Razzien in der EU gegen Telekom-Unternehmen
Wie die EU-Kommission gestern bestätigte, wurden bereits am 9. Juli in mehreren Mitgliedsstaaten Hausdurchsuchungen durch die Wettbewerbswächter in Räumlichkeiten diverser europäischer Telekom-Unternehmen vorgenommen. Es besteht der Verdacht der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung.
Die Kommission nannte zwar keine Firmen, allerdings haben mittlerweile einzelne Unternehmen die unangemeldeten Besuche bestätigt. Es handelt sich dabei um die Deutsche Telekom, die spanische Telefónica und den französischen Provider Orange. Ob weitere Unternehmen betroffen sind, ist noch unklar. Bei der Begründung blieb die EU-Kommission vage, es soll aber um ein etwaiges Fehlverhalten beim Zusammenschalten der großen Backbone-Netze gehen, über welche der Datenverkehr des Internets geleitet wird. Von der Telekom liegt eine kurze Stellungnahme vor, in der auch erwähnt wird, dass Daten und E-Mails durch die Behörden sichergestellt wurden.
Wie Netzpolitik.org berichtet, dürfte das Kartell-Verfahren durch die Beschwerde des amerikanischen Providers Cogent angestoßen worden sein. Dieser soll sich durch das Senden großer Datenvolumina über die Netze der europäischen Provider deren Missfallen und in weiterer Folge auch Forderungen nach Ausgleichszahlungen eingefangen haben. Letzteres veranlasste Cogent offenbar zur Kontaktaufnahme mit der EU-Kommission und nationalen Kartellbehörden.
Eine Durchführung solcher Durchsuchungen sagt für sich genommen noch nichts über eine etwaige Schuld der betroffenen Unternehmen aus, es ist vielmehr eine Ermittlungsmaßnahme. Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen der Kommission ist der Artikel 102 AEUV, der die Ausnutzung einer beherrschenden Stellung verbietet. Dazu kommen noch die entsprechend Art. 103 AEUV erlassenen Richtlinien und Verordnungen.
Sollte es allerdings zu einer Verurteilung kommen, so können den betroffenen Unternehmen Bußgelder von wuchtigem Ausmaß drohen. Deren Obergrenze liegt bei zehn Prozent des weltweiten Konzernumsatzes des vergangenen Geschäftsjahres (siehe Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003 (PDF)). Falls die Unternehmen Entscheidungen der Kommission nicht nachkommen, können sie zusätzlich mit Zwangsgeldern belegt werden, deren Obergrenze bei fünf Prozent des weltweiten Konzernumsatzes des vergangenen Geschäftsjahres liegt (Art. 24 VO 1/2003). Im schlimmsten Fall können also 15 Prozent des Jahresumsatzes an zu entrichtenden Geldern zusammenkommen. Zuweilen kommt es auch vor, dass ein Unternehmen die Kronzeugenregelung gewährt bekommt und so einer Strafe entgehen kann.