Die 42. Greenlight- & Crowdfunding-Woche im Rückblick
Unser regelmäßiger Rückblick fasst die interessantesten Neuheiten rund um Crowdfunding-Projekte und Neuerscheinungen abseits des Videospiele-Mainstreams zusammen. Dieses Mal unter anderem im Fokus: Kreative Größenmanipulation, ein bedrückendes Survival-Adventure sowie eine vielversprechende Augmented-Reality-Plattform.
Scale – Die Größe zählt
2012 enthüllte Steve Swink den ersten Konzept-Prototypen von Scale im Rahmen des IndieCade Programms auf der E3 und erntete dafür positives Medienecho im englischsprachigen Raum. Auf der diesjährigen E3 war der Spieldesigner offiziell überhaupt nicht vertreten, entschied sich aber spontan dazu, sein Spiel zusammen mit einer befreundeten Spiele-Entwicklerin in Guerilla-Manier auf dem eigenen Laptop ohne festen Messestand zu präsentieren. Nun wagt sich Steve Swink mit seiner Spieleschmiede CubeHeart auf Kickstarter, um das innovative Spielkonzept in Zukunft auf PC, Mac und Linux veröffentlichen zu können.
In Scale schlüpft der Spieler in die Rolle einer jungen Physikerin namens Penny Prince, die ein Gerät erfunden hat, das die Größe aus einem Gegenstand „heraussaugen“ und wiederum einem anderen injizieren kann. So lassen sich Bäume, Wände, Gegner, Wolken und sogar die Spielwelt selbst beliebig schrumpfen oder vergrößern. Da Penny in 9.322.591 Fällen von Mord schuldig gesprochen wurde, nachdem sie aus Versehen die Ostküste zerstört hat, beginnt das Spiel mit dem Erwachen in einer Gefängniszelle. Gegen den ausdrücklichen Rat ihres „Rehabilitions-Therapie-Koordinators“, welcher nun in Pennys Gehirn lebt, baut sie hastig aus Ersatzteilen eine neue Scale-Gun zusammen und wagt einen Fluchtversuch, um Freiheit – und ihre konfiszierte Katze – wiederzuerlangen.
Der Spielfortschritt soll dabei so „offen“ gestaltet sein wie bei Super Mario 64 und zur Erkundung der Spielwelt sowie dem Finden von versteckten Geheimnissen anregen. Als Inspiration für den Erkundungsaspekt des Spiels nennt Swink in einem Interview mit Polygon Zelda: Ocarina of Time. So soll der Spieler ein ähnliches Gefühl der Freiheit verspüren, wenn man ihn mit all den Möglichkeiten der Spielwelt-Manipulation auf eben diese loslässt. Es gehe Swink dabei nicht darum, Spieler mit möglichst herausfordernden Puzzles zu überlisten, sondern die Neugier und den Erkundungstrieb zu wecken. Im ersten Kickstarter-Update spricht Swink in Form einer Ingame-Demonstration über den Design-Prozess, Einflüsse anderer Spiele und die Spielmechanik der Scale-Gun:
Zum aktuellen Zeitpunkt sei das in Unity entwickelte Spiel laut Aussage der Entwickler zu 25 bis 30 Prozent fertiggestellt. Das angepeilte Finanzierungsziel liegt bei 87.000 US-Dollar, wovon schon am ersten Tag der Kampagne mehr als ein Viertel gesammelt werden konnte. Das erste Etappenziel liegt bei 100.000 US-Dollar und bringt Unterstützung für die Oculus Rift VR-Brille ins Spiel. Ab einem Betrag von 175.000 US-Dollar wollen die Entwickler einen Level-Editor zum Kreieren eigener Spielwelten zur Verfügung stellen. Unterstützung bei der Realisierung des Projekts erhält Swink unter anderem von Eddy Boxerman, bekannt durch Osmos. Ashly Burch, die ihre Stimme „Tiny Tina“ in Borderlands 2 geliehen hat, vertont in Scale die Protagonistin Penny. Musikalisch untermalt wird das Spiel von Ben Prunty (Faster Than Light, Gravity Ghost) und danny B (Super meat Boy, The Binding of Isaac, Drifter). Auf einen festen Veröffentlichungstermin wollen sich die Entwickler bisher noch nicht festlegen: Man werde das Spiel veröffentlichen, „wenn es gut ist“, was mit den scherzenden Worten „aber wir erwarten, dass es lange vor dem Hitzetod des Universums fertig sein wird“ kommentiert wird. Die Kickstarter-Kampagne läuft noch bis zum 16. November.
