Cyberspionage gegen US-Waffensysteme
Wichtige und streng geheime US-Waffensysteme sind von chinesischen Hackern im Regierungsauftrag ausgespäht worden, berichtet die Washington Post. Das geht laut dem Blatt indirekt aus einem Bericht des „Defense Science Board“ hervor, einer Expertenkommission des Pentagon.
Dieser Bericht, der aus einem öffentlichen und einem geheimen Teil besteht, klärte im öffentlichen Teil (PDF) bereits zu Jahresbeginn darüber auf, dass nach 18 Monaten Auswertung von Expertisen nicht sichergestellt sei, dass kritische IT-Systeme den technisch ausgefeilten Angriffen eines gegnerischen großangelegten Cyberangriffs gewachsen seien.
Jetzt hat die Washington Post, der angeblich eine Kopie des vertraulichen Teils des Berichts vorliegt, Angaben zu den betroffenen, ausspionierten Waffensystemen gemacht. Demnach sind detaillierte Baupläne für ein neues Patriot-Raketenabwehrsystem, das Kampfflugzeug F-35 Lightning II der Firma Lockheed Martin, die bereits öfter Ziel von virtuellen Spionageangriffen war, sowie für ein neues Kriegsschiff und den Black Hawk Helikopter im Rahmen einer konzertierten Aktion in die Hände der chinesischen Hacker gefallen.
Der F-35 Lightning II ist mit Kosten von prognostizierten 1,4 Billionen US-Dollar für die rund 2.000 von den USA bestellten Maschinen über einen Zeitraum von 50 Jahren das teuerste jemals gebaute Waffensystem. Darüber hinaus seien kritische Informationen über Drohnen, Nachrichtenverbindungen im Kriegsfall und über elektronische Kriegsführung im Allgemeinen kompromittiert worden. Betroffen sein sollen unter anderem die Rüstungskonzerne Boeing, Lockheed Martin, Raytheon und Northrop Grumman, denen das Pentagon eine teilweise sehr laxe Handhabung der Sicherheit vorwirft. So musste das FBI in einigen Fällen die Unternehmen darauf aufmerksam machen, dass sie das Ziel von Hacker-Angriffen waren.
Laut dem Bericht steht zu befürchten, dass China sich mit dem ausspionierten Material einen Vorteil gegenüber den USA in künftigen Konflikten verschaffen könnte. China wird in dem Bericht nicht direkt des Diebstahls der Waffenpläne bezichtigt, jedoch erklären Offizielle aus Militär und Industrie, die vertiefte Kenntnis von den Vorfällen besitzen, diese seien Teil einer groß angelegten chinesischen Kampagne der Spionage gegen US-amerikanische Vertragspartner aus der Waffenindustrie und gegen Regierungsstellen.
Präsident Obama und andere Regierungsmitglieder haben aufgrund dieser Erkenntnisse die chinesische Regierung in letzter Zeit wiederholt scharf ermahnt, die „zunehmenden Cyber-Diebstähle“ einzustellen. Das Pentagon hat in diesem Jahr in einem Bericht an den chinesischen Nationalkongress erstmals die dortige Regierung und das Militär als den Schuldigen für die Einbrüche in US-amerikanische Verteidigungs- und andere Computersysteme bezeichnet.
Die chinesische Regierung hat solche Zusammenhänge bisher immer vehement bestritten und beschuldigt Washington im Gegenzug ebenfalls der Cyber-Spionage in Peking. Allerdings hat das US-Sicherheitsunternehmen Mandiant im Februar 2013 einen Report veröffentlicht, die die Auswertung der Angriffe auf Regierungs- und Militäreinrichtungen dokumentiert. Hierin kommt Mandiant zu dem Ergebnis, dass eine der besten chinesischen Hackergruppen, als Comment Crew oder Shanghai Group bekannt, eine Cyberwar-Einheit der chinesischen Armee ist und hat deren Hauptquartier in einem Bürohochhaus in Shanghai enttarnt. Im gleichen Stadtviertel sitzt auch die Cyberwar-Einheit der chinesischen Volksbefreiungsarmee (VBA).
Bei dem Besuch des neuen chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Washington im nächsten Monat wird erwartet, dass Präsident Obama das Thema im persönlichen Gespräch aufgreifen wird.
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Das chinesische Verteidigungsministerium weist die Vorwürfe zurück und beklagt die „Fehleinschätzungen“ Washingtons. „Zum einen unterschätzen sie die Abwehrkapazitäten des Pentagon, zum anderen unterschätzen sie die Intelligenz des chinesischen Volkes“. China sei sehr wohl dazu in der Lage, die zur Verteidigung der nationalen Sicherheit benötigten Waffen selbst herzustellen, erklärte ein Sprecher in einer Mitteilung. Er verwies auf Beispiele wie einen neuen Flugzeugträger und das Satellitennavigationssystem Chinas.
US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hat die amerikanischen Vorwürfe der Cyber-Spionage gegen China auf der jährlichen Sicherheitskonferenz Shangri-La Dialogue in Singapur wiederholt. Unter den Teilnehmern der Konferenz war auch eine chinesische Delegation unter Leitung des Vize-Generalstabschefs der Volksbefreiungsarmee, Generalleutnant Qi Jianguo.