Debian wählt neuen Projektleiter

Ferdinand Thommes
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Wie jedes Jahr wählt Debian zur Zeit einen neuen Debian Project Leader (DPL). Standen anfangs drei Kandidaten zur Wahl, gehen nach dem Rückzug des Ungarn Gergely Nagy nur der Franzose Lucas Nussbaum und der Brite Neil Mc Govern in den Endspurt.

Noch bis zum 30. März vertreten Nussbaum, der derzeit das Amt innehat, und Mc Govern ihre jeweiligen Positionspapiere. Darauf folgt eine vierzehntägige Wahlperiode, in der alle rund 1.000 offiziellen Entwickler ihre Stimme abgeben können.

Nussbaum, der das Ehrenamt zum zweiten Mal anstrebt, ist ein eher zurückhaltender Amtswalter im Vergleich mit seinem Vorgänger, dem Italiener Stefano Zacchirolli, der den Job drei Jahre in Folge sehr offensiv anging und viel innerhalb der Distribution bewegt hat. Vor allem gelang es ihm, Debian für seine Derivate zu öffnen und dafür zu sorgen, dass Entwicklungen von den Ablegern wieder in die Hauptdistribution zurückfließen.

Neil Mc Govern ist seit zehn Jahren Debian-Entwickler und hatte verschiedene Ämter und Funktionen inne. Er betont in seinem Papier, Debian bestehe aus 37.500 Paketen in zwölf Architekturen die von 3.000 Freiwilligen gepflegt werden. Zudem erwähnt er die mittlerweile 144 abgeleiteten Distributionen, die Debian zu ihrer Grundlage gemacht haben. Er führt an, Debian sei erwachsener in seiner Entscheidungsfindung geworden, selbst bei so kontroversen Themen wie der kürzlichen Wahl eines neuen Init-Systems.

Der Brite steht für die Renovierung der Debian-Infrastruktur, die an einigen Stellen etwas in die Jahre gekommen ist, und will sich für die Einführung einer Repo-Struktur einsetzen, die an Ubuntus PPA angelehnt ist. Zudem will er die Rolle der Debian-Mitglieder ohne Rechte zum Hochladen von Software stärken und attraktiver machen. Dieser Debian-Developer (DD) mit eingeschränkten Rechten, den Zacchirolli eingeführt hatte, um neue Mitglieder für die Distribution zu gewinnen, wird bisher zu wenig wahrgenommen. Damit soll gleichzeitig den vielen Zuarbeitern wie Übersetzern, Grafikern, Unterstützern in Foren und IRC, Webmastern und vielen anderen im Wortsinn eine Stimme innerhalb Debians gegeben werden, denn nur Debian-Developer haben bei Wahlen wie der anstehenden und sonstigen Entscheidungen eine Stimme.

Die Plattform des amtierenden DPL und Assistenz-Professors für Computerwissenschaften Nussbaum bleibt dagegen etwas blass. Er erklärt, er habe im vergangenen Jahr soviel gelernt, dass es Verschwendung wäre, nicht erneut zu kandidieren, selbst wenn der Zeitaufwand für das Amt ihm eineinhalb bis zwei Tage pro Woche abverlange. Nussbaum will sich in erster Linie um eine klarere Darstellung der Finanzlage des Projekts kümmern, das derzeit rund 100.000 US-Dollar an Spenden verwaltet, die nicht so schnell sinnvoll ausgegeben werden können wie sie hereinkommen. Das liegt hauptsächlich an organisatorischen Defiziten, jeweils genau zu wissen, wie der genaue Stand der oft über den Globus verstreuten Gelder ist.

Jährlich werden beispielsweise große Summen für die Vorbereitung und Durchführung der DebConf ausgegeben, die nach der Konferenz wieder durch Sponsorengelder zurück fließen. Zudem setzt sich Nussbaum anstatt für einen einzelnen DPL für ein Team ein, das diese Aufgabe betreut. Diese Idee ist aber im Projekt heftig umstritten. Fragen von Entwicklerkollegen beantworten die Kandidaten auf einer Mailingliste.

Der Debian-Projektleiter ist von der Machtfülle mit unserem Bundespräsidenten vergleichbar. Neben der administrativen und integrativen Tätigkeit kann der DPL allerdings, ebenso wie der Bundespräsident, Entscheidungen treffen, wenn die Lage dies erfordert. Im alltäglichen Ablauf besitzt aber etwa der FTP-Master eine größere Machtfülle als der DPL.

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