Big Brother Awards 2013 vergeben

Michael Schäfer
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In Bielefeld wurden gestern die diesjährigen Big Brother Awards verliehen. Unter den aktuellen „Gewinnern“ gesellten sich unter anderem Apple und Google. Aber auch die Deutsche Post und die Bundespolizei wurden bedacht.

So wurde die Apple Retail Germany München in der Kategorie „Arbeitswelt“ mit dem Negativpreis für ihre umfassende Videoüberwachung der Filialräume und der damit verbundenen Kontrolle ihrer Mitarbeiter ausgezeichnet. Als Grund für die Verleihung nannte die Jury unter anderem Apples Kontrolle der eigenen Stores in Deutschland. So stattete das Unternehmen diese mit zahlreichen Videokameras aus, welche sich nicht nur auf die Verkaufsräume beschränkten. Diese Vorgehensweise findet sich in der „Datenschutzrechtlichen Einwilligung zur Videoüberwachung“ wieder, in welcher zudem aufgeführt ist, dass keine Überwachung in anderen Räumen stattfindet.

Bei einem Besuch des Gewerbeamtes im Münchener Apple Store wurden im November letzten Jahres trotzdem Kameras gefunden, welche das Personal und nicht die Lagerräume filmten. Auch soll es laut anonymen Aussagen Bild- und Tonaufzeichnungen der Pausenräume und der Toiletten gegeben haben.

Es sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass Apple in dieser Sache mittlerweile nachgebessert hat. So wurde nach der Gründung des Betriebsrates in der Münchener Filiale eine Betriebsvereinbarung ausgehandelt, welche die Kameraüberwachung regelt.

Apple ist nicht das einzige Unternehmen, welches für seine Überwachungswut ausgezeichnet wurde: Bereits 2004 wurde das Discount-Unternehmen „Lidl“ für seine groß angelegte heimliche Videoüberwachung bedacht.

Den Kundendatenschutz nimmt das Unternehmen laut den Preisvergebern in Deutschland ebenfalls nicht so genau. Datenschutzbeauftragte bemängelten seit Langem, dass die Hinweisschilder zur Videoüberwachung zunächst nur auf „Dackelaugenhöhe“ angebracht waren und so von einer Vielzahl der Kunden übersehen wurden. Erst nach Einschreiten der Beauftragten wurden diese auf Hüfthöhe angebracht, handtellergroß und transparent auf großen Glastüren. Eine Anbringung auf Augenhöhe verweigert Apple nach wie vor mit dem Argument, dass dieses gegen die Strengen Design-Vorschriften verstoßen würde.

Google erhält Award für globale Sammlung von Daten

Auch Google wurde dieses Jahr mit einem Award „geehrt“, was in gewissen Teilen ein wenig radikal wirkte: So rief die Jury in ihrer Begründung dazu auf, dass Google zerschlagen werden muss. Die Experten bemängelten Googles Sammelwut an Daten, deren sich der Nutzer nur sehr schwer entziehen könne. „Auch wenn wir selber nicht mehr wissen, was wir an einem beliebigen Datum des letzten Jahres getan haben – Google weiß es. Und nicht nur über uns, sondern über Milliarden anderer Menschen auch“, so die Jury. So könne Google bereits heute über die Verknüpfung seiner verschiedenen Dienste wie Google Maps, YouTube oder Google+ ein exaktes Bild des Nutzers erstellen. Hinzu käme noch, dass Google dabei europäisches Recht missachten und seine marktbeherrschende Position ausnützen würde.

Aus diesem Grund wurde bereits laut der französischen Datenschutzbehörde CNIL in Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien und den Niederlanden Untersuchungen zu Googles Umgang mit Kundendaten eingeleitet, in welchen die seit einem Jahr geltenden Datenschutzbestimmungen des Unternehmens geprüft werden sollen.

Der Informatiker Sven Türpe warnte hingegen bereits im März in einem Bericht auf golem.de vor zu viel Hysterie bezüglich des Suchmaschinenriesen:

„Verhaltensbeobachtung und -auswertung bedeutet nicht zwingend eine Verletzung der Privatsphäre. Beispiele dafür sind die Korrekturfunktionen in der Google-Suche und in Google Translate, die aus dem Benutzerverhalten lernen. Google beobachtet bestimmte Aspekte des Nutzerverhaltens über eine Folge von Vorgängen hinweg, interessiert sich am Ende aber vor allem für statistische Aussagen.“

Big Brother für die Ministerpräsidenten der Bundesländer und ihrem „Beitragsservice“

Bereits 2003 bekam die Gebühreneinzugszentrale den Big Brother Award für ihr Lebenswerk verliehen, dieses Jahr wurde deren Nachfolger „Beitragsservice“ ausgezeichnet.

Auch hier bemängelten die Juroren das uneingeschränkte Sammeln und Auswerten von persönlichen Daten. So werden aktuell nicht nur die erforderlichen Daten übermittelt, sondern fast alles, was in den Melderegistern vorhanden ist. Dazu gehören auch vorherige Wohnadressen oder Hinweise auf soziale Lebensumstände. Des Weiteren soll der Beitragsservice ab 2015 auch wieder auf Datenbestände aus privaten Quellen zugreifen. Hierzu gehören unter anderem Adresshändler, Versicherungen, Inkassounternehmen, Gewinnspielanbieter oder die Nachsendeaufträge der Deutschen Post AG.

Damit aber noch nicht genug: Zusätzlich wurde am 3. März dieses Jahres ein Abbild aller Meldedaten der Bundesbürger erstellt, welche in den nächsten zwei Jahren Stück für Stück an den neuen Service übermittelt werden sollen. Zwar sollen diese Daten nach erfolgreicher Abgleichung wieder gelöscht werden, jedoch sieht der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag dafür eine Frist bis Ende 2015 vor. Am Ende soll der Gebührendienst durch die zusätzliche Übernahme des gesamten Datenbestandes der GEZ über dreimal so viele Datensätze verfügen wie vorher.

Des Weiteren wurde unter anderem die Deutsche Post AG ausgezeichnet, welche mit „Postadress Move“ einer der größten Adress-Datenbanken in Deutschland geschaffen hat, sowie die Bundespolizei für ihre Polizeikontrollen, bei denen Personen aufgrund von Hautfarbe, ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft, Religion, Sprache oder ähnlichen Merkmalen gezielt kontrolliert wurden.

Verliehen werden die Big Brother Awards vom Bielefelder Verein „digitalcourage“ an Personen, Organisationen oder Unternehmen, welche in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Personen beeinträchtigen.