Konsolen 2013 im Überblick: Alleskönner in exklusiven Ökosystemen

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Max Doll
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Die Zukunft

Bei all der Vielfalt und Veränderung muss sich der Kunde in erster Linie klar machen, was er will und welche Abstriche er in Kauf zu nehmen bereit ist. Einen klassischen Max Mustermann, „den Spieler“, gibt es Ende 2013 ebenso wenig wie eine Konsole für alle Ansprüche.

Spiele sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, womit sich gleichzeitig das Spielen selbst verändert hat. Viele Spiele, ob Triple-A oder Indie/Mobile-Casual, lassen sich in kleinen Happen zwischendurch konsumieren. Frank Gibeau von Electronic Arts bringt die Relevanz prägnant auf den Punkt:

Wenn du 10 Minuten Zeit hast, wirst du nicht fünf Seiten in einem Buch lesen oder fünf Minuten von „The Avengers“ schauen. Du wirst dich mit Spielen beschäftigen.

Die Anzahl der Plattformen passt sich der vergrößerten und damit heterogeneren Zielgruppe an. Spielen für alle, überall und in jeder Preisklasse mit nahtlosem Übergangen zwischen Wohnzimmer, jedem anderen Ort und verschiedenen Abstufungen bei Tiefgang und Anforderung: Das ist das Motto der nächsten Generation – aber nur als Option in einen breiten Unterhaltungsangebot.

Konsolen 2013 im Überblick

Klassische Spielekonsolen, unabhängig der vielfältigen Beteuerungen eines jeden Anbieters, hat spätestens jetzt niemand mehr im Portfolio. Die Kerngruppe der alteingesessenen Nutzer der Pionierzeit, vor oder kurz nach der Jahrtausendwende, gehört schon lange nicht mehr zu den Schrittmachern der Branche, ihre Wünsche nicht mehr zu dem, was Verkaufserfolg garantiert oder von großen Publishern mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht wird. Die von dieser Gruppe so stark und ausdauernd beklagte, ungebrochene Casual-Welle, deren Schaumkrone letztlich das „in/out-10-Minuten Free-to-Play-Konzept“ bildet, zeigt deutlich: die Branche hat den dunklen Außenseiter-Keller verlassen, die nächste Generation trägt dem in jeder Hinsicht Rechnung.

Während das Angebot immer weiter ausgreift, wächst die Zielgruppe stetig an. Die Zielgruppe spielt und konsumiert jedoch anders: Sie will sich weder lange einarbeiten noch komplexe Mechaniken erleben. Spiele werden einfacher, Hardware wird flexibler und zugänglicher. Offenheit und Zugänglichkeit sind längst durch die Bank weg Leitbegriffe geworden, mit denen sich eine weitaus größere Zielgruppe erschließen lässt. Kinect und Co. sind letztlich auch eine Reaktion auf die Notwendigkeit zur einfacheren Nutzereingaben, denn Maus und Tastatur sind, auf die Gesamtbevölkerung verteilt, keine gängigen oder gar intuitiven Geräte – der massive Erfolg der Touchscreens sowie von Nintendos Wii unterstreichen diese Aussage.

Laut einer aktuellen PISA-Studie (PDF, S.38f) können 12,6 Prozent der Bevölkerung nicht mit einer Maus umgehen. Die Quote, die dies nur ungern tut oder schlecht beherrscht, dürfte dagegen weitaus höher liegen. In Abgrenzung zu den „digital natives“ werden die „digital immigrants“ oder „digital tourists“ nicht nur wichtiger, sie setzen die künftigen Trends vom Tablet aus. Ob nun die Systeme wie Ouya oder Mojo günstiger werden und mit bekannten Umgebungen locken, oder die Eingabe-Formate zugänglicher, spielt keine Rolle. Hinter allen spieletauglichen Geräten steckt deshalb der Gedanke, neben Spiele-Snacks „Rundum-Enter-Info-tainment“ anzubieten. Das Konzept dafür vom Aufgabenbereich bis hin zum begrenzten Multitasking mit steter Konnektivität in der gewünschten Gruppe wird der Heimat dieser Käuferschicht, dem Tablet oder Smartphone, entnommen – nicht dem PC oder der Spielkonsole.

Es gilt nicht mehr zwischen Spiel- sondern zwischen Medienkonsolen zu wählen, die unterschiedlich große Schwerpunkte auf Spiele legen. Casualisierung wird durch das diversifizierte Nutzungsspektrum der breiten Masse zum Triebfaktor der Entwicklung. Spiele, Soziale Netzwerke und Medien verschmelzen durch das Anwenderverhalten dieser Masse zu einer Trinität, die sich längst nicht mehr klar trennen lässt. Lediglich die spezialisierten Handhelds von Sony und Nintendo zielen vergleichsweise deutlich auf Spiele als primären Aufgabenbereich, integrieren aber mittlerweile ebenfalls eine Medien-Palette und verstehen sich als Ergänzung der Primärkonsolen in exakt dieser Ausprägung – sind also Spiele-Erweiterungen. Dabei zeichnet sich schon jetzt die zunehmende Relevanz von Streaming-Diensten nicht nur für Filme und Musik ab, derer sich jede Plattform mehr oder weniger zentral bedient.

Trotz der steigenden Anzahl von Konsolen wird der Markt dabei nicht notwendigerweise weiter Aufsplittern. Denn jedes Gerät ist im Prinzip als potentielle Allround-Lösung konzipiert, die Architektur respektive Betriebssystem innerhalb der einzelnen Gruppen identisch. Ob Android- oder x86-Basis: Die Portierung eines Spiels auf einzelne Plattformen wird in Zukunft dank ähnlicher Funktionalitäten einfacher als zuvor, die Vielfalt steigt potentiell an. Selbst der PC wird über die Steam Machines wieder ins Konsolen-Spiel gebracht: Steam OS, Freiheiten bei der Hardware sowie die umfangreichen Konzepte zu lokalem Streaming oder einer virtuellen Verleihfunktion scheinen die besten Ideen anderer Hersteller zu kannibalisieren, während Linux einen Leistungsvorsprung verspricht und das Gamepad selbst komplexe Spiele couchtauglich macht. Hier schlägt das Pendel am anderen Spektrum, gegenüber den Android-Geräten, noch am ehesten in Richtung klassischer Spielkonsole der nächsten Generation aus.

Im Endeffekt geht es für den Anwender Ende 2013 aber vor allem darum, ein Ökosystem und möglicherweise Synergien auszuwählen, womit er sich auf verschiedene Grade der Offenheit bezogen sowohl auf Hard- und Software festlegt: wer Xbox sagt, sagt auch Ja zu den dazugehörigen Diensten, für alles andere sind die Konzepte zu restriktiv gehalten. Gleichzeitig gilt es Steuerungskonzept und Grafikqualität zu wählen, nicht aber die Auswahl der Spiele innerhalb der ARM- und x86-Angebote. Bereits jetzt werden zuvor exklusive Spiele für die kleinen Kisten für den PC und dessen Architektur nachgereicht. Mit dem Umschwenken der nächsten Generation auf diese Basis wird sich dieser Trend deutlich verstärken.

Vom Abgleiten in die Causal-Belanglosigkeit muss sich jedoch niemand fürchten. Zwar haben vor allem die x86-Konsolen deutlich an Flexbilität gewonnen, diese aber nicht zwingend zu Lasten alter Zielgruppen erlangt. Alle Wege führen in ähnlichen Ausprägungen nach Rom – künftig mehr denn je.

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