Konsolen 2013 im Überblick: Alleskönner in exklusiven Ökosystemen
5/6x86: Steam Machines
Auch der PC, Bastion der ursprünglichen „Spieler“, bewegt sich in die Richtung des nunmehr aktualisierten Konzepts einer ungewohnt flexiblen Medienkonsole. Die von Valve vorgestellte Steam Machine („Steam Box“) sowie das dahinter stehende Konzept entpuppt sich als weitere x86-Konsole mit dem linuxbasierten Steam OS.
Valve versucht hier, die besten Eigenschaften von PC und klassischer Konsole zu kombinieren. Dazu kapitalisiert die Steam Machine das Steam-Ökosystem, welches mit dem Big Picture Mode schon jetzt eine XBMC-ähnliche Oberfläche für Gamepad-Nutzer anbietet, die zur Standardoberfläche des neuen Betriebssystems wird und derzeit noch vor allem Spiele in den Vordergrund rückt. Der Desktop-Modus wird als Fallback-Modus sowie für Bastler im Hintergrund gehalten. Valve wird hier darauf bauen, dass „normale“ Nutzer durch ein Rundum-Sorglos-Paket mit irgendwann komplettiertem Medienangebot keinen Grund sehen, Steam zu verlassen. Die Linux-GUI wird durch ihren im Vergleich mit Windows-Rechnern ungewohnten Anblick somit zur Barriere für Casuals wie zum Anreiz für versierte Nutzer gleichermaßen.
Was von der versprochenen, offenen Linux-Zukunft des Spielens auf einer Steam-Konsole langfristig bleibt, muss sich daher erst noch herausstellen. Schließlich existieren viele Möglichkeiten, die theoretische Offenheit eines Systems im praktischen Einsatz auf sanfte Weise irrelevant werden zu lassen – etwa indem Nutzern kein Grund gegeben wird, die Steam-Oberfläche zu verlassen. In jedem Fall treffen hier die extremeren Konfigurationen des Spielens – einfach casual, klassisch hardcore – auf offene Software.
Der PC ist tot, hängt am Tropf der Konsolen – aber länger lebt er dennoch. Grundlage der Konsole ist Hardware von der Stange, die in gleicher Form im Handel gekauft werden kann. Das ermöglicht es, die Technik nach eigenen Ansprüchen und Wünschen zu kaufen: Einen APU-basierten Rechner für die auf Linux ohnehin überproportional vertretenen Indie-Spiele, das High-End-Monster für Blockbuster mit maximaler Kantenglättung oder alles dazwischen. Die fragmentierte Hardware-Basis behindert zwar allzu starke Optimierungen, nimmt aber dennoch den Leistungsvorteil von Linux mit. Gegenüber Tablets und anderen Konsolen bleibt die Möglichkeit, Auflösung und Details anzupassen. Zudem hat Valve einen neuen Controller entwickelt, der dank Touchpads Präzision und Geschwindigkeit einer Maus ersetzen soll und selbst Strategiespiele wie Civilization unkompliziert beherrschbar auf den Fernseher bringt. Steam Machines werden jedoch die Wahl des Eingabegerätes nicht einschränken, was sie so flexibel wie Android-Modelle mit Bluetooth-Peripherie macht. Dennoch öffnet der Steam-Controller das Spiele-Angebot des PCs für die Wohnzimmernutzung, die gewohnheitsmäßig mit dem Gamepad erfolgt.
Kleine Einschränkungen sind durch die Wahl von Steam als prominenter, primärer Vertriebsplattform sowie Linux als Softwarebasis gegeben, die aktuell bereits mehr als 400 Spiele bereitstellen. Um die Kompatibilität auch zu älteren Titeln zu erhöhen, wird aber bereits an einem Streaming-Modus zwischen Steam auf dem Desktop und dem Linux-Betriebssystem sowie unprätentiös an einem Verleihmodus für Spiele gearbeitet, den Microsoft für die Xbox One zwar geplant, aber zumindest für die nähere Zukunft wieder verworfen hat.
