Age of Wonders 3 im Test: Rundenstrategie lebt!

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Sasan Abdi
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AoW 3 auf einen Blick (Forts.)

All diese Fragen und Aspekte spielen schon vor der eigentlichen Schlacht eine Rolle, denn schon bei der Aushebung der eigenen Armee muss bedacht werden, auf welchen Einheitenmix der Spieler wert legt. Da sich im Solospiel sowohl in der gleich noch zu thematisierenden Kampagne als auch in den Missionen immer mal wieder dritte Völker der eigenen Fraktion anschließen, müssen in diese Überlegung nicht nur die Fähigkeiten und Merkmale der eigenen Einheiten, sondern auch die Einheitengattungen dieser weiteren Völker einbezogen werden. Aufgrund der daraus resultierenden Komplexität ist es dabei verkraftbar, dass sich manche Einheiten grundsätzlich ähneln – obwohl sie beispielsweise aus unterschiedlichen Völkern stammen.

Weiter verschärft werden die Anforderungen auf dem Schlachtfeld dadurch, dass natürlich nicht nur je zwei Einheitenverbände mit sechs Einheiten aufeinandertreffen können, sondern gleich mehrere Verbände auf einmal. Bei derlei Massenschlachten kommt es dann im Besonderen auf ein umsichtiges Vorgehen an. Doch schon vorher muss jeder Schritt abgewogen werden: Stellt der Gegner beispielsweise die an der Spitze eines Zuges reisende Heldenarmee überraschend, kann es passieren, dass sich der Held auf der Schlachtkarte weit abgeschlagen von seinem restlichen Heer einer Übermacht gegenüber sieht. Dann hilft nur noch rennen.

Darüber hinaus verfügen die Karten von AoW 3 über zwei Ebenen: Zu der normalen Oberfläche gesellen sich auch Dungeons, die dazu genutzt werden können, den Gegner zu umgehen oder zu flankieren – ein kleines, aber feines Detail, das den Spielspaß weiter aufwertet.

Den allergrößten Einfluss darauf, dass das zentrale Kampfsystem so überzeugend ausfällt, hat die KI: Selten haben wir in einem rundenbasierten Strategiespiel computergesteuerte Gegner gesehen, die derart clever vorgehen. Bei unserem ersten Anlauf rannten wir deswegen voll ins Messer. Nachdem die Reichsgründung kinderleicht ablief, trauten wir uns nach kürzester Zeit mit einem äußerst kleinen Heer ins Kernland unseres Widersachers – ein extrem dümmliches Vorgehen, das bestraft wurde: Unsere viel zu kleine Truppe wurde in wenigen Runden ausradiert, während über eine unscheinbare, abgelegene Brücke immer weiter gegnerische Truppen einsickerten, um eine nach der anderen unserer Kernland-Städte und schließlich auch die entscheidende „Residenzmetropole“ einzunehmen.

Auch wenn den Spieler manchmal das Gefühl beschleicht, dass die computergesteuerten Fraktionen schummeln: Die KI-Kompetenz ist – auch auf dem Schlachtfeld – enorm, sodass wir selbst Kennern des Genres empfehlen, im einfachen von drei Schwierigkeitsgraden zu beginnen.

Helden als wichtige Erweiterung

Die Helden sind dabei als potentielle „Game Changer“ eine wichtige Erweiterung der Spieldynamik. Dies gilt vor allem für das Schlachtfeld: Hier können die Helden den gegnerischen Truppen mit heftigen Zaubern zusetzen oder aber die Moral, Widerstandsfähigkeit und Gesundheit der eigenen Einheiten stärken.

Die Magieschwerpunkte eines Helden hängen von seiner Herkunft ab, sodass beispielsweise ein Druide mit vielen Naturzaubern aufwarten wird, während eine Hochelfin ausgeglichener auf schützende und schädigende Magie zurückgreifen kann.

Ein Kritikpunkt ist in dieser Hinsicht, dass der Aufstieg der Helden etwas zu schnell vonstatten geht. Ohne großes Zutun schafft man es binnen kürzester Zeit, dass sich auf dem Schlachtfeld mächtige Sprüche absetzen lassen. Die Gefahr eines „Verskillens“ existiert dabei kaum, zumal man aufgrund der großzügigen Levelups einen Zweig jederzeit ruhen und in einen neuen investieren kann.

