Banished im Test: Ein Spiel als Ein-Mann-Projekt
3/4Banished auf einen Blick (Forts.)
So fesselnd der Überlebenskampf der Pixelbewohner auch ist, es gibt auch Momente der Ernüchterung. Schon nach wenigen Minuten im Spiel fallen die Grenzen des Ein-Mann-Projekts visuell auf. Dies beginnt bei den spärlichen Animationen der arbeitenden Bevölkerung, die selbst auf Obstplantagen Bewegungen ausführen, als würden sie ein Feld pflügen, und geht über zu Tieren, die gerne mal in Zäunen stehen bleiben, als seien diese nicht existent. Beim Verfolgen von Wildtieren und Jägern in der Nähe der eigenen Siedlung werden die Animationen der Jäger gänzlich vermisst. Es scheint, als erzeugt dieser Beruf Fleisch und Leder, ohne überhaupt mit den Tieren in der Wildnis als Spielobjekte interagieren zu müssen. Dass Wildtiere beim Überqueren eines Flusses ebenso komplett auf eine Schwimmanimation verzichten und stattdessen einfach unter Wasser laufen, verwundert unter diesen Voraussetzungen kaum. Spieler, die sich ähnlich detaillierte Animationsarbeit wie bei den Siedler-Spielen erhoffen, werden also enttäuscht.
Umso erstaunlicher ist, dass auf Ebene des Gameplays kaum grobe Schnitzer erlaubt wurden. Die Simulation der einzelnen Dorfbewohner geht solide vonstatten. Dorfbewohner wählen, vorausgesetzt es sind genügend Unterkünfte frei, eine Bleibe in der Nähe ihres Arbeitsplatzes. Familien werden gegründet und Kinder nur so lange gezeugt, wie die Bewohner auch biologisch dazu in der Lage sind. Abzüge im Hinblick auf Glaubwürdigkeit muss das Alterssystem trotzdem hinnehmen: Pro Jahreszeit (Frühling, Sommer, Herbst, Winter) altern die Einwohner jeweils um ein Jahr. Das bedeutet, während die eigene Siedlung 30 Jahre überdauern konnte, verstrichen für die biologischen Uhren der Einwohner schon 120 Jahre und damit mehrere Generationen. Dies ist zwar anfangs verwirrend, aber nicht weiter tragisch für den Spielfluss. Wünschenswert wäre an dieser Stelle auch noch eine differenzierte Altersübersicht gewesen, um sich einen einfacheren Überblick über die Altersstruktur der Bevölkerung verschaffen zu können, ohne dabei jedes Wohnhaus einzeln anklicken zu müssen.
Die künstliche Intelligenz verrichtet ihre Arbeit größtenteils anstandslos, dennoch müssen kleinere Eigenheiten der virtuellen Bewohner besonders im Zusammenhang mit Nomaden erwähnt werden. Sobald der Spieler ein Rathaus errichtet hat, suchen Nomaden in zufälligen Zeitabständen Unterschlupf und wollen sich der Zivilisation anschließen. Sofern die Anfrage akzeptiert wird, jedoch nicht genügend freie Häuser in der Nähe von Arbeitsstätten zur Verfügung stehen, ergeben sich für die Arbeiter Laufwege, die höchst ineffizient sind und nicht selten die halbe Stadt umspannen. Arbeiten diese dann auch noch in kritischen Berufen wie der Nahrungsproduktion, können sich alleine dadurch schon Nahrungsengpässe ergeben.
Gleichermaßen können Nomaden und alte Dorfbewohner mit etwas Pech die Fortpflanzung der Bevölkerung gefährden, indem zur Reproduktion zu alte Bewohner mit jungen Mitbewohnern in ein Haus ziehen und in Folge dessen die Möglichkeit des Nachwuchses blockieren. Eine Lösung für diese seltenen, aber umso ärgerlichen Probleme lässt sich durch die „Zwangsräumung“ der betroffenen Häuser herbeiführen: Indem die Spielgeschwindigkeit mittels Leertaste pausiert wird, der Befehl zum Abriss des Gebäudes erteilt und kurz daraufhin wieder rückgängig gemacht wird, kann zumindest hervorgerufen werden, dass die Bewohner sich nach einer neuen, möglicherweise passenderen Bleibe auf die Suche machen. Klappt dies auf Anhieb nicht, muss der Vorgang wiederholt werden.
Ebenfalls in die Kategorie der KI-Programmierfehler lässt sich das Verhalten von Förstern einordnen, die in ihrem Einflussbereich Obstplantagen vorfinden. Standardmäßig pflanzt diese Berufsklasse neue Bäume in der Umgebung und holzt die ausgewachsenen Bäume ab. Dabei nehmen die Förster jedoch keine Rücksicht auf nützliche Obstbäume, die möglicherweise kurz davor sind, geerntet zu werden, und sorgen damit für eine erhebliche Produktionsminderung, sofern beim Planen des Dorfes nicht aufgepasst wird.
Vor allem im späteren Spielverlauf stellt sich zudem die Frage nach der Haltbarkeit von Nahrung: So können über Jahre hinweg riesige Vorräte angelegt werden, ohne Gefahr zu laufen, dass diese verderben. Schon ab 150 Einwohnern verleitet diese Eigenheit dazu, Essen einfach so weit zu stapeln, wie möglich, um vor einer Expansion selbst gegen mehrere schlechte Ernten oder Katastrophen gewappnet zu sein. Hätte der Entwickler die Verderblichkeit bedacht, so könnte vergammelnde Nahrung dafür Sorge tragen, dass dieses Nahrungswettrüsten gegen die Natur zumindest mit einem größeren Risiko für den Spieler verbunden ist.
Spätestens dann, wenn der Zufallsgenerator eine mit unliebsamen Hügeln durchzogene Karte ausspuckt, fallen die gänzlich fehlenden Terraforming-Möglichkeiten auf. Abgesehen von Brücken und Tunneln, welche sich nur durch Berge bestimmter Höhe graben lassen, besteht keine Möglichkeit zur Veränderung der Umgebung. Einmal leergeräumte Steinminen bleiben als kahles Loch in der Landschaft erhalten, genau wie kleine, kaum wahrnehmbare Hügel, die Gebäude blockieren und riesige Umwege in der Straßenführung nach sich ziehen. Dies ist zwar lästig, aber in Anbetracht der Größe der zu besiedelnden Karte durchaus verkraftbar.