Günstiges Apple iPhone durch Studie bestätigt
Auf ungewöhnlichem Wege hat die unabhängige Non-Profit-Organisation China Labor Watch Apples Arbeiten an einer günstigeren Version des iPhones bestätigt. Bereits auf dem Deckblatt des 60 Seiten langen Berichtes über die Arbeitsbedingungen des Auftragsfertigers Pegatron in Shanghai fällt die Organisation mit der Tür ins Haus.
„Apples nicht erfüllte Versprechungen: Günstige iPhones kommen auf Kosten chinesischer Arbeiter“ lautet der Titel der Studie, die die Organisation veröffentlicht hat (PDF-Dokument). Auch die Tatsache, dass das günstige iPhone eine Hülle aus Plastik erhalten wird, bestätigen die Prüfer.
„Pegatron (Shanghai) Ltd Co. is part of the Pegatron Group, which was a subsidiary of Pegatron Group until 2010. Pegatron primarily assembles cell phones and tablet PCs for Apple. Its assembled products include iPhone 4, iPhone 4s, iPhone 5, and low-priced plastic iPhones.“
Mitarbeiter in einer der drei untersuchten Fabriken würden aktuell „monoton und unter Einsatz vieler Überstunden eine abgespeckte, günstigere Version des iPhones fertigen“, erklären die Verfasser der Studie. Arbeiter, die mit der Fertigung betraut sind, arbeiten sechs Tage die Woche und bis zu elf Stunden täglich. Der Stundenlohn liegt bei 1,50 US-Dollar, der Monatslohn von 268 US-Dollar liegt damit deutlich unter dem durchschnittlichen regionalen Einkommen von 764 US-Dollar.
Im Detail wirft die Organisation Apple vor, unter Einsatz des Auftragsfertigers Pegatron am Standort Shanghai siebzehn Versprechen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen nicht gehalten zu haben.
Versprechen/Vorgabe Apple | Vorwurf China Labor Watch | Betroffene Fabriken |
---|---|---|
Maximal 60 Stunden Wochenarbeitszeit | Im Schnitt 66, 67 und 69 Stunden in den untersuchten Fabriken | 3 von 3 |
Überstunden werden freiwillig gemacht | Überstunden vorausgesetzt, Bestrafung bei Ablehnung | 3 von 3 |
Keine Toleranz von Kinderarbeit, adäquate Behandlung jugendlicher Arbeiter | Jugendliche Arbeiter arbeiten unter denselben Bedingungen wie Erwachsene | 2 von 3 |
Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei der Einstellung | Bis zu über 50 Prozent der Arbeitnehmer werden durch externe Agenturen vermittelt – lokale Vorgaben geben maximal 50 Prozent vor | 3 von 3 |
Keine Toleranz von unbezahlter, verdeckter Arbeitszeit | In allen Fabriken werden tägliche Meetings von 15 bis 30 Minuten Länge nicht der produktiven Arbeitszeit in der Fertigung angerechnet und deshalb nicht bezahlt | 3 von 3 |
Keine Diskriminierung aufgrund gesundheitlicher oder religiöser Aspekte | Bei der Einstellung spielen Aspekte wie die Größe, Schwangerschaft, Tattoos oder die Religion eine Rolle | 3 von 3 |
Verbot von Gebühren für die Vermittlung von Arbeitern | Von externen Agenten vermittelte Arbeiter müssen Agenturen hohe Gebühren für die Vermittlung zahlen, einzelne Agenten behalten sich das Recht vor, Teile des Lohnes einzuziehen, sollte der vermittelte Arbeitnehmer nicht länger als drei Monate bei Pegatron arbeiten | 3 von 3 |
Arbeiter erhalten von Apple entwickelte Schulungen zur Einstellung | Mit maximal acht Stunden Schulung zur Einstellung verstoßen alle Fabriken gegen die rechtliche Vorgabe von 24 Stunden. | 3 von 3 |
Führungskräfte sind in Bezug auf die Führung und den Umgang mit Mitarbeitern zu schulen | Führungskräfte belästigen und beschimpfen Mitarbeiter | 3 von 3 |
