EAs Battlefield 4 im Test: Zusammen hui, alleine pfui!
2/4Kampagne und Gameplay
Es bleibt auch mit „Battlefield 4“ löbliche Tradition, dass sich Shooter aus dem sehr auf Action ausgelegten Teil des Militärsegments stets über zwei Aspekte definieren: Eine cineastische Einzelspieler-Kampagne und einen auf Langzeitmotivation und Wettbewerb ausgelegten Multiplayer.
Inhaltlich enttäuschende Kampagne
In ersterer Hinsicht hatten wir für „Battlefield 4“ einige Hoffnungen. Denn während sich „Call of Duty“ über Jahre in der inhaltlichen Verwurstung von allerlei Hollywood-Klischees festgefahren hat und dadurch letzten Endes reichlich beliebig geworden ist, bestand für „Battlefield“ grundsätzlich die Möglichkeit, sich gerade in diesem Punkt vom großen Konkurrenten abzusetzen: Weniger Tamtam, weniger Kriegsgeschrei, weniger Stereotypen, weniger 0815-Wendungen – und dafür mehr Tiefgang, Nachdenklichkeit, ja, vielleicht sogar Realismus.
Die Zeichen dafür standen, zugegebenermaßen, bereits im Vorfeld nicht allzu gut. So gefiel „Battlefield 3“ zwar in puncto Handlung, blieb aber insgesamt doch wieder – genauso wie die Activision-Konkurrenz – in den Standard-Erzählmustern stecken.
Insofern ist es dann nicht sonderlich überraschend, aber doch sehr schade, dass Dice auch für „Battlefield 4“ bei der Hintergrundhandlung wieder auf den 0815-Modus setzt. Da Araber als Antagonistengruppe zuletzt tendenziell überstrapaziert wurden, geht es dieses Mal um die Chinesen. Offenbar reicht das Reich der Mitte aber nicht als Widersacher aus, weswegen auch die Russen ran müssen – klar, dass da definitiv der 3. Weltkrieg droht. Genauso klar ist, dass sich in diesem Krieg eine Gruppe von Marines auf den Weg macht, um allerlei Hintern zu versohlen und sich dem ultimativen Bösen in den Weg zu stellen.
Die Geschichte ist völlig hanebüchen, stellt aber auch wirklich nur den allgemeinen Rahmen für die Abtenteuer eines „Tombstone“ genannten Marine-Squads dar: In China herrscht der Ausnahmezustand, wobei ein umtriebiger General namens Chang (ja, wirklich, Chang!) die Gunst der Stunde genutzt und sich kurzerhand an die Spitze des Staates geputscht hat. Allerdings stellt sich schon in den ersten Spielminuten heraus, dass Chang nicht alleine agiert: Was haben die Russen mit der Sache zu tun? Ganz offensichtlich agiert Chang nicht alleine, als er auch noch die US-Flotte im chinesischen Meer anfällt und damit den 3. Weltkrieg provoziert.
Dieser ohnehin schon fragwürdige inhaltliche Rahmen wird von den Entwicklern über weite Strecken kaum weiter erklärt, sodass sich der Spieler immer selbst einen Reim auf die Geschehnisse und Hintergründe machen darf. In dieser Hinsicht hinkt „Battlefield 4“ überraschend selbst älteren „Call of Duty“-Ausgaben hinterher: Statt den absurd fiktiven Plot wenigstens auszuspielen, dient er einfach nur als überwiegend diffuse Folie, vor der der Spieler als Squad-Leader zahlreiche Gegner um die Ecke bringt. Kein Wunder also, dass der eigentliche Bösewicht Chang und seine Verstrickungen mit „Big Bad Russia“ erst gegen Ende der sechs- bis achtstündigen Spielzeit überhaupt ein wenig Relevanz erfährt.
Im negativen Sinn überraschend ist auch, dass die Erzähler nicht einmal in den selbstgesetzten engen Grenzen aus „wir folgen einfach mal dem Squad“ richtig punkten können. Um nicht zu viel zu verraten, dürfen keine konkreten Beispiele angeführt werden, aber viele eingeführte inhaltliche Aspekte, die hinterher als vermeintliches Überraschungsmoment aufgelöst werden, riechen schon im Moment ihrer Einführung bereits nach Wendungsankern. Dies liegt nicht mal so sehr daran, dass die Handlung als solche durchschaubar wäre, sondern ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass Dice die Protagonisten viel zu viel, ja eigentlich ständig plappern lässt.
Dabei merkt man „Battlefield 4“ durchaus an, dass die Entwickler auf manche Kritikpunkte am Vorgänger eingehen wollten. So wird zumindest der Versuch deutlich, das zentrale „Tombstone“-Squad um den – natürlichen stummen – Protagonisten Daniel „Reck“ Recker persönlicher zu zeichnen. Das ist löblich, gelingt allerdings nur mäßig, weil auch hier wieder alle gängigen Stereotype ausgereizt werden: Da ist der super-harte, aufrichtige Kimble „Irish“ Graves, der schon mal auf die Befehlskette scheißt, wenn es um Zivilisten geht. Und da ist der super-weiche, aber technisch, medizinisch und sozial sehr begabte Clayton „Pac“ Pakowski, der stets zu vermitteln versucht. Und da ist zwischendurch die mysteriöse Hannah, die eine Zivilistin zu sein scheint, aber zumindest kurzzeitig mehr als gekonnt als Marine agiert.
Vor allem den ersten beiden Charakteren merkt man sofort an, dass sie den Spieler rühren sollen, indem immer wieder suggeriert wird: Diese Einheit besteht aus mehr als zwei Wing-Leuten für den Spieler. Das Problem dabei ist nur, dass wir Irish und Pac ihre Rolle kaum abkaufen, weil sie so übertrieben dargestellt werden: Irish ist der ultimative Draufgänger, Pac für Spec-Ops-Verhältnisse das ultimative nachdenkliche Weichei.
