NSA: Kaum Zugeständnisse bei „No-Spy“-Abkommen
Als Antwort auf die NSA-Überwachung setzt die Bundesregierung auf ein „No-Spy“-Abkommen, um die Spionage von US-Geheimdiensten in Deutschland zu unterbinden. Doch die US-Administration hat trotz der Empörung um die Handy-Spionage gegen Kanzlerin Merkel offenbar kein allzu großes Interesse an einer solchen Vereinbarung.
Für die NSA wäre lediglich eine vage Übereinkunft mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) denkbar, berichtet der Spiegel in der aktuellen Ausgabe. In der letzten Woche sind Vertreter der Bundesregierung und der deutschen Geheimdienste nach Washington gereist, um über das Abkommen zu verhandeln. Bislang existiere aber nur ein Arbeitspapier mit dem Titel „Kooperationsvereinbarung“, das zunächst die Themen behandelt, bei denen NSA und BND eng zusammenarbeiten wollen – dazu zählen etwa Terrorabwehr, Waffenschmuggel, Menschenhandel und Cyber-Kriminalität.
Der Abschnitt des Papiers, der sich um den gegenseitigen Verzicht von Spionage-Operationen dreht, ist laut Spiegel deutlich sperriger verfasst. Offenbar erhält die deutsche Verhandlungsdelegation nur wenig Spielraum, weil die US-Vertreter vermeiden wollen, dass Zugeständnisse an den BND als Schuldeingeständnis gewertet werden. Außerdem befürchtet man, dass mit einem verbindlichen „No-Spy“-Abkommen der Druck von anderen Staaten steigt, ebenfalls eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen. Nun sollen NSA und BND in den kommenden Wochen den genauen Wortlaut des Abkommens festlegen.
Obwohl der Bericht eher ernüchternd klingt, hat der Spiegel aus deutschen Sicherheitskreisen erfahren, die US-Administration sei „zu einer neuen Art der Zusammenarbeit“ bereit – was das konkret bedeutet, bleibt unklar. Offiziell hält sich die Bundesregierung bezüglich des Abkommens bedeckt. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Freitag, für deutsche Bürger müsse es „klar sein, dass der Datenschutz, der Schutz ihrer Privatheit auch wirklich gilt“. Das soll sowohl für deutsche Geheimdienste als auch die Dienste anderer Staaten gelten.
Darüber hinaus ist bislang durchgesickert, dass die deutschen Verhandlungsteilnehmer fordern, die US-Administration müsse die Spionage gegen Regierung, Behörden und diplomatischen Vertretungen einstellen. Außerdem soll nicht ohne Anlass spioniert werden, sofern die Überwachung nicht auf die zuvor vereinbarten Themen wie Terrorismus oder Waffenhandel abzielt.
Bevölkerung ist skeptisch
Was das Abkommen nun gegenüber dem Status Quo konkret ändern soll, bleibt aber nach wie vor unklar. Ein Großteil der deutschen Bevölkerung hält es ohnehin für einen Papiertiger, wie aus einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends hervorgeht. In dieser teilten 92 Prozent die Ansicht, dass US-Geheimdienste die Spionage-Aktivitäten trotz solch eines Abkommens nicht einstellen würden. Das Ergebnis steht beispielhaft für das im Zuge des NSA-Skandals gewachsene Misstrauen gegenüber der US-Administration.
Lediglich 35 Prozent der Befragten halten die USA noch für einen verlässlichen Partner – im November 2009 waren es noch 76 Prozent. So niedrige Zustimmung erhielt eine US-Regierung zuletzt in der Ära von US-Präsident George W. Bush. Ähnlich sieht es bei den Briten aus, die mittlerweile nur noch von 50 Prozent als verlässlichen Partner bewerten. Derweil wird Frankreich von 80 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig eingestuft.
Bestätigt werden die Ergebnisse vom Politbarometer des ZDF. Laut dieser Umfrage vertreten 61 Prozent der Deutschen die Ansicht, dass infolge der NSA-Enthüllungen das Verhältnis zu den USA „stark“ oder „sehr stark“ belastet sei. Allerdings geht mit 81 Prozent auch eine deutliche Mehrheit davon aus, dass deutsche Geheimdienste wie die NSA von befreundeten Staaten Telefonate abhören und Kommunikationsdaten sammeln.
Generell scheint die NSA-Überwachung in der öffentlichen Wahrnehmung an Bedeutung gewonnen zu haben. Laut dem ZDF-Politbarometer halten mittlerweile 74 Prozent der Bundesbürger das Thema für „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Offenbar fühlt sich aber nach wie vor nur eine Minderheit von den Geheimdienstaktivitäten persönlich betroffen. Darauf lässt zumindest der ARD-Deutschlandtrend schließen: Auf die Frage, ob sie infolge der Enthüllungen am Telefon und in E-Mails vorsichtiger geworden sind, antworteten 90 Prozent mit „Nein“.