Bei der Einstellung von Schülern und Studenten werden strikte Regeln eingehalten | Studenten werden in der Fertigung eingesetzt, obwohl diese Beschäftigung keinen Bezug zu ihrem Studium hat. Lehrer und Bildungseinrichtungen erhalten eine Provision für die Vermittlung. | 3 von 3 |
Arbeiter müssen ihre Meinung frei äußern können | Keine Fabrik bietet adäquate Systeme für Arbeiter, Bedenken/Kritik zu äußern | 3 von 3 |
Sichere Arbeitsbedingungen sind gewährleistet | Kurze Schulungen (s.o.) ohne sicherheitsrelevante Informationen und infolge Dessen wenig Kenntnis der Arbeitnehmer über die eingesetzten Materialen/Chemikalien und deren Wirkung | 3 von 3 |
Das Wohlbefinden der Mitarbeiter steht im Fokus | Kein Mutterschutz für schwangere Frauen außerhalb der Ehe oder bei einem 2. Kind. Viele Tätigkeiten werden im Stehen ausgeführt. Unterkünfte mit acht bis zwölf Personen auf einem Zimmer, zehn Duschen auf 120 Personen. | 3 von 3 |
Mitarbeiter müssen Gefahrensituationen erkennen und meistern können | Unzureichende Fluchtwege, unzureichende Sicherheitsunterweisungen, keine Erstehilfekästen | 3 von 3 |
Keine Toleranz von Verletzungen des „Supplier Code of Conduct“ in Bezug auf den Umweltschutz | Abwasser aus der Fertigung wird unbehandelt in die Kanalisation geleitet | 2 von 3 |
Ein Auditor von Apple begleitet Audits externer Prüfer um die Korrektheit der Informationen sicherzustellen | Pegatron bereitet sich auf Audits vor, zwingt Mitarbeiter fehlerhafte Angaben zur Arbeitszeit abzuzeichnen | 3 von 3 |
Keine Toleranz von Lohnkürzungen als Disziplinarmaßnahme | Finanzielle Strafen bei Fehlverhalten existieren | 1 von 3 |
Das Fazit der Organisation fällt entsprechend drastisch aus: „Pegatron hat sich den Auftrag zur Fertigung des günstigen iPhones allein über umfangreiche Verstöße gegen chinesisches Arbeitsrecht und niedrige Löhne erkauft. Es herrschen weder gesundheitlich unbedenkliche Arbeitsbedingungen noch haben Mitarbeiter eine Stimme.“
Während eines der drei Werke in erster Linie das aktuelle iPhone und das zukünftige günstige iPhone fertigt, werden in den beiden anderen beanstandeten Standorten auch für Nokia, Panasonic, HP, Dell, Asus, Acer und Sony hergestellt.
Gegenüber dem Wall Street Journal hat sich Apple zu den Vorwürfen geäußert. Apple betont, dass man die Arbeitsbedingungen bei den Auftragsfertigern als erster und bisher einziger Technologiekonzern, der der Fair Labor Association beigetreten ist, sehr ernst nehme. Fünfzehn eigene (teilweise unangekündigte) Audits, die Apple seit 2007 bei Pegatron durchführt, hätten beispielsweise bei der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit keine Verletzung der Vorgabe von 46 Stunden nachweisen können. Dem von China Labor Watch angebrachten Vorwurf, teilweise würden die Personalausweise der Arbeiter einbehalten werden, um Personen von der Kündigung abzuhalten, habe Apple schon vor Monaten bereits einen Tag später mit eigenen Auditoren untersucht. Pegatron sei daraufhin aufgefordert worden, dieses Verhalten einzustellen – auch wenn die Ausweise laut Pegatron nur für die Einrichtung von Bankkonten und unter Einwilligung der Arbeiter eingezogen worden waren.
Alle weiteren Vorwürfe, die die Studie bei Pegatron aufgedeckt hat, seien „neu für Apple“, so der Konzern. Man werde noch diese Woche damit beginnen, den Vorwürfen nachzugehen. Wo notwendig, werde Apple darauf pochen, dass eingeforderte Vorgaben eingehalten werden und Missstände wie einbehaltene Löhne rückwirkend vollständig beglichen werden. Andere Hersteller, die in den betroffenen Fabriken fertigen lassen, haben sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert.