AMD im Interview: CrossFire-Mikroruckler und die Radeon HD 7990
Interview mit David Nalasco von AMD (Deutsch)
Wie alle Dual-GPU-Grafikkarten hat auch die neue Radeon HD 7990 mit dem Phänomen „Mikroruckler“ zu kämpfen. Die brachiale Rohleistung der Grafikkarte kann deshalb nicht in allen Spielen voll genutzt werden. Wir haben AMD zu diesem Thema parallel zur Vorstellung des neuen Radeon-Flaggschiffs, der Radeon HD 7990, zum Interview gebeten. Als Gesprächspartner stand uns David Nalasco, Technology Marketing Manager bei AMD aus Kanada, Rede und Antwort. Das Interview wurde in Englisch geführt und anschließend ins Deutsche übersetzt.
ComputerBase: Die Radeon HD 7990 ist eine mörderisch schnelle Grafikkarte – solange man ihre Leistung einfach in Bildern pro Sekunde bemisst. Allerdings handelt es sich bei der Karte um ein Dual-GPU-Modell das weiterhin mit denselben Multi-GPU-Problem zu kämpfen, die wir über die letzten Jahre beobachtet haben. Konkret liefert die Karte die berechneten Bilder nicht in gleichmäßigen Abständen an den Bildschirm, vielmehr werden einige Bilder schneller und einige Bilder langsamer berechnet. Das Ergebnis: Das Spiel scheint selbst bei hohen durchschnittlichen Bildwiederholraten zu stocken – bekannt als „Mikroruckler“. Das Ergebnis ist dabei nicht so schlecht wie es einige Benchmarks vermuten lassen. Aber abhängig vom Spiel wird die reine Rohleistung der Karte so zunichte gemacht. Wie fühlen Sie sich dabei, eine derart potente Hardware auf den Markt zu bringen, die ihre wahre Leistung nicht zur Schau stellen kann?
David Nalasco, AMD: Wir veröffentlichen die Radeon HD 7990 jetzt, weil wir glauben, dass es sich um die leistungsstärkste, erhältliche Einzelgrafikkarte handelt, die das beste Gesamterlebnis in den fordernsten Spielen bei höchsten Auflösungen und Bildqualitätseinstellungen liefert. Wir haben diese Behauptung unsererseits durch eigene Tests gegen andere Single- und Multi-GPU-Produkte überprüft. Wir möchten Spieler davor warnen, zu viel Aufmerksamkeit auf die Ergebnisse aktueller Frametime-Messtools wie zum Beispiel FRAPS zu legen, da einige Einschränkungen dieser Programme verhindern, ein wahres Bild über das Spielerlebnis zu geben.
AMD hat sich dazu verschrieben, Probleme, die einen spürbaren Einfluss auf das Spielerlebnis haben, zu identifizieren und zu beheben. Wir haben diesbezüglich mit den letzten Catalyst-Treibern signifikante Fortschritte gemacht und werden diese kontinuierlich verbessern. Unser Motto ist „niemals ausruhen“ (Never Settle) und wir glauben nicht, dass ein von uns veröffentlichtes Produkt jemals sein volles Potenzial zeigt, weil wir immer nach Wegen suchen, diese durch Software-Updates zu verbessern.
ComputerBase: AMD plant mit einem zukünftigen Treiber dem Spieler die Möglichkeit in die Hand zu geben, zwischen der aktuellen Renderingmethode und einem zweiten Modus auszuwählen, der versucht ein gleichmäßiges Frame Pacing zu erzielen – etwas, das Nvidia bereits seit Jahren macht. Die Methode hat zwar auch Nachteile gegenüber der aktuellen Implementierung, wird aber von den meisten Spielern und auch von uns selber für deutlich angenehmer gefunden. Vor allem in Deutschland wurde AMD von Spielern und Journalisten schon seit Jahren teils stark kritisiert, nicht ebenfalls ein verbessertes Frame Pacing anzubieten. Warum hat eine Implementierung so lange auf sich warten lassen?
David Nalasco, AMD: Wir haben bisher keine Frame-Pacing-Option in unseren Treibern veröffentlicht, weil wir nicht überzeugt waren, dass dies notwendigerweise einen positiven Effekt auf das Spielerlebnis hätte. Die Gleichmäßigkeit des Spielerlebnisses (gameplay smoothness) zu verbessern, ist eine schwierige Angelegenheit, und das ist auch nur ein Stück vom Puzzle. Nichtsdestoweniger experimentieren wir in unserem Treiber derzeit mit einer optionalen Frame-Pacing-Technik, die unseren Nutzern erlaubt, selbst zu bestimmen, ob dies vorteilhaft ist.
