Debian feiert 20. Geburtstag
Die Linux-Distribution Debian feiert morgen ihren 20. Geburtstag. Gefeiert wird im Rahmen der in diesem Jahr in Vaumarcus in der Schweiz stattfindenden jährlichen Entwicklerkonferenz DebConf, die sich über eine Woche hinzieht.
Am 16. August 1993 wurde Debian GNU/Linux, wie es offiziell heißt, von Ian Murdock ins Leben gerufen. Er hatte das Projekt nach seinem und dem Vornamen seiner Freundin Debby benannt. Murdock war mit SLS, einer der ersten damals verfügbaren Distributionen, unzufrieden und startete sein eigenes Projekt, dem er im gleichen Jahr auch das Debian-Manifest hinzufügte, in dem er die Prinzipien darlegte, nach denen Debian entwickelt werden sollte. Er forderte dort „eine offene Entwicklung im Geiste von Linux und GNU“
Frei und offen ist Debian immer geblieben, es ist die einzige der großen Distributionen, die nicht einer Firma angegliedert sind, sondern völlig gemeinschaftlich von derzeit rund 1.000 offiziellen Entwicklern und vielen Tausend weiteren Helfern getragen wird. Das ist Teil von Debians Fluch und Segen: Jeder kann mitmachen und mitbestimmen, alles findet öffentlich und nachvollziehbar statt. In diesen Rahmen fügt sich Debian ein und wird demokratisch geführt mit Anleihen bei der Do-okratie, einer Demokratieform, bei der demjenigen, der mehr leistet, auch mehr Stimmrecht zugestanden wird. Das führt dazu, dass Entscheidungen in Debian oft lange, oft genug auch hitzige Diskussionen vorausgehen, die in kommerziell ausgerichteten Projekten so nicht möglich wären. Ian Murdock wünschte sich deshalb für Debian vor einigen Jahren einen „wohlmeinenden Diktator“, wie Mark Shuttleworth bei Ubuntu, das Murdock jetzt privat nutzt.
Nachdem Murdock 1996 das Projekt verlassen hatte, wird jedes Jahr ein Projektleiter neu gewählt. Dieser hat in etwa die gleichen Befugnisse wie ein deutscher Bundespräsident. Er repräsentiert das Projekt nach Außen und greift nur moderierend ein, wenn es notwendig erscheint. Ansonsten bewegt sich das Projekt entlang des Debian Social Contract, der 1993 erstmals erschien und auch die Debian Free Software Guidelines enthielt (DFSG), die die Kriterien für Software aufstellen, die in Debian aufgenommen wird.
Debian veröffentlicht alle 18 – 24 Monate ein neues Release, diese sind seit der Version 1.1 mit dem Aliasnamen Buzz nach Figuren aus dem Film Toy Story benannt. Derzeit aktuell ist Debian 7.1 Wheezy. Ein Debian-Release findet erst dann statt, wenn die Entwickler völlig damit zufrieden sind, was bedeutet, es könnte auch drei Jahre anstatt 18 Monate dauern. Darauf gründet sich Debians legendärer Ruf der Stabilität, was es schon früh zum Betriebssystem für Server prädestinierte und lange Zeit lediglich einer überschaubaren Gruppe von Anwendern vorenthielt, da bereits die textbasierte Installation viele Neugierige abschreckte, die dann doch lieber das bereits mit einem grafischen Installations-Tool ausgestatteten Suse Linux für ihre ersten Linux-Schritte nutzten.
Die Hinwendung zum Desktop-Nutzer blieb den zahllosen auf Debian basierenden Derivaten vorbehalten, allen voran Knoppix und Ubuntu, aber auch den vielen anderen interessanten Projekten. Diese öffneten Debian in den letzten Jahren in Richtung Benutzerfreundlichkeit und Design. Darüber hinaus fällt eine weitere, mittlerweile in Debian geschätzte Funktion den Derivaten zu: das Testen neuer Entwicklungen. Aufgrund seines langsamen Entwicklungszyklus und dem Fokus auf unbedingter Stabilität gleicht Debian oft einem Faultier, es bewegt sich wenig. Neue Entwicklungen, wie etwa das Dateisystem Btrfs oder das neue Init-System Systemd brauchen oft mehrere Jahre, um in die Hauptdistribution aufgenommen zu werden. Die progressiveren Derivate integrieren Neuheiten recht zeitnah und geben damit den Anwendern die Möglichkeit, Debian zu benutzen und trotzdem an neuen Entwicklungen teilzuhaben.
Debian ist mit seiner Philosophie und Entwicklungsmodell ein lebender und lebendiger Anachronismus, dem weitere 20 Jahre zu wünschen sind. Alles Gute zum Geburtstag, Debian.