Hinweise für NSA-Totalüberwachung in Österreich
Wie das österreichische Wochenmagazin „Format“ berichtet, liegen ihm Hinweise vor, die mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schluss nahelegen, dass die in Österreich stattfindende elektronische Kommunikation vollumfänglich von der NSA überwacht und für zumindest einen Monat lang gespeichert wird.
Nach derzeitigem Wissensstand sollen insgesamt sechs Länder von der NSA mittels Instrumenten wie „Mystic“ und „Retro“ umfassend abgehört werden. Das inkludiert die Möglichkeit, die gesammelten Daten für zumindest dreißig Tage zu speichern, um so bei erst im Nachhinein entstehenden Verdachtsmomenten bereitstehende Datensätze zu haben. Dabei soll es sich sowohl um Telefonate von Mobil- und Festnetztelefonen als auch E-Mails handeln. Kommunikation über Social-Media-Kanäle seien ebenso betroffen.
Erst unlängst hat der ehemalige hohe NSA-Mitarbeiter John Inglis den Irak als eines jener sechs Länder offenbart, in Europa sollen es zwei sein. Hierfür waren ursprünglich Polen und Frankreich im Gespräch. Nun aber liege aufgrund von Unterlagen und Aussagen – die dem Magazin vorliegen – der Schluss sehr nahe, dass Österreich eines dieser Länder ist.
Darüber, welche Unterlagen das genau sind und welche Qualität die Quellen von Format haben, schweigt das Magazin jedoch. Allerdings liefert es eine Reihe von Indizien, die diese – bisher unbewiesene – Annahme stützen sollen. Zum einen existiert in Österreich noch aus Zeiten des kalten Krieges ein heutzutage als anachronistisch bezeichnetes System der Toleranz gegenüber ausländischen Diensten und deren Aktivitäten in Österreich. Trotz des Wegfalls der Sowjetunion und dem Eintritt in die EU mit seiner faktischen Aushöhlung der Neutralität hat es sich aufgrund von inkonsistenter Politik bis heute erhalten. So ist auch seit vergangenem Sommer ein Geheimvertrag mit den USA bekannt, die Existenz von Horchposten an strategisch günstigen Stellen in Wien ein offenes Geheimnis.
Zum anderen nennt Format den Umstand, dass österreichische Entscheidungsträger es sogar zulassen, selbst abgehört zu werden – was in nachrichtendienstlichen Kreisen mittlerweile als Bonmot kursiere. Dazu passe auch, dass sich die zuständigen Minister – Inneres und Verteidigung – zum gesamten Themenkomplex sehr zurückhaltend oder gar nicht äußern.
Generell dürfte sich dies auch mit den Aussagen eines ehemaligen österreichischen Geheimdienstchefs im ORF decken. Was es allerdings wirklich Interessantes in Österreich gibt, das eine derart umfassende Überwachung des gesamten Landes für einen Nachrichtendienst sinnvoll machen würde, bleibt jedoch im Dunkeln. Denn für Internetknotenpunkte und die Sitze internationaler Organisationen sowie der wichtigsten österreichischen Institutionen würde eine Beschränkung auf Wien im Wesentlichen ausreichen.