ComputerBase: Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich FRAPS nur bedingt dazu eignet, die Frametimes (Frame Pacing) in einem Multi-GPU-Setup zu messen, da das Tool vieles nicht mitbekommt, was der Treiber zur Verbesserung noch vornimmt. Nun hat Nvidia mit FCAT den Journalisten eine zweite (extrem aufwendige und sehr teure) Möglichkeit gegeben, das Frame Pacing genauer bestimmen zu können. Was hält AMD derzeit von FCAT (was mit Sicherheit viele Journalisten zum HD-7990-Launch benutzen werden)? Und wird es in Zukunft eigene oder weitere Tools geben, mit denen sich das Frame Pacing besser als mit FRAPS bestimmen lässt?
David Nalasco, AMD: Es ist wichtig zu verstehen, dass normales Frame Pacing nicht zwangsweise in einem gleichmäßigen Spielerlebnis mündet. Andere Probleme, inklusive eine unregelmäßige Aktualisierung der Spielsimulation (von der Engine) oder eine lange Latenz vom Nutzer-Input bis zur Bildschirmwiedergabe, können oft einen signifikanteren wahrgenommenen Effekt haben. Während wir glauben, dass FCAT einige interessante Informationen liefert, sehen wir es alleingestellt nicht als sinnvoller als FRAPS an, um Probleme bei der gleichmäßigen Framewiedergabe zu identifizieren oder zu lösen. Im Gegenteil, die Ergebnisse von diesen Tools können irreführend sein, da diese Probleme aufbauschen können, die nur einen geringen spürbaren Effekt haben, während andere Probleme völlig fehlen, die deutlich intensiver während des Spielens zu spüren sind.
Während wir den Wunsch der Nutzer und Reviewer begrüßen, ein simples Tool zu haben, dass ein einfaches und klares Evaluieren eines flüssigen Spielerlebnisses ermöglicht, glauben wir nicht, dass solch ein Tool bereits existiert. Viele Spieleentwickler (und auch unsere Treiber-Ingenieure) nutzen Tools wie Microsofts „GPUView“, um die Probleme besser zu verstehen und zu beheben, allerdings sind diese Tools nicht sonderlich nutzerfreundlich oder einfach zu interpretieren. Es mag möglich sein, in Zukunft bessere Messtools zu entwickeln, aber derzeit empfehlen wir, dass Tester zusätzlich zu den existierenden Tools subjektive, vorurteilslose Spielbeurteilungen durchführen, um aussagekräftige Ergebnisse bereitzustellen.
ComputerBase: Jedes Multi-GPU-System von AMD und Nvidia nutzt heutzutage Alternate Frame Rendering (AFR) als Renderingtechnik. Die Skalierung ist bei AFR meistens sehr gut, doch gibt es ebenso auch Nachteile, wie eben Mikroruckler (Microstuttering) oder eben auch ein zwangsweise auftretender Mauslag (Inputlag). Die optimale Lösung wäre es also, etwas anderes als AFR zu nutzen. Gibt es diesbezüglich vielleicht neue Ansätze, die in Zukunft Abhilfe schaffen würde? Dies wäre vor allem wegen der immer wiederkehrenden Multi-GPU-Karten interessant, weil Käufer trotz eines enormen Preises mit Nachteilen zu kämpfen haben, die günstigere Single-GPU-Karten nicht aufweisen.
David Nalasco, AMD: Alternate Frame Rendering hat gezeigt, die einfachste und effektivste Methode für eine Aufgabenteilung bei grafischen Anwendungen zu sein und wird möglicherweise weiterhin die meist benutzte Variante bleiben. Diese ist zwar weiterhin nicht perfekt, aber wir glauben, dass sich die aktuellen Lösungen bis zu einem Punkt verbessert haben, an dem die Vorteile von AFR in Spielen die Limitierungen bei Weitem überschreiten und wir werden weiterhin Verbesserungen vornehmen. In der Zukunft sind Spiele mit nativer Unterstützung für eine alternative Arbeitslastenteilung (alternative workload sharing methods) sicherlich möglich und diese könnten vor allem für asymmetrische GPU-Kombinationen (wie eine diskrete und eine integrierte Grafikeinheit) interessant sein.