sich einerseits sagen, dass das beschriebene Mikromanagement lästig und unnötig war und es deswegen ein Glück ist, dass man sich nun nur noch um die Kapazitäten, nicht aber um die Netze kümmern muss; auf der anderen Seite ist auch die Einschätzung zutreffend, dass es sich hierbei eben um eine notwendige Aufgabe eines Stadtmanagers handelt. Wir hingen im Rahmen des Betatests bereits eher der zweiten Fraktion an – eine Einschätzung, die sich beim Spielen der finalen Version bestätigt hat, wobei dieser Wandel allerdings zugegebener Maßen locker zu verkraften ist.
Ist die Versorgung gewährleistet und die Kleinstadt an die Umwelt angeschlossen, ziehen auch bereits die ersten Bewohner ein. Diese Situation bringt wiederum – altbekannte – neue Anforderungen mit sich, sodass Dienstleistungsgebäude wie Schulen, Busbahnhöfe, Feuerwehr- und Polizeistationen und Mülldeponien errichtet werden müssen. Hier findet sich allerdings auch eine weitere Neuerung, denn auch in diesem Zusammenhang setzen die Macher auf eine Vereinfachung: Wo der umsichtige Planer früher zwischen den zugewiesenen Parzellen stets zig Freiräume lassen musste, um hinterher die Stück für Stück verfügbaren und nachgefragten Service-Gebäude errichten zu können, muss nun häufig nur noch mit einem Gebäude geplant werden.
Dieses wird zunächst in einer Grundversion errichtet, sodass eine Schule anfänglich nur ein paar Klassen führt, was aufgrund der übersichtlichen Bevölkerungszahlen auch völlig ausreicht. Wachsen die Stadt und damit die Anforderungen an die städtischen Dienstleistungen, kann die besagte Schule über Anbauten flexibel (aber nicht endlos) erweitert werden. Statt also Schule an Schule zu setzen, um in einem besonders dicht besiedelten Gebiet die Versorgung gewährleisten zu können, können die Gebäude per Erweiterungen an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. Hier hat man es mit einer der sinnvollsten Neuerungen zu tun, da die Planung so an Flexibilität gewinnt und die Spielmechanik zugleich an Realismus zulegt.
Ebenfalls gut geglückt ist die Verzahnung der planerischen Aspekte mit der Entwicklung der Bewohner: Das Individuum wird nicht nur in der Realität, sondern auch in „SimCity“ von seiner Umgebung geprägt. Verzichtet man also beispielsweise aufgrund von finanziellen Engpässen auf die eben beschriebene Aufwertung von Kapazitäten, kann dies fatale Auswirkungen haben.
Zum einen handelt es sich auch bei den „SimCity“-Bewohnern um sogenannte Protestbürger, sodass man sich schnell mit einer vor dem Rathaus protestierenden Menschenmenge konfrontiert sieht, wenn die Geschicke der Stadt nicht effizient verfolgt werden. Zum anderen verändert sich bei Unterlassung auch die Sozialstruktur in der Stadt: Herrscht in vielen Vierteln aufgrund von zu kleinen Schulen Bildungsmangel und wird dies noch durch Faktoren wie fehlende Grünanlagen und um sich greifendes Glücksspiel verstärkt, wird die Kriminalitätsrate ansteigen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf den Wert der Grundstücke im Viertel und auf die Sozialstruktur der Bewohner, sondern übt wiederum Druck auf die Justiz aus: Die Polizeistationen sind überlastet und müssen ausgebaut werden und auch die angeschlossenen Gefängnisse platzen aus den Nähten.
In einem solchen Fall ist schnelles Gegensteuern gefragt: Notfalls über einen Kredit oder über Einsparungen an anderer Stelle müssen Mittel bereitgestellt werden, um die Situation noch drehen zu können. Dies kann allerdings wiederum neue Zwänge – den Druck der Zinslast oder die Folgen der Einsparungen – zur Folge haben.
In diesen Momenten ist das neue „SimCity“ manchmal etwas undurchsichtig, aber dennoch überwiegend stark, weil die vormals eher statischen Auswirkungen der planerischen Aktivitäten hier dynamisch und spürbar in Szene gesetzt werden. Zugleich erhält man als Spieler ein gutes Gefühl, ein direktes Feedback auf eine bestimmte Planungspolitik, was einen großen Reiz ausmacht und über das hinausgeht, was man aus der Reihe bisher kannte.
Perfekt wäre dieser Effekt, wenn sein Zustandekommen noch eindeutiger zurückverfolgt werden könnte. Etwas problematisch ist nämlich, dass dies kaum möglich ist: Auf welche ärmliche Wohngegend wirkt sich jetzt gerade das Glücksspiel und die mangelnde Bildung besonders drastisch aus? Und was folgt daraus wiederum für die angrenzenden wohlhabenderen Gegenden, die offensichtlich in irgendeiner Form unter den Umständen leiden? Hier könnte „SimCity“ eindeutigere Indikatoren liefern, was wiederum ein stärkeres Feintuning über Mikromanagement erlauben und das manchmal aufkommende Gefühl von Automatismen vorbeugen würde.
Relativ konkret äußert sich das besagte Feedback über die bereits angesprochenen Grundstückswerte. Ist es um die Infrastruktur in einem Viertel schlecht bestellt oder grenzen zu viele Negativfaktoren wie Industriegebiete, ein stinkendes Kohlekraftwerk oder ein Gefängnis an die Wohngegend, wird sich dieses nicht zu einem Villen- sondern eher zu einem Armenviertel entwickeln.
Daraus ergibt sich allerdings nicht automatisch, dass man zwingend eine grüne Vorstadtidylle für alle erschaffen muss. Im Gegenteil: Städteplaner, die auf die Erschaffung einer möglichst großen Stadt abzielen, werden aufgrund der extrem kleinen Karten (dazu gleich mehr) kaum umhinkommen, dicht bewohnten, wenig attraktiven aber dafür preiswerten Wohnraum anzubieten.
Eine dichte Besiedlung erreicht man dabei nicht mehr wie in den Vorgängern in dem man einem Viertel einfach eine „hohe Dichte“ bei der Bebauung zuweist. Stattdessen ergibt sie sich über die Verkehrsmöglichkeiten, mit denen die Quartiere erschlossen sind: Liegt eine große, vielbefahrene Straße an, werden auf den Grundstücken Vielfamilienhäuser im Hochhausstil entstehen. Zielt man dagegen auf die Erschaffung von wertvollen aber dünn besiedelten Arealen ab, wird man eher Feldwege anlegen – und damit eine grüne Vorstadt erschaffen, die bei einer ansprechenden Infrastruktur eine zahlungskräftige Klientel anlockt. Auch diese Neuerung passt gut ins neue Gesamtbild, auch wenn sich die Bevölkerungsdichte so – realistischer Weise! – nicht mehr so gut steuern lässt wie noch in den Vorgängern.
Doch auch hier muss eine nennenswerte Einschränkung benannt werden: Bedingt durch die geringe Kartengröße werden effiziente Planer schnell dazu übergehen, auf kleine aber feine Viertel zu verzichten. Da es vor allem im späteren Verlauf des Städtebaus zu extremem Platzmangel kommt, kann man es sich eigentlich kaum leisten, idyllische Speckgürtel anzulegen.