Kindle Paperwhite 2 im Test: Gute Technik im goldenen Käfig
4/5Bedienung und Lesen
Auch wenn der Kindle Paperwhite 2 sich äußerlich kaum von seinem Vorgänger unterscheidet, hat sich unter der Oberfläche einiges getan. So wurde die alte CPU mit einem Takt von 800 Megahertz von einem neuen Prozessor mit einem Gigahertz Taktrate abgelöst. Das aktuelle Display verfügt mit 758 × 1.024 Bildpunkten und sechs Zoll zwar über die gleiche Auflösung und Größe wie der Vorgänger, durch die neue Carta-Technologie, welche im Paperwhite 2 erstmals verbaut wird, soll der Kontrast gegenüber der vorangegangenen Pearl-Technik jedoch noch einmal um rund 50 Prozent steigen. In der Realität ist dieser Wert im direkten Vergleich mit dem Vorgänger zwar sichtbar von dem vollmundigen Versprechen entfernt, trotzdem weiß das neue Display zu überzeugen. Auch bei der Beleuchtung hat Amazon deutlich nachgebessert. Beim aktuellen Modell wird diese nach wie vor über vier am unteren Bildschirmrand angebrachte LEDs realisiert, Lichthöfe und Schattenbildungen, mit denen die erste Generation noch zu kämpfen hatte, gehören jedoch der Vergangenheit an. Die Beleuchtung fällt mit bis zu 90 Candela pro Quadratmeter angenehm hell aus, auch wenn E-Book-Reader wie der Kobo Aura HD etwas heller sind. Die hohe Leuchtkraft beschert dem Paperwhite 2 in unseren Messungen einen Kontrastwert von 16:1. Durch den verbesserten Reflexionsgrad sind Bücher zudem auch ohne aktive Beleuchtung deutlich besser zu lesen.
Neben der neuen Carta-Technologie beherbergt der Paperwhite 2 auch E-Inks neue Technik „Regal“, mit welcher Farbpigmente vorheriger Seiten besser entfernt und die Intervalle zwischen den Invertierungen vergrößert werden sollen – soweit die Theorie. In der Praxis bringt die Technik zwar eine deutliche Verbesserung mit sich, Ghosting lässt sich dennoch weiterhin nicht ausschließen – auch bei der Invertierung mit jedem Seitenwechsel. Zu sehen ist dies beim Paperwhite 2 besonders in der Statusleiste, bei welcher oftmals vorherige Informationen noch lange durchscheinen, aber auch bei größeren dunklen Flächen sind oftmals Reste der vorangegangenen Seite erkennbar. Bei normaler Schriftdarstellung auf hellem Hintergrund konnten wir hingegen keine Probleme feststellen.
Die Schrift des neuen Kindle ist in allen Lagen sehr gut zu lesen und weist keinerlei Fransen auf. Bei den Schriftanpassungen hält sich Amazon hingegen stark zurück. Neben der Verleger-Schriftart können lediglich sechs Schriften in acht Größen vom Benutzer frei gewählt werden. Darüber hinaus ist jeweils eine Einstellung des Zeilenabstands und der Seitenränder in drei festgelegten Abständen möglich. Kobo bietet mit seiner Aura-Serie neben einer größeren Anzahl von Schriftarten und Schriftgrößen und der freien Wahl von Zeilen- und Seitenabständen zusätzlich Einstellungen zur Stärke und Schärfe der verwendeten Schriften an. Zudem vermissen wir eine automatische Silbentrennung und eine Anpassung der Textausrichtung.
Beim Seitenaufbau wird der neue Prozessor des Paperwhite 2 deutlich, der Seitenwechsel erfolgt sichtbar schneller gegenüber dem Vorgänger, Menü-Wechsel oder Veränderungen der Schrift werden ebenfalls zügiger umgesetzt. Ein Unterschied in der Geschwindigkeit bei einem Seitenwechsel mit und ohne Invertierung ist höchstens messbar, ansonsten jedoch lediglich durch das kurze Schwärzen der Seite erkennbar. Erfreulich ist auch die Reaktion des Displays und des Touchscreens: Gesten werden genau aufgenommen und zügig vom Display umgesetzt, Wartezeiten treten nur höchst selten auf.
PDF-Dokumente lassen sich dank des besseren Prozessors schneller öffnen, auch das Zoomen und Scrollen geht zügig von der Hand, auf ein PDF-Reflow muss der Nutzer dennoch weiterhin verzichten. Der Kindle Paperwhite stellt alle getesteten Bücher korrekt dar. Lediglich bei einigen Bilderbüchern, welche nur im Landscape-Modus angezeigt werden, traten Probleme auf. Trotz Kindle-Edition stellte der Reader nur einen Ausschnitt der jeweiligen Seite dar.
Neben der technischen Seite bietet der Paperwhite 2 eine große Anzahl an nützlichen Werkzeugen: Mit dem Markieren eines Worten durch einen langen Druck öffnet sich ein Fenster mit dem dazugehörigen Eintrag im integrierten Wörterbuch, gleichzeitig werden dem Leser Einträge von Wikipedia angeboten. Wörter oder ganze Textstellen können mit Notizen versehen werden, welche anschießend durch eine hochgestellte Zahl im Text gekennzeichnet sind und, wie schon von früheren Kindle-Geräten gewohnt, mit dem Amazon-Konto synchronisiert werden. Zusätzlich lassen sich ausgewählte Wörter oder ganze Textstellen in bis zu 15 Sprachen übersetzen, markierte Wörter fungieren zudem als Vokabeltrainer. Neu ist das sogenannte „Pageflip“, bei welchem sich eine kleinere Buchseite über die aktuell dargestellte Seite legt, mit derer das Buch ohne ein Verlassen der gerade gelesenen Seite durchsucht werden kann. Dies ist besonders hilfreich, um im Bedarfsfall Inhalte vorheriger Seiten noch einmal nachschlagen zu können.
Fortschrittlich dürfen auch die Möglichkeiten der Kindersicherung bezeichnet werden. Neben des Schutzes des gesamten Kindle durch ein Passwort können auch gezielt der Webbrowser, der Kindle-Shop und auch die Cloud vor Kindern verborgen werden. Deaktiviert der Nutzer einen dieser Punkte, wird nach einem Passwort gefragt, mit welchem die Bereiche später wieder aktiviert werden können und welches bei jeder Deaktivierung von Neuem eingegeben werden muss. Dies mag im ersten Moment umständlich erscheinen, lässt aber die Möglichkeit zu, das Passwort bei Bedarf schnell wechseln zu können. Erfreulich ist zudem, dass bei einer Deaktivierung des Kindle-Shops keine Kauf-Empfehlungen auf der Hauptseite ausgegeben werden.