„Mafialeaks“ als neuer Antagonist zur Omertà
Italienische Informatiker wollen mit einer neuen Plattform die organisierte Kriminalität in ihrem Lande an einer strategischen Schwachstelle treffen und so den althergebrachten und stets mit radikalen Mitteln durchgesetzten Schweigekodex „Omertà“ aushebeln.
Zu diesem Zwecke haben sie das Portal mafialeaks.org ins Leben gerufen, welches die anonyme Bereitstellung von Informationen und Beweismaterial gegen mafiöse Umtriebe zum Ziel hat. So soll es ab 14 Uhr des heutigen Tages möglich sein, Audio- und Videodateien ebenso wie Bilder oder Dokumente hochzuladen, mit denen beispielsweise – in Teilen Italiens nicht unübliche – Erpressungen belegt werden können. Dieses Angebot zielt einerseits auf Verbrechensopfer, andererseits aber auch auf Informanten aus den Mafia-Clans ab. Daneben besteht die Möglichkeit, bestimmte Beobachtungen, die Bürger gemacht haben, weiterzuleiten, auch wenn dafür keine Beweise vorgelegt werden können.
Die dahinterstehenden Personen wollen mit der Plattform, die sie laut eigenen Angaben gegenüber der Zeitung „La Republica“ in ihrer Freizeit und mit eigenen Mitteln betreiben, eine Brückenfunktion zwischen Opfern und mitteilungswilligen Insidern einerseits und Strafverfolgungsbehörden sowie Presse andererseits einnehmen. Unter anderen durch die Nutzung des TOR-Netzwerks oder auch des https-Protokolls soll die Sicherheit und Anonymität der Whistleblower – auch gegenüber der Seite selbst – gewahrt werden.
Dass die Sicherheit der Informanten der neuralgische Punkt des Konzepts ist, ist naheliegend, denn die organisierte Kriminalität in Italien hat sich, wie bereits eingangs angeschnitten, noch nie erkennbarer Zimperlichkeit hingegeben, wenn es um das Sanktionieren von Brüchen des Schweigegebotes ging. Da die mafiösen Gruppen sich zudem auch gegen solche Akte des zivilen Widerstandes 'wehren' – sei es mit der Androhung oder der Durchführung von Gewalt –, ziehen es die Schöpfer von mafialeaks.org vor, im Dunkeln zu verbleiben, zumal sie Familien haben.
In einer ersten Reaktion der italienischen Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft wurde die Einrichtung der Seite zwar mit Hinblick auf das Missbrauchspotenzial durch falsche Beschuldigungen nicht gerade überschwänglich begrüßt, jedoch kann man sich dort vorstellen, dass daraus ein gutes Instrument zur Durchbrechung der Omertà werden kann.