Bürgerrechtler protestieren gegen „gläsernen Nutzer“

Andreas Frischholz
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Neun europäische Bürgerrechtsorganisationen haben die Kampagne „Naked Citizens“ gestartet, um gegen drohende Mängel bei der EU-Datenschutzreform vorzugehen. Die Netzaktivisten befürchten, die Reformpläne für eine verbesserte Privatsphäre und einen besseren Datenschutz könnten durch Lobby-Beeinflussungen ausgehöhlt werden.

Bürgerrechtler und EU-Abgeordnete beklagen sich schon seit geraumer Zeit über die Lobby-Versuche. Mittlerweile liegen rund 4.000 Änderungsanträge vor, die derzeit im Europäischen Parlament verhandelt werden. Die Bürgerrechtsorganisationen beklagen nun, „Unternehmen und ausländische Regierungen haben den ursprünglich datenschutzfreundlichen Entwurf der Europäischen Kommission durch intensives Lobbying massiv aufgeweicht“.

In dem Bericht (PDF-Datei) benennen die Bürgerrechtler fünf umkämpfte Bereiche der Reform. Diese sah ursprünglich vor, dass die Nutzer einwilligen müssen, wenn Unternehmen ihre Daten verwenden wollen. Viele Änderungsvorschläge würden aber darauf abzielen, diese Vorgabe aufzuweichen. Das könnte in der Praxis dazu führen, dass es Unternehmen erlaubt ist, die „Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer in die Datenverarbeitung auf Grund einer Vermutung als gegeben anzusehen oder die Einwilligungsbedingungen in schwer verständlichen Formulierungen zu verstecken“.

Die weiteren Punkte befassen sich damit, wie die eingesammelten Daten von Unternehmen genutzt werden dürfen. Zahlreiche Änderungsvorschläge zielen darauf ab, den Diensten deutlich mehr Freiheiten bei der Nutzung der Daten zu gewähren, indem diese etwa zur Profilbildung („Profiling“) genutzt werden dürfen. Um den Datenschutz gerecht zu werden, sollen diese lediglich „pseudonymisiert“ werden, also das Profil nicht mit dem Namen einer Person verknüpft werden. Datenschützern geht das aber nicht weit genug, weil so immer noch die Möglichkeit besteht, die Profile wieder auf die jeweilige Person zurückzuführen. Deswegen fordern sie striktere Vorgaben, um eine komplette Anonymisierung zu erreichen.

Ein weiterer Streitpunkt ist das Prinzip der „Zweckbindung“ von persönlichen Daten, nach dem Anbieter diese nur für den Zweck verwenden dürfen, wegen dem sie ursprünglich gespeichert wurden. Eine Reihe von Änderungsanträgen untergraben oder streichen sogar dieses Prinzip, einhergehend mit dem Vorschlag, dass die „gesammelten Daten für den Zweck „A“ ebenso für einen völlig anderen Zweck und ohne Bezug für das gleiche oder sogar in einigen Fällen für ein anderes Unternehmen wiederverwendet werden können“. Die Nutzer würden „fast kein Wissen von oder Kontrolle darüber haben, wie ihre Daten genutzt werden“. Unternehmen und Regierungen könnten diese dann theoretisch kostenlos nutzen.

Markus Beckedahl von Digitale Gesellschaft erklärt zur Veröffentlichung des Berichts: „Eine Vereinheitlichung der Datenschutzbestimmungen auf europäischer Ebene ist richtig. Aber was wir jetzt sehen, droht nur Wirtschaftsinteressen zu schützen, statt die Bürger.

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