Putin möchte russisches Facebook kontrollieren
Russland hat sein eigenes soziales Netzwerk, ähnlich Facebook, mit Namen „VKontakte“. Einige Vorfälle der letzten Zeit lassen vermuten, der Staat wolle eine stärkere Kontrolle über das von Pawel Durow gegründete Unternehmen mit einem angeblichen Wert von zwei Milliarden US-Dollar ausüben.
Pawel Durow, ein als etwas exzentrisch bekannter 29-jähriger IT-Unternehmer, hatte während seines Studiums vor sieben Jahren mit Kommilitonen VKontakte gegründet. Facebook war damals noch nicht in Russland verfügbar. Heute leitet der „russische Mark Zuckerberg“ ein Unternehmen, das 210 Millionen registrierte Nutzer hat, wovon rund 100 Millionen aktiv sind, 47 Millionen davon täglich. Das macht VKontakte zu Europas größtem sozialen Netzwerk und zur zweitpopulärsten Webseite in Russland.
Durow macht sich trotzdem Sorgen um sein Unternehmen, da sich in letzter Zeit die Besitzverhältnisse verschoben haben. Die Kapitalgruppe United Capital Partners (UCP) erwarb von den VKontakte-Mitbegründern Wjatscheslaw Mirilaschwili und Lew Lewijew – gegen die Stimme von Durow – 48 Prozent der Anteile am sozialen Netzwerk. Der Chef von UCP ist Ilja Schtscherbowitsch. Dieser hat Sitze in den Aufsichtsräten mehrerer großer Staatsunternehmen wie etwa dem staatlichen Ölriesen Rosneft, dessen Präsident wiederum Igor Setschin ist, vormals Berater und immer noch Intimus von Wladimir Putin. Analysten vermuten Setschin als Drahtzieher hinter dem Aktienkauf.
Zeitgleich kam es zu einigen Ereignisse, die Durow sogar dazu veranlassten, zeitweise das Land zu verlassen. Durow, der laut eigenem Bekunden nie selbst Auto fährt, sondern nur die U-Bahn benutzt, sollte als Zeuge zu einem Vorfall aussagen, in dem er angeblich am Steuer eines Firmenwagens von VKontakte einen leichten Verkehrsunfall verursacht haben soll, bei dem ein Polizist verletzt wurde. Bereits im April waren die Geschäftsräume des Unternehmens in St. Petersburg durchsucht und mehrere Computer beschlagnahmt worden.
Beobachter der Szene sehen in den Vorfällen das Bestreben, das Netzwerk zu kontrollieren. Ein Sprecher des FSB, der praktisch die Nachfolge des KGB angetreten hat, sagte letztens, im Internet werde das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat untergraben. Gleichzeitig werden im Kreml verschärfte Gesetze zur Kontrolle der Netzwerke vorbereitet. Im Jahr 2011 hatte der FSB vergeblich versucht, Druck auf VKontakte auszuüben, nachdem dort Unterstützerforen für einen der Anführer der Protestler gegen die gefälschte Parlamentswahl, Aleksej Nawalnyj, eröffnet wurden. Der FSB ließ damals keinen Zweifel daran, dass ein solches Verhalten untragbar sei.
Derzeit besitzt Durow selbst zwölf Prozent von VKontakte und übt Stimmrecht für weitere 40 Prozent aus, die im Besitz der Gruppe „mail.ru“ sind, die wiederum dem Industriellen Alischer Usmanow gehört. Sollte es den Leuten um Setschin gelingen, weitere Anteile zu erwerben, wäre Durow also schnell in der Minderheit.