Leisure Suit Larry: Reloaded im Test: Die Kickstarter-Neuauflage vom Urvater
2/3LSL Reloaded auf einen Blick
„Reloaded“ beginnt ganz wie die Vorlage aus grauer Videospielvorzeit mit Hinweisen darauf, dass die Inhalte des Spiels für junge Zeitgenossen nicht angemessen sind. Dabei hat auch der Wissenstest wieder den Weg ins Spiel gefunden, der damals wohl ernsthaft – und heute eher mit einem Augenzwinkern – Minderjährige vom Zugriff abhalten soll.
Sind mindestens drei von durchaus knackigen und aktuellen fünf Wissensfragen richtig beantwortet, findet man sich auch schon im typischen LSL-Setting wieder: Der ebenso schmierige wie harmlose Larry Laffer ist ein armes Schwein. Völlig mittellos und ohne Rückhalt in der großen Stadt gestrandet, sucht er doch wacker nach dem großen Glück. Und das heißt in diesem Fall: Die Traumfrau finden – oder doch zumindest endlich die Jungfräulichkeit verlieren.
Ganz grundsätzlich leben Point-and-Click-Adventure häufig von einem großen Spielziel, das nicht selten normativ aufgeladen ist: Man will den Mörder finden, die Welt retten oder zumindest ein Mysterium aufklären. LSL hängt die, Verzeihung, Latte deutlich niedriger: Es geht darum, einem Loser zu dem minimalsten Höhepunkt zu verhelfen, den ein Loser haben kann.
Zur Verrohung der Gesellschaft trägt das Spiel dabei nicht bei. Es ist also nicht die Darstellung oder eine explizite Wortwahl, die „Reloaded“ eine „ab 16 Jahren“ USK-Einstufung eingebracht haben dürfte, sondern vielmehr die Thematik an sich, wobei sich das Spiel immer ironisch in der eigenen Schmierigkeit wälzt.
Die Spielmechanik und auch die -umgebungen sind dabei weitgehend von den Vorgängern bzw. vom gleichnamigen ersten Teil der Reihe entlehnt. Dementsprechend wird Larry durch Orte wie eine heruntergekommene Bar oder ein Casino geschleust, wobei die Mission immer eindeutig ist: Gegenstände finden und kombinieren, mit Leuten sprechen und Rätsel lösen – bis der Protagonist für wenige Sekunden mit einer Angebeteten hinter einem „Censored“-Balken verschwinden kann.
Wer die Rätsel und Aufgaben aus dem Original kennt, wird sich schnell zurechtfinden. Im Prinzip sieht „Reloaded“ als Remake nämlich so aus wie seine Vorlage; allerdings belassen es Lowe und sein Team nicht bei einer bloßen visuellen Überarbeitung, sondern legen auch inhaltlich Hand an. Neben neuen Rätseln und Kombinationsgegenständen trifft man auch auf neue Charaktere – man merkt also, dass die Entwickler ihre Arbeit ernst genommen haben und nicht nur mit einer alten Marke frisches Geld verdienen wollten.
Die spielerische Vorgehensweise hat sich allerdings nicht verändert. Nach wie vor wird Larry auf ein Gebäude losgelassen, das in mehreren Räumen zur Jagd nach Informationen und Gegenständen einlädt. Dazu stehen einem äußerst grundlegende Instrumente zur Verfügung: Larrys Sinne. Man lässt ihn Gegenstände befühlen, ansehen und ablecken, um Besonderheiten zu entdecken. Manchmal wollen auch dritte Gegenstände zu Hilfe genommen werden, um an die entscheidenden Informationen wie zum Beispiel den Zahlencode eines Nummernschlosses oder das Zugangspasswort für eine ominöse Tür zu gelangen.
Und so leckt, tastet und schaut man sich durch die liebevoll animierten Umgebungen. Allerdings wäre „Reloaded“ kein LSL, wenn man nicht auch dieses Mal wieder von einem sehr guten englischen Erzähler (wahlweise können deutsche Untertitel aktiviert werden) begleitet werden würde, der zumeist gekonnt in sarkastischem Tonfall Larrys Versuche kommentiert. Durch diese Verzahung, bei der Larry teilweise auch auf die Eingebungen des Sprechers antwortet, aber auch bei den gut geschriebenen Dialogen wird deutlich, dass man es hier eigentlich vielmehr mit Comedy für Erwachsene denn mit einem Softporno zu tun hat.
Löblich ist auch, dass ein Ärgernis aus den Originalen getilgt wurde. So gab es dort immer mal wieder Stellen, an denen Larry das Zeitliche segnen konnte, zum Beispiel, wenn man auf die dumme Idee kam, nach dem Klobesuch die Spülung zu betätigen. Diese frustrierenden Momente existieren in „Reloaded“ nicht mehr; statt über den Jordan zu gehen, wird Larry in Frankensteinmanier im Keller wiederbelebt.
Gewöhnungsbedürftig ist allerdings nach wie vor, dass der stets chronisch blanke Larry eine nicht unerhebliche Menge Geld benötigt, um voranzukommen. Dieses wird nicht nur für Gimmicks wie das Schmeißen einer Runde in der Bar benötigt, sondern auch, um sich per Taxi von A nach B zu bewegen – nervig, wenn man mit einem Bereich eigentlich fertig ist, aber erstmal Geld auftreiben muss, um weiterziehen zu können. Die Ausgangsscheine in Larrys abgehalftertem Geldbeutel sollten also unbedingt bewahrt und nicht gleich in den Spielautomaten in der Bar investiert werden, auch wenn einem ein freundlicher Obdachloser immer mal wieder einen Zehner zusteckt.