Telekom-Chef verteidigt Drosselpläne vor den Aktionären
Der scheidende Telekom-Chef René Obermann verteidigte am Donnerstag auf der jährlichen Hauptversammlung in Köln die strategische Ausrichtung des Telekommunikationsriesen während seiner Amtszeit – ebenso wie die jüngst angekündigte Breitband-Drosselung. Vor den Türen demonstrierten deswegen Vertreter der Netzgemeinde.
Für Obermann war es der letzte Auftritt vor den Aktionären, am Jahresende gibt er den Chefposten ab. Er nutzte die Gelegenheit, um erneut gegen die Drossel-Kritiker vorzugehen. Bedeckt hielt er sich allerdings bezüglich des Vorwurfs, die Telekom verletze mit den neuen Tarifen die Netzneutralität, weil einige Dienste von der Limitierung ausgenommen werden. Die Debatte ist nach Ansicht von Obermann von einer „Menge an Populismus“ geprägt, betroffen wären ohnehin nur „Intensivnutzer“, die gegenüber dem Durchschnittskunden ein Vielfaches an Traffic verbrauchen würden. Für jene „wird es leider etwas teurer“. „Preisreduzierung“ nennt Obermann das, die rund 10 bis 20 Euro betragen soll, wie die Telekom bereits vor einigen Tagen verkündet hat.
„Die Alternative wäre, dass das Netz für alle langsamer oder für alle teurer wird“, so Obermann, der das als ungerecht bezeichnete. Außerdem bekräftigte er erneut, die Telekom wolle auch zukünftig die Netze ausbauen. Die Aktionäre zeigten sich von Äußerungen Obermanns nur milde begeistert, berichtet Spiegel Online. „Mit der Drosselung haben Sie alle gegen sich aufgebracht“, zürnte ein Aktionärsschützer. In erster Linie kritisierten die Aktionäre allerdings den Verlauf des Aktienkurses in der Amtszeit von Obermann. So erklärte Ingo Speich, Fondsmanager von Union Investment: „Sie wollten eigentlich Wert für die Aktionäre schaffen, doch daraus ist nichts geworden. Während der Dax seit Ihrem Amtsantritt um 30 Prozent gestiegen ist, ist die Telekom-Aktie um 30 Prozent gefallen.“
Demonstration vor der Tür
Die Demonstranten vor der Tür scherten sich derweil wenig um den Kurs der Telekom-Aktie und mahnten stattdessen vor den potentiellen Folgen der Drossel-Pläne. „Die Bevorzugung von Diensten wie Telekoms Entertain oder Spotify im Mobilfunknetz sind erst der Anfang“, befürchtet Markus Beckedahl von dem Bürgerrechtsverein Digitale Gesellschaft. Die Argumentation, wenige Intensivnutzer überlasten die Netze, sehen die Netzaktivisten lediglich als Vorwand. Langfristig verfolge die Telekom ihrer Ansicht nach das Ziel, mit sogenannten „Managed Services“ Inhalteanbieter wie YouTube oder Spotify zur Kasse zu bitten. Diese sollen zahlen, damit ihre Dienste nicht unter das Drossel-Volumen fallen.
Deswegen richtete sich die Demonstration nur ein Stück weit gegen die Telekom, sondern zielt in erster Linie auf die Bundesregierung ab. „Die Telekom schafft gerade das Zwei-Klassen-Internet und die Politik muss jetzt handeln", sagt Beckedahl. Die Netzneutralität soll gesetzlich verankert werden, zudem fordern sie bundesweit eine flächendeckende Breitband-Versorgung und Provider sollen dazu verpflichtet werden, nur die Internet- und Mobil-Angebote mit dem Begriff „Flatrate“ zu vermarkten, wenn es sich dabei um einen unlimitierten Zugang zum Netz handelt – und keine begrenzten Flatrates, bei denen die Geschwindigkeit ab einem gewissen Datenvolumen reduziert wird.
Die Teilnehmerzahl der Demonstration, die von dem Bündnis „Netzneutralität statt Diskriminierung im Internet“ initiiert wurde, fiel überschaubar aus. Zeit Online berichtet von 30 bis 50 Teilnehmern, die tagsüber an der Mahnwache teilgenommen haben, bei der eigentlichen Demonstrationen am Nachmittag sollen es nicht viel mehr gewesen sein. Dennoch zieht Beckedahl ein positives Fazit, die Anzahl der Demonstranten „ist egal, wenn hier jeder Fernsehsender mit Nachrichten mit eigenem Kamerateam zur Berichterstattung kommt, um über die Kritik zu berichten“.