EuGH: Hacken einer Spielkonsole grundsätzlich rechtmäßig
Der EuGH hat in einem aktuellen Urteil (C-355/12) die Umgehung der Kopierschutzmaßnahmen von Spielkonsolen für insofern rechtmäßig erklärt, als dass das Knacken der Schutzsysteme nicht auf die Anwendung illegal vervielfältigter Softwarekopien zielt, sondern nur der Nutzung selbst entwickelter Programme dient.
Das Vorabentscheidungsersuchen, im Zuge dessen dies entschieden wurde, hat das Tribunale di Milano an den Europäische Gerichtshof (EuGH) gestellt. Auslöser dafür war ein Rechtsstreit zwischen dem Spielkonsolenhersteller Nintendo und dem örtlichen Unternehmen PC Box, das in Italien Konsolen der Typen DS und Wii von Nintendo mit zusätzlichen „Anwendungen unabhängiger Hersteller [sog. Homebrews; Anm. d. Red.]“ verkaufte. Um diese abspielen zu können, muss der Nutzer zusätzliche Hardware von PC Box in die Konsole stecken, mit denen deren technische Schutzmaßnahmen umgangen und deaktiviert werden.
Nintendo argumentierte, das Zusatzgerät diene vor allem dazu, dass die Nutzer auch illegal kopierte Spiele zum Laufen bringen könnten. Nach Ansicht von PC Box ging es Nintendo aber nur darum zu verhindern, dass Software unabhängiger Hersteller auf den Konsolen verwendet werden konnte. Bei dieser Software habe es sich nicht um illegale Kopien von Spielen gehandelt, sondern um Programme, die es beispielsweise ermöglichen, mit der Spielkonsole auch Video- und Musikdateien abzuspielen.
Wie der Europäische Gerichtshof nun klarstellte, dürfen Kopierschutzmaßnahmen von Spielkonsolen unter bestimmten Umständen auch für kommerzielle Zwecke ausgehebelt werden. Der Rechtsschutz gilt demnach nur für technische Maßnahmen, die nicht genehmigte Handlungen der Vervielfältigung, öffentlichen Wiedergabe, des Verbreitens oder sonstigen Zugänglichmachens von Werken verhindern oder unterbinden sollen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Genehmigung eines Rechteinhabers für derartige Kopierformen überhaupt erforderlich ist.
Diese zusätzliche rechtliche Absicherung technischer Schutzverfahren muss dem Richterspruch nach „den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren“. Sie dürfe nichts untersagen, was einen anderen wirtschaftlichen Zweck hat als die Umgehung der DRM-Systeme zu rechtswidrigen Zielen. Der Umfang des Rechtsschutzes sei zudem nicht nach dem zu beurteilen, wozu Rechteinhaber die Spielkonsolen genutzt wissen wollen.
Vielmehr, so der Europäische Gerichtshof, müssten die Gerichte nun prüfen, wie die Nutzer ihre Konsolen tatsächlich verwenden, und auch untersuchen, ob „andere wirksame Schutzmaßnahmen zu geringeren Beeinträchtigungen oder Beschränkungen der Handlungen Dritter führen könnten, dabei aber einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bieten könnten“.
Das Urteil ist im Volltext hier abrufbar.