Die konkrete Umsetzung der Endgeräte wird OEM-Partnern überlassen, Valve fertigt lediglich den Controller und programmiert das Betriebssystem. Gerade Valve scheint insofern die klassische Zielgruppe „der Spieler“ tatsächlich am ehesten zu bedienen. Zwar winkt darüber hinaus keine Gestensteuerung, dafür aber Virtual-Reality-Hardware in der Hinterhand. Die flexible Hardware bringt dabei den Grafikvorteil des Heimrechners sowie dessen laientauglich umgesetzte Mod-Unterstützung über den Steam-Workshop ins Wohnzimmer. Linux wird ein abstrakter Begriff im Hintergrund. Das System fühlt sich schlicht nicht an wie ein PC und könnte gerade deshalb dessen Platz im Spieler-Pantheon langfristig sichern.
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Zerlegte Steam Box (Bild: ifixit.com)
Valve vereinfacht insofern ebenfalls, wenngleich das Unternehmen den klassischen PC und nicht die klassische Konsole als Ausgangsbasis heranzieht. Allerdings agiert das Unternehmen nicht zwangsläufig im Alleingang, denn Microsoft möchte (einmal mehr) den PC als Plattform für die Kernzielgruppe beleben. Dieses mal stehen die Chancen deutlich besser, sollen doch Inhalte weniger exklusiv für die Xbox, sondern stärker exklusiv für das eigene Ökosystem ab Windows Version 8 erscheinen und damit für alles, was Kacheln hat. Der PC wird auf diese Weise nicht zur Konsole aber zumindest belebt, gerade wenn Kinect 2.0 im nächsten Jahr die Heimrechner erreicht.
Nintendo: Wii U
In dieser Aufzählung fehlt nun nur noch eine Konsole: Nintendos Wii U. Diesem „Next Gen“-Ableger wird derzeit mangels zugkräftiger Spiele sowie der abflachenden Unterstützung durch große Publisher nur noch geringe Erfolgsaussichten eingeräumt. Nintendos letzter Streich macht wenig Anstalten, einem Nischendasein am Rande der Aufmerksamkeit zu entfliehen. Die Wii U verbindet die Idee von PlayStation-Konsole und Vita in einem Gerät. Hier hat der Controller einen rund sechs Zoll großen Touchscreen, der bei Bedarf als zweites oder – abhängig vom Spiel – auch primäres Display agiert, aber ebenso für kooperatives Spiel mit zwei Nutzern genutzt werden kann.
Auch dieses Konzept vereinfacht die Zugänglichkeit und Bedienung der Konsole durch das von mobilen Endgeräten vertraute Umfeld. Die Spielerfahrung kann zudem durch die Ver- oder Einbindung beider Displays kooperativ oder kompetitiv deutlich belebt werden. Soziales Spielen interpretiert Nintendo als einfach zugänglichen, familiären Spaß für alle Altersgruppen, älteren Nutzern wird vorrangig praktisches wie das Fitness-Training angeboten. Damit ist Nintendo der einzige Anbieter, welcher ältere Menschen tatsächlich als eigene Zielgruppe betrachtet.
Als einziges Next-Gen-Gerät wirbt die Konsole außerdem mit voller Abwärtskompatibilität zum Vorgängergerät, der Wii, und dessen Eingabegeräten. Entsprechend textet das Unternehmen Sätze wie „Bringt alle zusammen“ und bewirbt die Wii U als Sportgerät und als „Entertainment Erfahrung“ mit sozialen Netzwerken, Chat und Internet nebst Diensten von unter anderem Amazon, Youtube, Hulu und Netflix. TVii, das Namensmonster, stellt Fernsehmagazin mit On-Demand-Dienst und Universalfernbedienung bereit. Wie Shield hat Nintendo ein Cross-Over-Gerät erdacht, das Tablet und Konsole funktional miteinander verbindet, aber als miteinander fest verwobenes Komplettpaket anbietet.