Lego Mindstorms EV3 im Test: Roboter im Eigenbau

 4/5
Michael Schäfer
28 Kommentare

Blöcke und Daten

Die Programmierung der Modelle darf mit der dazu gehörigen Software eher als das Erstellen eines Ablaufplans mit Werteeingabe verstanden werden. Die Erstellung der Programme geschieht im unveränderten Zustand ausschließlich in grafischer Form, eine direkte Eingabe von Quelltext ist nicht möglich. Der Nutzer kann bei dieser zwischen verschiedenen als Blöcke bezeichneten Einheiten wählen, welche wie in einem Baukasten zusammengesetzt und mit den jeweiligen Werten versehen werden. Jeder dieser Blöcke besitzt eine eigene Funktion, mit der sowohl Aktionen oder Ablauf-Regelungen ausgeführt als auch Sensoren angesprochen, sowie deren Informationen ausgewertet und verarbeitet werden können. Daten-Operationen gehören genauso zum Repertoire wie das Erstellen von eigenen Blöcken. Diese sind zur besseren Übersicht und zum besseren Verständnis in verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Farben unterteilt. 17 der über 30 in der Software vorhandenen Blöcke stehen zudem direkt im Brick zur Verfügung, aufgrund des kleinen Displays und der Logik ist von der direkten Programmierung jedoch abzuraten.

Positiv stechen die diversen Einstellungsmöglichkeiten der jeweiligen Komponenten und die damit verbundene Genauigkeit hervor. So können bei den Motoren neben der Leistung die Laufzeit in Sekunden, Umdrehungen oder in Grad genauestens festgelegt werden, was ebenso für die Ton- und Bildsignale gilt. Die Software bietet hierfür jeweils über 100 Vorgaben, ein Editor zur Erstellung eigener Klang- und Bild-Dateien ist ebenfalls vorhanden.

Das System weiß es durchaus zu verstehen, unbedarfte Nutzer an die Möglichkeiten der Programmierung heranzuführen, denn bereits nach kurzer Zeit kann sich die Komplexität der erstellten Modelle steigern. Die Bauanleitungen gehen dabei übersichtlich Schritt für Schritt vor, die Auswahl der passenden Blöcke gestaltet sich durch die verschiedenen Farben sehr einfach. Modelle werden zunächst gebaut, die jeweiligen Programme mit der Software erstellt und anschließend in den Brick übertragen und dort ausgeführt. Die Software selbst gibt dabei viele Hilfestellungen: So stellt die aufrufbare Hilfe einen guten Überblick über die möglichen Komponenten, Datenblöcke als auch Datentypen dar. Letztere werden leider nur recht grundlegend und oberflächlich erklärt, der Nutzer darf also keinen Programmierkurs erwarten. Des Weiteren kann der Entwickler die eigene Arbeit protokollieren, was gerade bei großen Projekten sinnvoll ist.

Lego Mindstorms EV3 Software

Die Software lässt sich Anfangs gut bedienen, mit Zunahme der Blockanzahl wird die Oberfläche jedoch immer träger. Zudem verknüpfen sich die „virtuellen Verbindungen“ nach dem Löschen eines Blocks nur selten mit dem nächst folgenden, sondern überspringen dabei ganze Schleifen oder Verzweigungen. Aufgrund der schlechten Positionierung des Mauszeigers wird ein manuelles Verbinden wiederum zur Geduldsprobe.

Nutzer, welche bereits Erfahrung mit Programmiersprachen besitzen, werden trotz aller Möglichkeiten schnell an Grenzen stoßen und sich eingeengt fühlen. So muss bei der Erstellung oftmals um die Ecke gedacht werden, da aus modernen Programmiersprachen bekannte Strukturen wie Schleifen oder Verzweigungen nur halbherzig umgesetzt wurden, auf Sprungmarken muss gänzlich verzichtet werden. Dies wurde schon bei unserem Test-Projekt deutlich: Während die grafische Oberfläche mit ihren ganzen Verzweigungen ab einer gewissen Größe Gefahr lief, unübersichtlich zu werden, hätte es bei der Umsetzung in einer aktuellen Programmiersprache keiner 20 Zeilen Code bedurft.

Die EV3-Komponenten unterstützen zwar die auf der Programmiersprache C basierende Roboter-Programmierumgebung RobotC, diese wird von der Mindstorms-Software aber nicht unterstützt. In diesem Fall kann auf die kommerzielle Plattform RobotC For Lego Mindstorms zurückgegriffen werden. Diese kostet in der unbeschränkte Lizenz jedoch 79 und in der 365-Tage-Lizenz 49 US-Dollar. Wer es sich zutraut, kann den Brick so erweitern, dass dieser via Visual Studio von Microsoft, NXC oder Java angesprochen werden kann. Des Weiteren unterstützt das System auch LabView, wobei ebenfalls Lizenzgebühren anfallen. Eine Unterstützung der an Hochschulen gerne verwendeten Software „Matlab ist seit einiger Zeit in der Entwicklung. Die vielfältigen Möglichkeiten des Mindstorms-Systems in Kombination mit der Entwicklungsumgebung stellt jedes Jahr die RWTH Aachen in ihrem Projekt „Matlab meets LEGO Mindstorms“ eindrucksvoll unter Beweis.

Lego gibt für das Set eine Altersvorgabe von zehn Jahren an, wobei für uns aufgrund der Komplexität des Systems ein Mindestalter von zwölf Jahren zutreffender erscheint.

Du hast rund um den Black Friday einen tollen Technik-Deal gefunden? Teile ihn mit der Community!