Wirklich absurd ist schließlich, dass der Spieler schon nach 30 Spielminuten ganz offiziell zum Squad Leader auserkoren wird, von einer Ausnahme abgesehen aber faktisch keine Entscheidungen zu treffen hat. Das der Protagonist obendrein auch noch stumm ist, kann einen richtig aufregen: Die Truppe streitet bezüglich der weiteren Vorgehensweise? Über das Verhalten eines CIA-Agenten? Ob man ertrinkende Kameraden retten oder die Mission weiterverfolgen sollte? Alles völlig irrelevant, denn ganz gleich, was der Spieler denkt oder fühlt: das Script hat längst entschieden, wie es weiterläuft, und wird Hecker bzw. den Spieler nicht mal vordergründig dazu anhören. Hecker ist somit ein Anführer, der nie etwas sagt und festlegt, weswegen wir laut lachen mussten, als Irish uns nach dem Ausfall eines CIA-Agenten erklärte: „Jetzt gibst du hier wieder die Befehle.“
Und auch auf dem Schlachtfeld scheint der Protagonist eher der Laufbursche zu sein: Eine Tür muss geöffnet werden? Ein Hubschrauber muss abgeschossen werden? Ein Panzer muss gefahren, ein Boot gesteuert, eine gegnerische Einheit ausgeschaltet werden? Immer werden Irish und Pac ihren Anführer losschicken, um die Sache zu erledigen. Der Hintergrund ist dabei klar: Dice will dem Spieler alle Zügel in die Hand geben. Absurd und damit der Atmosphäre nicht zuträglich ist es aber schon, wenn der schweigende Boss auf dem Schlachtfeld quasi eine Ein-Mann-Show abliefert.
Bewegung beim Gameplay
Ein paar Befehlsmöglichkeiten hätten also nicht geschadet und hätten den Arcade-Flair nicht zerstört. Dass dies prinzipiell möglich ist, zeigt eine Neuerung beim Gameplay: Per Tastendruck lässt sich ein Areal taktisch analysieren, wobei Gegner markiert werden. Diese Gegner kann der Spieler dann per erneutem Tastendruck von seinen Mitstreitern angreifen lassen, was in brenzligen Momenten sogar richtig lohnenswert sein kann. Damit Hecker sich aber nicht im Taktikerstuhl zurücklehnt, hat die – sehr rudimentäre Funktion – eine Aufladezeit.
Doch auch in anderer Hinsicht merkt man „Battlefield 4“ an, dass Dice im Einzelspieler nicht völlig daneben gehauen hat. Dies gilt aber, wohlgemerkt, durchgängig für die Spielmechaniken und nicht für die Inhalte. Positiv ist uns zum Beispiel aufgefallen, dass die gelegentlich angebotenen Schleichpassagen – von immer gleichen Animationen beim Messerangriff abgesehen – überraschend spaßig und zugleich fordernd ausfallen.
Löblich ist auch, dass Dice immer mal wieder auf vergleichsweise große, offene Areale setzt. Die extreme, von Call of Duty herrührende Fokussierung auf von Trigger-Events unterbrochene Schlauchlevel wird hier von Zeit zu Zeit aufgebrochen, wobei es dem Spieler überlassen ist, wie er von A nach B gelangen möchte. Das ist gut so, allerdings könnte der Anteil dieser Missionsabschnitte gerne deutlich größer sein, auch wenn Dice dafür vielleicht etwas an erzählerischer Stringenz einbüßen würde.
Wiederum eingeschränkt wird dieser positive Effekt durch die Güte der künstlichen Intelligenz (KI). In dieser Hinsicht setzt Dice auf das CoD-Prinzip und damit auf Masse statt Klasse: Eine durchweg dumme KI setzt den Spieler hier nur deswegen unter Druck, weil sie in riesiger Stückzahl und in vielen Wellen über einen herfällt. Auf diesem Wege übertünchen die Entwickler, dass die KI-Kompetenz äußerst gering ist. Allerdings wird dem Spieler die Dummheit der Gegner trotzdem immer wieder unangenehm bewusst: Wenn chinesische Soldaten in den Himmel starren, sich auf der falschen Seite einer Deckung verstecken oder blindlings an einem vorbeilaufen, ist klar, dass die Atmosphäre leidet. Die schlechte KI hat sich im Vergleich zum Genre-Standard nicht verändert.
Und auch an anderer Stelle hat der Spieler es mit dem Status quo zu tun, was in diesem Fall allerdings in Ordnung geht: Er schießt sich mit allerlei Maschinen- und Scharfschützengewehren, Schrotflinten und Boden-Boden- und Boden-Luft-Raketen durch die Gegend, verwendet „Gadgets“ wie Granaten, Personen- und Panzermine und C4 und steuert allerlei Gefährte wie Boote, Jeeps und Panzer durch Shanghai, das Chinesische Meer und ein chinesisches Gebirge. All das ist erwartungsgemäß solide bombastisch, wobei die krachende Hollywood-Action aber nicht über die inhaltlichen Schwächen der Kampagne hinwegtäuschen kann.
Neu ist dabei schließlich, dass das Vorgehen des Spielers vom Spiel analysiert wird. „Multikills“, Kopfschüsse und Co. summieren sich in einer Wertung, die nicht nur verglichen werden kann, sondern Stück für Stück das umfangreiche Waffenarsenal freischaltet. Dieses Arsenal kann über regelmäßig verteilte Kisten ständig angepasst werden, was zum umfassenden Ausprobieren der unterschiedlichen Kaliber einlädt.