Angeblich keine Wirtschaftsspionage durch NSA
Es gebe keine Belege, dass die NSA oder andere westliche Geheimdienste in Deutschland Wirtschaftsspionage betreiben, schreibt Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen in einem Gastbeitrag im Handelsblatt. Damit reagiert er auf entsprechende Befürchtungen, die sich mit den NSA-Enthüllungen nochmals verstärkt haben.
Demnach liegen laut Maaßen „keinerlei Erkenntnisse vor, die die These einer Wirtschaftsspionage aus dem Westen stützen könnten. Tatsächlich wurde bis zum heutigen Tage in ganz Europa kein einziger Fall amerikanischer oder britischer Wirtschaftsspionage nachgewiesen.“ Deshalb gebe es trotz der „aufgeregt geführten Debatte keinen Anlass, die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Partnern in den USA und Großbritannien grundsätzlich in Frage zu stellen.“ Die eigentliche Gefahr käme aus dem Osten.
Maaßen stützt seine Erkenntnisse auf Ergebnisse der Sonderarbeitsgruppe „Technische Aufklärung durch US-amerikanische, britische und französische Nachrichtendienste in Deutschland“. Diese wurde Mitte Juli infolge der Enthüllungen von Überwachungsprogrammen wie „Prism“ und „Tempora“ gegründet, um die Aktivitäten von Partnerdiensten in Deutschland zu überprüfen. Ähnlich äußerte sich Innenminister Friedrich nach seiner Washington-Reise, bei der die US-Administration die „klare Antwort“ gegeben hätte, dass die NSA in Deutschland keine Wirtschaftsspionage betreibt.
Allerdings ist nicht klar, wie die Erkenntnisse von Maaßen mit den Enthüllungen zusammenpassen, die Deutschland als Spionage-Ziel der NSA ausweisen, die unter anderem den Bereich „neue Technologien“ auf dem Schirm hat. Offene Fragen hinterlassen zudem Abhörprogramme, die von der NSA in diplomatischen Einrichtungen wie den Vereinten Nationen, EU-Vertretungen sowie weltweit in Botschaften und Konsulaten betrieben werden – darunter etwa die amerikanische Botschaft in Frankfurt.
Darüber hinaus haben sich Wirtschaftsvertreter und Verbände wiederholt besorgt über potentielle Gefahren durch digitale Wirtschaftsspionage geäußert. So hat etwa Infineons Sicherheitschef Wolf-Rüdiger Moritz erklärt, dass insbesondere mittelständischen Unternehmen „den Ernst der Lage“ unterschätzen. Diese hätten nicht „die Mittel oder das Wissen“, um sich vor Spionage-Attacken ausreichend zu schützen.
Das Thema Wirtschaftsspionage hat es im Zuge der NSA-Enthüllungen sogar bis in den Wahlkampf zur Bundestagswahl geschafft. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat in der letzten Woche im Tagesspiegel gesagt, dass eine europäische Technologiestrategie benötigt werde, um etwa europäische Handys und eine Euro-Cloud auf den Markt zu bringen. „Wir benötigen dringend eine Diskussion darüber, wie wir ausländische Ausspähversuche und Wirtschaftsspionage wirkungsvoll verhindern können“, so Brüderle.