Alone – nun auch auf Kickstarter
Im Rückblick der 39. Woche konnte Alone durch den kreativen Einsatz der Oculus Rift VR-Brille die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Greenwood Games hat die Kampagne zum „Horror-Spiel im Horror-Spiel“ nun auf Kickstarter begonnen, wobei eine Summe von 25.000 US-Dollar zur Finanzierung des Spiels angestrebt wird. Während die frei erhältliche Demo eine Spieldauer von nur knapp 10 Minuten aufweist, orientieren sich die Entwickler bei der Vollversion an der durchschnittlichen Länge einer TV-Show-Episode. Eine längere Spieldauer als 45 Minuten auf einer virtuellen Couch sei „für jeden ermüdend“, denn man möchte Spielern eine „unterhaltsame [Spiel-] Erfahrung bieten, die von Anfang bis Ende aufregend bleibt“.
Die Entwicklung der Demo-Version hat laut den Entwicklern nur 3 Wochen gedauert – aufgrund dieser Erfahrung und der geleisteten Vorarbeit zur Vollversion hat sich das Entwicklerstudio einen Zeitrahmen von drei Monaten zur Fertigstellung der Vollversion gesetzt. Greenwood Games möchte die Zeit nutzen, um das Spiel um weitere Inhalte zu erweitern: Ein neues VR-Haus, ein neues „Spiel im Spiel“ und „obendrein tonnenweise neue Schrecken“.
Rogue Legacy – Mac- & Linux-Version veröffentlicht
Rogue Legacy wurde zwar schon Ende Juni dieses Jahres für den PC veröffentlicht, diese Woche folgten nun jedoch nach diversen Verschiebungen die ausstehenden Versionen für Mac- und Linux-Systeme. Rogue Legacy sticht durch eine herausfordernde Mischung aus Jump'n'-Run-, Rogue-like- und Rollenspiel-Elementen hervor und bekam Anfang Juni von Valve grünes Licht. Nach dem Ableben der Spielfigur muss der Spieler sich vor dem nächsten Durchlauf für einen Nachkömmling des verstorbenen Protagonisten entscheiden und spielt fortan diese Spielfigur mit ihren eigenen genetischen Vor- und Nachteilen, die sich auf das Gameplay auswirken. Permadeath und zufällig generierte Level sorgen dabei für immer wieder frische Herausforderungen. Das Spiel ist sowohl bei Steam als auch auf der Webseite des Entwicklers erhältlich, wobei Letzere für europäische Käufer dank Dollar-Wechselkurs günstiger ist.
Raindrop – bedrückendes Survival-Adventure mit großen Ambitionen
Einst als Mod für die Source-Engine konzeptualisiert und wegen technischen und sozialen Rückschlägen wieder eingestellt, wagt sich Raindrop nun in neuem Engine-Gewand auf Kickstarter. Was die Entwickler dabei auf grafischer Ebene aus der Unity3D-Engine rauskitzeln, kann sich wirklich sehen lassen:
Das als Trilogie konzipierte Survival-Adventure möchte Spieler anhand eines „fortschrittlichen“, prozedural-generierten Item-Systems zur Erkundung auch des letzten Winkels der Spielwelt ermutigen: So geben die Entwickler einen Ausblick auf Waffen und Fallen, die sich mittels gefundener Gegenstände in der Werkstatt zusammenbauen lassen und dem Spieler einen Vorteil beim Kontakt mit Gegnern verschaffen sollen. Es wird jedoch ausdrücklich betont, dass es sich dabei nur um eine Möglichkeit handelt und Spieler die Wahl haben, die horrorlastige Storyline des Spiels auch unter Verzicht auf Schussgefechte bestreiten zu können. Komplexe Physik- und Logik-Puzzles sollen für Abwechslung sorgen, während der Spieler sich auf der Suche nach Informationen und Bauplänen durch die gespenstische Umgebung bewegt.
Das Entwicklerduo hinter Raindrop, Nihad Nasupovic und Max Ramirez, möchte bis zum 11. November eine Summe von 144.000 US-Dollar für Chapter 1 der Trilogie sammeln. Von dem Geld sollen unter anderem weitere Mitarbeiter und Auftragnehmer eingestellt werden sowie benötigte Lizenzen und Assets finanziert werden. Das Finanzierungsziel enthält eine Version für PC-, Mac- oder Linux-Systeme und soll bei Erreichen weiterer Etappenziele um Oculus Rift Unterstützung aufgewertet werden. Weitere, nicht näher bezifferte Etappenziele sollen das Spiel ebenfalls um diverse Multiplayer-Modi erweitern.
Wir danken unserem Leser „SonnyRasca“ für den Hinweis zu diesem Projekt!
castAR – All-in-One Lösung für Augmented & Virtual Reality
Im Februar dieses Jahres sorgte die Entlassung einer bekannten Valve Mitarbeiterin für Aufsehen: Jeri Ellsworth wurde nach nur knapp einem Jahr in der Forschungsabteilung zusammen mit weiteren Mitarbeitern ihres letzten Hardware-Projekts entlassen. Im Juli kritisierte sie daraufhin die Firmenstruktur des Videospielekonzerns für seine „pseudo-flache [Management-]Struktur“, wodurch sich die Arbeit wie einer Art Beliebtheitswettbewerb angefühlt hätte und verglich die Zustände mit der High-School.
Das Positive an der Geschichte: Bei ihrer Entlassung überließ Gabe Newell der ehemaligen Valve-Mitarbeiterin die Rechte an ihrem Augmented Reality Projekt castAR, das sich seit dieser Woche nun auch auf Kickstarter befindet und schon innerhalb der ersten drei Tage die geforderte Summe von 400.000 US-Dollar einsammeln konnte.
Hinter dem Namen castAR verbirgt sich eine Augmented Reality Plattform, die mit einem optional erweiterbaren Brillengestell zu einer Virtual Reality Brille umgewandelt werden kann. Kernstück des Systems ist eine Brille, die mit zwei micro-Projektoren ausgestattet ist, welche jeweils mit 120 Hertz Bilder auf eine retro-reflektierende Oberfläche projizieren. In der Brille selbst ist zudem eine Tracking-Camera integriert, die zur Positions- und Blickwinkelbestimmung des Trägers genutzt wird.
Durch die Beschaffenheit der Projektionsfläche reicht laut Aussage der Entwickler schon wenig Licht aus, um eine helle Abbildung zu erzeugen.
Ein RFID-Gitternetz sowie mit RFID-Chips versehene Spielfiguren könnten genutzt werden, um TableTop-Spiele mit Augmented Reality Features zu erweitern, wie die Entwickler in ihrem Kickstarter-Video anhand von Prototypen demonstrieren. Zur Interaktion mit dem Spielfeld kann zusätzlich der „Magic Wand“ getaufte Joystick genutzt werden:
Zusätzlich dazu lässt sich die Brille auch zur Darstellung von Virtual Reality Anwendungen nutzen, indem mittels eines aufsteckbaren Aufsatzes die von den Projektoren erzeugten Bilder direkt auf das Auge zurückgestrahlt werden.
Durch diesen Einsatzzweck steht die Brille in direkter Konkurrenz zu der VR-Lösung von Oculus, wobei sich die castAR-Entwickler gerade in Gesprächen mit anderen Software-Entwicklern befinden, um eine möglichst breite Kompatibilität zu bisher erhältlichen VR-Anwendungen und Software-Umgebungen zu gewährleisten. Ein entsprechendes castAR Development Kit sowie nötige Scripte für die Integration in die Unity-Engine sollen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Ein Starter-Paket ist ab einer Spende von 189 US-Dollar erhältlich und enthält sowohl Brille als auch eine 1m² Projektionsfläche, wobei zusätzliche Komponenten frei hinzugekauft werden können. Das „Pro“-Paket mit Brille, Projektionsfläche, Magic Wand und dem VR-Clip-On ist mit einer Spende von 285 US-Dollar verbunden. Die Kickstarter-Kampagne läuft noch bis zum 14. November. Wer sich zudem für die Entstehungsgeschichte rund um castAR sowie die verschiedenen Prototypen in der Vergangenheit hin zum aktuellen Produkt interessiert, dem sei das folgende knapp 19-minütige Video ans Herz gelegt:
Wir danken unserem Leser „Kingfish“ für den Hinweis zu diesem Kickstarter-Projekt!