Das GNU-Projekt feiert 30. Geburtstag
Heute vor genau 30 Jahren veröffentlichte Richard Stallman erstmals seinen Plan, ein Unix-kompatibles Softwaresystem zu erstellen, das auf den Namen GNU (GNU's not Unix) hören und jedermann frei zur Verfügung stehen sollte, der es zu benutzen weiß. Heute kommt GNU meist in Kombination mit dem Linux-Kernel als GNU/Linux daher.
Richard Stallman (RMS) war seit den frühen 1970ern wissenschaftlicher Mitarbeiter am AI Lab für künstliche Intelligenz am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er und seine Kollegen stellten zunehmend fest, dass die Freiheit beim Austausch von Daten, die sie so sehr schätzten, durch die zunehmende Kommerzialisierung von Unix immer mehr eingeschränkt wurde. Firmen lieferten Software nicht mehr im Quellcode aus, sondern als binäre Dateien und reglementierten ihre Werke mit restriktiven Lizenzen.
Die frühen Jahre
Im Jahr 1983 kündigte Stallman GNU an, ein Jahr später kündigte er seine Stellung am MIT, gründete das GNU-Projekt und verfasste 1985 das GNU-Manifesto. Außerdem postuliert er die vier Freiheiten, die heute noch freie Software definieren. Diese umfassen das Recht, ein Programm zu jedem Zweck auszuführen, zu untersuchen, zu verändern und es auch nach Veränderungen weiter zu verbreiten, um damit einen Nutzen für die Gemeinschaft zu erzeugen.
In dieser Zeit entwickelte Stallman unter anderem GNU Emacs, einen komplexen Texteditor, der scherzhaft oft als eigenes Betriebssystem bezeichnet wird, den GNU Debugger (GDB), den ersten freien plattformübergreifenden C-Compiler, heute als GCC bekannt, sowie verschiedene für eine unixoide Umgebung nötige Werkzeuge. Zudem gründete er 1985 die Free Software Foundation (FSF) als gemeinnützige Organisation zur Förderung freier Software. Die Hauptaufgabe der FSF ist die finanzielle, personelle, technische und juristische Unterstützung des GNU-Projekts. Im Jahr 1989 erstellte Stallman die General PublicLicense (GPL), die heute die am meisten verwendete Softwarelizenz darstellt.
GNU sollte ein vollständiges Betriebssystem werden und nicht nur ein Satz von Programmen und Werkzeugen. Im Jahr 1990 beschloss die FSF, einen Mach-Kernel zur Grundlage für das System zu machen und GNU/Hurd wurde ins Leben gerufen. Der heute immer noch in der Entwicklung befindliche Kernel wird demzufolge gerne als Vaporware bezeichnet, aber derzeit noch bei Debian und Gentoo vorangetrieben. GNU wird heute in der Regel jedoch zusammen mit dem Linux-Kernel genutzt und als GNU/Linux, verkürzt Linux bezeichnet. Es gibt derzeit nur wenige Betriebssysteme, die dem Anspruch von GNU genügen. Dazu gehören beispielsweise gNnewSense, Dynebolic und Blag. Diese schränken dabei produktives Arbeiten in der ein oder anderen Weise ein. Allerdings haben GNU und die FSF auch heutzutage durchaus Einfluss auf bestehende Betriebssysteme. So hat es Debian in einer konzertierten Aktion und nach vielen Diskussionen geschafft, im Jahr 2011 zur Veröffentlichung von Debian 6 „Squeeze“ einen Kernel auszuliefern, der völlig frei von problematischen Firmware-Dateien ist. Diese wurden in separate Pakete ausgelagert und aus dem Haupt-Archiv heraus in den non-free-Bereich der Archive verschoben, welcher standardmäßig nicht aktiviert ist. Außerdem kann jeder Debian-Anwender sich mittels des Programms VRMS anzeigen lassen, wie viel unfreie Software derzeit im System installiert ist.
Auswirkungen von GNU in der heutigen Zeit
Die Idee und die Werkzeuge, die GNU ausmachen, leben bis heute in der Arbeit und dem Einfluss der FSF und in GNU/Linux weiter. RMS selbst, mit vielen Preisen geehrt und oft als zu radikal und völlig abgehoben bezeichnet, geht unbeirrt seinen Weg und nennt die Dinge, so wie er sie sieht, unverblümt beim Namen. Seit Mitte der 1990er Jahre ist er hauptsächlich politisch tätig, als Befürworter und Verfechter von freier Software und als weltweit viel gebuchter charismatischer Redner auf Kongressen und in Politik und Wirtschaft. Er grenzt Freie Software klar gegen Open-Source-Software ab, die nach seiner Meinung zu viele Kompromisse eingeht. Seine klaren Positionen erzeugen Zustimmung wie Ablehnung. So sagte er zum Tod von Steve Jobs: „Ich freue mich nicht darüber, dass er tot ist, aber ich bin froh, dass er weg ist.“ Als Canonical die Desktopsuche in Ubuntu ins Netz ausdehnte und Amazon als Partner ins Boot holte, bezeichnete RMS Ubuntu fortan als Spyware. „Freie Software ist dazu da, schädliche Programme von uns fern zu halten, nicht sie zu installieren“, so sein Kommentar.
Nach 30 Jahren GNU-Projekt und FSF wird beim Nachdenken über deren Geschichte klar, dass es ohne RMS und sein GNU-Projekt eventuell gar keine freie Software gäbe. Richard Stallman bleibt weiter hart in seinen Forderungen und seinem Verständnis freier Software, und das ist gut so – denn oft muss man das fordern, was möglich ist, um zu bekommen, was nötig ist. Gratulation zum bisher Erreichten und auf mindestens weitere 30 Jahre GNU!