NSA kann Telefonate eines gesamten Landes abhören
Die NSA hat ein Überwachungssystem entwickelt, mit dem sie 100 Prozent der Telefonate eines Landes aufzeichnen und diese einen Monat lang speichern und auswerten kann. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf Dokumente von Edward Snowden und eingeweihte Personen.
Mit der Datenbank „Mystic“ und dem dazu gehörenden Werkzeug „Retro“ zum Durchsuchen der Sammlung kann der Geheimdienst somit einen Monat in die Vergangenheit horchen und über diesen Zeitraum Profile von Personen erstellen. Mystic wird seit 2009 entwickelt und erreichte 2011 die angestrebte Produktreife zum Abhören und Speichern der Telefonate einer gesamten Nation. Dokumente belegen, dass 2013 das Hinzufügen weiterer Länder geplant wurde.
Die Washington Post hält auf Bitten US-Offizieller Details zurück, die Rückschlüsse auf das abgehörte Land und andere Nationen erlauben würden, für die Abhörpläne bestanden. Der Geheimdiensthaushalt für 2013, der sich ebenfalls unter Snowdens entwendeten Dokumenten befindet, lässt Rückschlüsse auf fünf oder sechs weitere Länder zu, deren Telefondaten komplett abgegriffen werden sollten.
Caitlin Hayden als Sprecherin des nationalen Sicherheitsrats der USA kommentierte die neuen Enthüllungen nicht direkt, sagte jedoch „neue und im Entstehen begriffene Bedrohungen" wären „meist im großen und komplexen System der modernen globalen Kommunikation verborgen“. Das führe dazu, dass „die Vereinigten Staaten unter bestimmten Umständen massenhafte technische Aufklärung betreiben müssen, um diese Bedrohungen zu identifizieren“. NSA-Sprecherin Vanee Vines ließ per E-Mail verlauten, „fortgesetzte und selektive Berichterstattung über Techniken und Werkzeuge, die der legitimen Aktivität der Geheimdienste bei der Auslandsaufklärung dienen“ seien „schädlich für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten und deren Verbündeten“ und stellten „ein Risiko für die dar, die zu beschützen wir geschworen haben“. Der Pressesprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, sagte lediglich, das Weiße Haus werde nicht jeden NSA-Bericht kommentieren.
Die fünfköpfige Expertenkommission „Review Group on Intelligence and Communications Technologies“ hatte Ende 2013 mehr als vierzig Vorschläge zur Reform der NSA und ihrer Programme erarbeitet und dem Präsidenten vorgelegt. Darunter war auch der Vorschlag, Datensätze, die zwar bei der Massenüberwachung erfasst, aber nicht benötigt würden und Datensätze von US-Amerikanern, die im Ausland unbeabsichtigt gesammelt worden seien, sofort bei Entdeckung zu löschen. Dieser Vorschlag fand allerdings nicht Obamas Zustimmung. Das Programm zur massenhaften Sammlung von Metadaten im eigenen Land will der US-Präsident allerdings laut einer Rede vom Januar beenden. Zudem untersagte er die Überwachung der Politiker von engen Verbündeten der USA.