Britische Regierung mobilisiert gegen den „Guardian“
Der nach Terrorschutzgesetz für neun Stunden am Londoner Flughafen Heathrow festgehaltene Lebenspartner des Journalisten Glenn Greenwald war nur die Spitze des Eisbergs. In der Redaktion des Guardian, wo Greenwald in den letzten Wochen federführend die Prism-Berichterstattung leitete, wurden Festplatten zerstört.
Die britische Regierung reagierte in den letzten Tagen verärgert über die Berichterstattung der Tageszeitung The Guardian, die die Machenschaften der NSA und des britischen Geheimdienstes GCHQ betrifft. Neben der neunstündigen Festsetzung von Lebenspartner David Miranda und der Beschlagnahmung seiner technischen Ausrüstung bekam auch die Redaktion der renommierten Zeitung Besuch des GCHQ.
Nach Schilderungen des Chefredakteurs Alan Rusbridger gingen dem Besuch mehrere Gespräche mit hohen Offiziellen aus Regierung und Geheimdienst voraus, in denen er jeweils zur Zerstörung oder Herausgabe des Materials aufgefordert wurde, das Edward Snowden dem Guardian übergeben hatte. Der Zeitung wurde im Fall der Weigerung mit juristischen Konsequenzen gedroht. Bei einem Anruf eines Regierungsvertreters habe es geheißen: „Ihr hattet euren Spaß: Jetzt wollen wir das Zeug zurückhaben.“ Rusbridger argumentierte, er könne nicht weiter an der Berichterstattung arbeiten, wenn er sein Material herausgebe. Daraufhin sei er beschieden worden, er habe seine Debatte gehabt und es gebe keinen Grund, weiter darüber zu berichten. Daraufhin erhielt das Londoner Büro des Guardian Besuch von Beamten des Geheimdienstes GCHQ, die im Keller des Gebäudes die Zerstörung von Festplatten erzwangen. Rusbridger beschreibt dies als „einen der bizarrsten Augenblicke in der langen Geschichte des Guardian“.
Die Festsetzung des Lebenspartners von Journalist Greenwald schlägt indessen politische Wellen. Die USA ließen am Montag vom Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, verkünden, die USA seien in den Vorfall nicht involviert, seien jedoch im Vorfeld über die Möglichkeit des Eintretens informiert worden. Brasiliens Außenminister Antonio Patriota erklärte, die zeitweilige Festnahme Mirandas sei ungerechtfertigt gewesen und er werde mit seinem britischen Kollegen über den Vorfall reden. Weiter sagte er: „Wir erleben weiterhin einige Exzesse und Irrwege in der Frage des Kampfes gegen den Terrorismus. Dieser Kampf müsse aber auf den Grundsätzen des Multilateralismus, des internationalen Rechts und der Rationalität basieren.“
Der 28-jährige Brasilianer Miranda war am Sonntag von britischen Sicherheitsagenten neun Stunden festgesetzt und verhört worden ohne die Möglichkeit, einen Anwalt einzuschalten. Die Festsetzung erfolgte aufgrund eines Anti-Terror-Gesetzes namens „Chapter 7“, das die Festnahme ohne richterliche Anordnung und ohne Recht auf anwaltlichen Beistand für bis zu neun Stunden ermöglicht. Die Verweigerung der Aussage in dieser Zeit stellt zudem eine strafbare Handlung dar.