Uhrenhersteller skeptisch gegenüber Android Wear
Mit Android Wear mischt seit März auch Google mit Nachdruck auf dem Markt für Smartwatches mit. Die Motorola Moto 360 verpackt das Betriebssystem samt Display in ein klassisches Uhren-Design. ComputerBase hat acht Hersteller klassischer Armbanduhren nach Meinung zu dieser Entwicklung und eigenen Plänen gefragt.
Die Reaktionen der Endkunden auf Smartwatches wie die Moto 360 oder die Designstudie auf Basis einer Herrenarmbanduhr von Triwa fiel überwiegend positiv aus. „Endlich eine gut aussehende Smartwatch“, so der überwiegende Tenor. Aber können sich auch etablierte Uhrenhersteller der unteren bis mittleren Preisschicht mit dieser Zukunft anfreunden, wenn IT-Konzerne wie Motorola, LG, Samsung oder Apple in ihren Produktbereich vorstoßen?
ComputerBase hat Citizen, Casio, Jacques Lemans, Junkers, Seiko, Timex und Tissot um Stellungnahmen zur aktuellen Entwicklung gebeten und die Frage gestellt, ob diese Smartwatches auf Android Wear oder gar ein eigenes Betriebssystem setzen würden. Auch die Fossil Group, die bereits die Unterstützung von Android Wear bekannt gegeben hat, kommt zu Wort.
Eine einheitlich Antwort der Hersteller gibt es nicht, wohl aber ein vergleichbares Verhalten: Die Unternehmen, die zu einer Antwort bereit waren, das sind Timex, Citizen, Casio und Fossil, verfolgen das Thema Smartwatches aufmerksam, wenn auch (noch) skeptisch. Die Hersteller sehen insbesondere die Wahrung der eigenen handwerklichen Tradition als wesentliche Herausforderung bei einem Engagement auf dem digitalen Sektor.
Die Entwicklung der Smartwatch erachtet Timex als „interessant und zukunftsträchtig, aber auch als noch nicht ausgereift.“ Timex werde nicht voreilig handeln, schließlich gelte es die hauseigene Tradition zu wahren. In der aktuellen Umsetzung von Smartwatches als „Verlängerung des Handys“ sieht Timex darüber hinaus nur einen „geringen Mehrwert“ mit „wenig Relevanz“ für das eigene Geschäftsfeld. „Eine Gefahr durch diese Innovationen ist daher nicht zu erkennen“, schlussfolgert Timex. Ein spannendes und lebendiges Feld im Uhrensegment seien Smartwatches aber in jedem Fall.
Auch Citizen wird vorerst nicht auf Smartwatches setzen und bekräftigt: „Wir sind kein Hersteller von Digitaluhren“. Citizen will ein grundsätzliches Risiko zwar nicht von der Hand weisen, sieht den aktuellen Trend aber als überbewertet. Das Unternehmen beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie aus den USA, derzufolge Wearables zwar anfangs getragen werden, in 70 Prozent der Fälle aber nach sechs Monaten nicht mehr zum Gebrauch kommen.
But we are not digital watch company. Always make it with beauty design. We stick to analog watch. We stick to the fusion of design and technology.
Hiroyuki Ota, Deputy General Manager, Citizen Watch Europe GmbH
Der Hersteller Casio, der seit jeher auch Digitaluhren im Angebot hat, steht einer Symbiose aus klassischer Uhr und Smartwatch hingegen offener gegenüber: Casio erweitert das bestehende Sortiment um eine eigene „Interpretation des Themas Smartwatch“. So können bestimmte Uhren via Bluetooth 4.0 mit dem Handy interagieren. Sie weisen auf eingehende Anrufe und E-Mails über einen Piepton oder Vibrationsalarm hin, erlauben das Steuern von Musik und synchronisieren die Uhrzeit mit dem Telefon beim Wechsel der Zeitzone.
Definitiv auf Android Wear setzen wird wiederum die Fossil Group. Das Unternehmen, das sich als „Fashion Company“ und nicht als reiner Uhrenhersteller versteht, befindet sich eigenen Aussagen zufolge in einer sehr frühen Phase des Entwicklungsprozesses, in dem noch keine signifikanten Funktionen feststehen. Über das Zitieren der eigenen Pressemitteilung vom 18. März und der Vorstellung von Android Wear hinaus wollte sich Fossil aber nicht äußern.
Although still very much in the formative research and development stage, we are committed to playing an active role in the push toward wearable technology and helping to shape the fusion of fashion and technology.
Greg McKelvey, Chief Strategy and Marketing Officer for Fossil Group
Damit zeigt sich, dass vor allem Hersteller von Digitaluhren und Unternehmen, die sich nicht als reiner Uhrenproduzent sehen, wenige oder keine Ressentiments gegenüber einem Einstieg in den Smartwatch-Markt hegen. Je mehr Hingebung zur Aufrechterhaltung von Traditionen und klassischen Manufakturen, desto kritischer werden Smartwatches und Android Wear gesehen. Andererseits ist die Situation für Uhrenhersteller im Vergleich zu Motorola auch eine deutlich prekärere. Das, was eine klassische Uhr ausmacht, gegen Chip und Display zu tauschen, ist ein deutlich schwierigerer Schritt, als um Chip und Display ein Gehäuse zu bauen. Motorola setzt dabei so gut wie nichts aufs Spiel, die Uhrenhersteller hingegen schon.