Neue Details zur Internet-Überwachung der NSA
Die US-Administration unter Barack Obama hat bis 2011 eine Vorratsdatenspeicherung betrieben, die noch aus der Zeit von Ex-Präsident George W. Bush stammte. Danach wurde die massenhafte Speicherung von Verbindungsdaten aber nicht aufgegeben, sondern durch neue NSA-Programme ersetzt, berichtet der Guardian.
Die Informationen stammen wie gehabt aus dem Fundus an Dokumenten, die der Whisteblower Edward Snowden an den Guardian übergeben hat. Demnach hat die NSA bis 2011 die bei der Kommunikation im Internet anfallenden Metadaten gespeichert. Dazu zählen etwa bei E-Mails der Absender, der oder die Empfänger und die jeweiligen IP-Adressen, nicht aber der Inhalt. Der Guardian verweist aber darauf, dass die Trennung zwischen Inhalten und Metadaten zwar formal einfach klingt, technisch aber nicht ohne weiteres zu lösen ist – etwa weil die Betreff-Zeile einer E-Mail bereits dem Inhalt zugerechnet wird.
Die Daten werden von Geheimdiensten genutzt, um Muster in der Internet-Kommunikation zu analysieren und diverse Verbindungen aufzuzeigen. Die anlasslose und massenhafte Datenspeicherung wurde von der Bush-Administration im Jahr 2001 infolge der Anschläge vom 11. September veranlasst, betraf aber zunächst keine US-Bürger. Die Metadaten von der Internet-Kommunikation wurden gespeichert, wenn es sich zumindest bei einem Teilnehmer nicht um einen US-Bürger gehandelt hatte oder die Herkunft der Teilnehmer nicht festzustellen war. Diese Vorgaben hatten aber nur bis zum Jahr 2008 bestand, danach wurden diese durch eine vom US-Kongress beschlossene Änderung des „Foreign Intelligence Surveillance Act“ (FISC) aufgeweicht.
Anfangs fand die Überwachung noch ohne richterlichen Beschluss statt, doch nachdem es innerhalb der Bush-Administration zu Protesten kam, wurde der FISC-Gerichtshof involviert, der die Massenüberwachung alle 90 Tage still und heimlich abnickte. Die Geheimurteile des Gerichtshofs stehen seit geraumer Zeit in der Kritik, den Wünschen der US-Administration und US-Sicherheitsbehörden lediglich einen formalen Stempel zu verpassen. Mit der Veröffentlichung der ersten Dokumente von Edward Snowden verschärften sich die Vorwürfe nochmals.
Neue Programme, noch mehr Daten
Eine Sprecherin der Obama-Administration bestätigte gegenüber dem Guardian die von Bush 2001 initiierte und von Obama fortgesetzte US-Vorratsdatenspeicherung, doch die US-Regierung habe das Programm nach einer internen Prüfung Ende 2011 auslaufen lassen und nicht neu aufgelegt. Letztlich bedeutet das aber nicht, dass die NSA die anlasslose Massen-Datenspeicherung beendet hatte, sondern vielmehr das Gegenteil. Die Internet-Überwachung wurde auf wesentlich effizientere Programme umgestellt.
Dazu zählen Programme wie „EvilOlive“, das die NSA als „One-End Foreign (1EF) solution“ bezeichnet. Dem Guardian-Bericht zufolge filtert es bereits 75 Prozent des internationalen Traffics nach Verbindungsdaten zwischen US-Bürgern und Internetnutzern, die nicht aus den USA stammen. Eindrücke von den gespeicherten Datenmengen liefert indes „ShellTrumpet“. In einem internen Report von Ende 2012 heißt es, dass die NSA innerhalb von fünf Jahren eine Billion „Internet-Metadaten“ gesammelt hat – die Hälfte davon entfalle auf das Jahr 2012.
Die Daten stammen nicht nur aus den Quellen der NSA, sondern auch aus Kooperationen mit Geheimdiensten der internationalen US-Partner. So hat die NSA etwa auch Zugriff auf die Metadaten des britischen GCHQ, der im Rahmen des „Tempora“-Programms direkt die atlantischen Unterseekabel anzapft. Dennoch klingt eine Billion Verbindungsdaten zunächst absurd hoch, allerdings haben bereits die veröffentlichten Ausschnitte vom Data-Mining-Programm „Boundless Informant“ gezeigt, dass die NSA allein im März 2013 den Zugriff auf knapp 100 Milliarden Verbindungsdaten hatte.
Zukünftig sollen die Kapazitäten für die Internet-Überwachung sogar noch ausgebaut werden, besagten die dem Guardian vorliegenden Dokumente. So sind etwa für den September 2013 neue Programme mit den Codenamen „MoonLightPath“ und „Spinneret“ vorgesehen.