Banished im Test: Ein Spiel als Ein-Mann-Projekt
2/4Banished auf einen Blick
Das in vier Themenabschnitte untergliederte, optionale Tutorial ist schnell erledigt und weist den Spieler dabei in aller Kürze in die wichtigsten Grundlagen der Spielmechanik ein. Das war es dann jedoch auch schon in Sachen Händchenhalten, denn bei Beginn einer neuen Spielpartie sind die Handvoll Dorfbewohner gänzlich der Fähigkeit des Spielers überlassen. Quengelnde Berater oder aufpoppende Hinweisfenster, wie aus anderen Genrevertretern bekannt, sind hier Fehlanzeige. So beginnt die Geschichte unserer ersten Siedlung mit der Qual der Wahl: Auf welche Weise soll die Nahrungsversorgung sichergestellt werden? Und welche Gebäude, abgesehen von den Unterkünften unserer Dorfbewohner, sollten noch im ersten Jahr errichtet werden?
Das Produktionssystem von Banished orientiert sich grob an Dwarf Fortress, wobei jedes Gebäude jederzeit erbaubar ist, sofern die entsprechenden Ressourcen vorrätig sind. Doch diese Entscheidungsfreiheit birgt auch gewaltige Risiken. Gerade in den ersten Jahren einer Siedlung können unsinnige Bauvorhaben bittere Folgen nach sich ziehen, was auch unsere Dorfbevölkerung zu spüren bekommt. In nicht ganz so weiser Voraussicht trennt das Straßennetz die Wohnbereiche von den Ackerfeldern unserer Siedlung, was noch im ersten Winter für erste Notstände sorgen soll.
Während die Dorfbewohner Haus nach Haus hochziehen, ist uns die Dringlichkeit der zeitnahen Nahrungsversorgung noch nicht bewusst. So erweist sich die Wahl zweier viel zu spät in Auftrag gegebener Ackerfelder als einzige Nahrungsgrundlage als fataler Fehler. Noch im ersten Winter neigt sich die Nahrungsanzeige gefährlich gen Null, Warnmeldungen im Eventlog weisen auf die Notlage hin, doch erst die folgenden Monate sollen das wahre Ausmaß der Fehlplanung offenbaren. Die Familien, deren Häuser als Erstes errichtet wurden, überleben nur, weil sie darin Nahrungsvorräte gebunkert haben - knapp fünf Dorfbewohner verhungern noch im Sommer, bevor die große Erntezeit Anfang des Herbstes für den Rest des Dorfes das Schlimmste abwenden kann.
Auf mittlerem Schwierigkeitsgrad erhält der Spieler eine überschaubare Grundausstattung an Nahrung, Kleidung, Werkzeug und Rohstoffen. 1.800 Nahrungseinheiten verteilt auf zehn Erwachsene und neun Kinder sind zwar anfänglich ein guter Puffer, jedoch nicht gut genug, wenn der Stadtplaner Mist baut und sich vom "Aquarium-Effekt" einlullen lässt, statt zum richtigen Zeitpunkt zu handeln. Am stärksten macht sich die Wahl des Schwierigkeitsgrades dabei in den ersten Jahren bemerkbar. Während dem Spieler bei Wahl der einfachen Schwierigkeitsstufe eine Fülle an Nahrung, Häusern und Rohstoffen sowie eine Scheune für deren Unterbringung gestellt werden, ist auf hartem Schwierigkeitsgrad nur das absolute Minimum vorzufinden, sodass besonders das erste Jahr ein einziger Wettlauf gegen die Zeit wird.
Hierin liegt auch der große Unterschied zwischen Banished und bisher veröffentlichten Städtebausimulationen aus der Siedler-, Anno- oder SimCity-Reihe. Fehlentscheidungen haben weitreichende und harte Konsequenzen. Oftmals sind diese nicht sofort erkennbar, im Fall unserer ersten Siedlung hat es ganze 30 Spiel-Jahre gedauert, bis uns die Folgen auf spektakuläre Weise um die Ohren flogen. So beginnt das langsame Dahinsiechen unseres Dörfchens "TooLittleTooPoor" mit einem frühen Frost im Jahr 21, der die komplette Ernte vernichtet und im Frühling des Jahres 22 erste Tode aufgrund von Mangelernährung fordert. Mit etwas mehr Aufmerksamkeit hätte sich die Hungersnot durchaus abschwächen, wenn nicht sogar komplett abwenden lassen.
Ein Blick auf die Übersichtsanzeige verrät jederzeit die aktuellen Temperaturbedingungen und sollte besonders gegen Ende des Sommers auch im Auge behalten werden. Bei plötzlichem Kälteeinbruch kann den Feldarbeitern der Befehl zur sofortigen Ernte gegeben werden, wodurch sich zumindest Teile der Nahrung vor dem Frost retten lassen. Das endgültige Ende unserer ersten Siedlung wurde jedoch erst sieben Jahre später besiegelt.
Um schnell wieder zu neuen Arbeitskräften zu kommen, wurden Nomaden in das Dorf aufgenommen und damit zusätzlich die Nahrungsvorräte belastet. So erwiesen sich die helfenden Hände der Nomaden zwar als nützlich, doch waren auch zusätzliche Münder zu stopfen und erneuter früher Frost brachte die Lage gänzlich zu kippen. Die Nahrungsproduktion kam nicht mehr hinterher, Feuerholz wurde spärlich und die darauffolgenden zwei Jahre dezimierten die Bevölkerung durch Erfrieren und Verhungern von 150 auf 90. Als hätte das nicht gereicht, brach im übernächsten Jahr ein Feuer aus, dem das Dorf aufgrund mangelnder Brunnen nicht mehr Herr wurde. Hier erwies sich das Sparen von Steinen für Steinhäuser statt Brunnen als ein Fehler, der sich erst nach vielen Generationen rächte.
Trotz aller Härte bleibt Banished jedoch fair: Ob von Schädlingen befallene Ernte, Feuer oder Tornados - wie mit den Schäden umgegangen wird, entscheidet nicht selten über das Schicksal aller. Ob ein Dorf an einer einzigen schlechten Ernte niedergeht, liegt dabei weniger am Pech oder Glück des Spielers, sondern seiner Fähigkeit, auf Ereignisse angemessen zu reagieren oder entsprechend vorzusorgen. So wird der Umgang mit einer Naturkatastrophe zur Herausforderung, die es zu meistern gilt, und das Gefühl der Belohnung, die eigene Siedlung Jahre später prosperieren zu sehen, noch verstärkt.