Age of Wonders 3 im Test
Age of Wonders 3 im Test

Zu den spezifischen Heldenzaubern kommen globale Zauber hinzu , die die Leistungsfähigkeit des Reiches verbessern und mit dazu beitragen, dass die Verwaltung innerhalb der eigenen Grenzen weitgehend einfach von der Hand geht.

Schließlich können die Helden auch immer wieder mit Gegenständen versorgt werden, sodass sich nicht nur über die Charakterentwicklung, sondern auch über das rudimentäre Inventar Einfluss auf die Ausprägung der Fähigkeiten nehmen lässt.

Gute, umfangreiche Kampagne

All das kann der Spieler in einzelnen Szenarien, im auf den ersten Blick passablen Multiplayer (löblich: ein LAN-Modus ist mit an Bord!) oder aber in der Kampagne erleben. Wir haben bislang insbesondere letztere intensiv betrachtet, denn schon in dieser können locker an die 50, 60 Spielstunden investiert werden.

Age of Wonders 3 im Test
Age of Wonders 3 im Test

Im Zentrum steht dabei der Konflikt zwischen den Elfen und den Menschen, wobei löblicherweise überhaupt nicht klar wird, wer grundsätzlich böse und wer grundsätzlich gut ist. Dazu passt, dass der Spieler auf beiden Seite umfangreiche Inhalte durchspielen kann, wobei die Präsentation der ordentlichen Geschichte über viel gesprochenen Text funktioniert: Ein bombastisch-cineastische Erzählung sollte man genretypisch also nicht erwarten; dafür gibt's stimmungsvolles Artwork.

Etwas schade ist, dass das Entwicklerstudio beim Missionsdesign keine allzu große Kreativität an den Tag legt. Natürlich: Am Ende läuft es bei einem Rundenstrategiespiel immer darauf hinaus, die Gegner von der Karte zu fegen. Eine abwechslungsreichere Trigger-Event-Dynamik hätte allerdings nicht geschadet, auch wenn dem Spieler immerhin immer mal wieder Nebenmissionen angeboten werden, die das Aufgabenspektrum erweitern.

Sind irgendwann auch die Szenarien aufgebraucht, lockt Solospieler schließlich ein Skirmish-Modus, in dem man auf zufälligen Karten jede Menge Details einstellen kann – und so viele weitere Stunden dem Schlachtenschlagen fröhnen kann.

Überraschend hochkarätige Technik

Eine weitere Eigenschaft, die Rundenstrategiespielen gerne nachgesagt wird, ist, dass sie nicht selten scheußlich aussehen. Auf „Age of Wonders 3“ trifft dies definitiv nicht zu – im Gegenteil: Selten haben wir einen Genre-Vertreter gesehen, der so gut aussieht.

Dazu passt, dass dem Spieler im Grafikmenü zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten an die Hand gegeben werden. Wer möchte, kann also in bester Shooter-Manier einige Zeit auf die Optimierung der Grafik verwenden.

Age of Wonders 3 im Test
Age of Wonders 3 im Test

Dies ist unter Umständen allerdings auch tatsächlich notwendig, denn das schicke Äußere lässt sich AoW 3 auch etwas kosten. Auf unserem Testsystem lief der Titel deswegen auf „Ultra“ in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 bei Bilderraten, die je nach Umgebung und Anforderungen zwischen 35 und 60 schwanken konnten. Das ist zwar stets spielbar; bei Massenschlachten können merkliche Ruckler aber schon nerven, auch wenn aufgrund des rundenbasierten Charakters immerhin keine Katastrophe droht, wenn die FPS' kurzzeitig einbrechen.

Auch in Sachen Sound- und Sprachumsetzung gibt es nichts zu meckern: AoW 3 punktet mit einer sehr guten deutschen Synchronisation und einer passenden musikalischen Untermalung. Da wir zudem über keine gravierenden Bugs gestolpert sind, lässt sich sagen: Auch technisch überzeugt der Titel in höchstem Maße.