Tt eSports Poseidon Z Illuminated im Test: Schalter von Kailh statt Cherry
2/3Äußerlichkeiten
Das Konzept der Poseidon hinterlässt einen insgesamt runden Eindruck. Die Fokussierung auf das Wesentliche schlägt sich im Verzicht auf Features und besonderes Styling und demzufolge in einem schmalen Chassis nieder. Das knappe Gehäuse mit minimalem Rand reduziert den Platzbedarf der Tastatur in Verbindung mit der etwas dichter an das Tastenfeld gerückten „F“-Reihe effektiv. Obwohl nicht speziell beschichtet, bleibt die glatte, mattschwarze Oberfläche des Gehäuses reinigungsfreundlich.
Die Tastatur selbst steht sicher, lässt sich aber noch ohne angehoben werden zu müssen verschieben. Zusätzliche Gummielemente finden sich an der Rückseite des Tastaturgehäuses. Wie Tt eSports auf Nachfrage erklärte, sollte sich die Tastatur hiermit durch den günstigen Schwerpunkt ohne Probleme hochkant hinstellen lassen, um mehr Platz auf Arbeitsflächen zur Verfügung zu stellen. Das klappt mit der Tastatur jedoch nicht mehr, es bleibt das funktionslose Relikt der Idee. Weniger ideenreich geriet ein anderes Feature des Designs: Durch den Austritt des Kabels direkt am Gehäuserand lässt sich der Kabelkanal auf der Unterseite nur schwer nutzen, da die Datenverbindung, soll sie nicht mittig austreten, mit Kraft umgeknickt werden will.
Zusatzfunktionen liegen wie üblich vollständig auf den „F“-Tasten. Die Steuerung für den Medienplayer lässt sich einhändig über die „FN“-Kombo kaum erreichen und nutzen, weil die noch am besten mit einer Hand zu betätigende Taste – „F4“ – mit dem Kommando „Stop“ belegt wurde, das im Alltag und gerade in Spielen vergleichsweise selten genutzt wird. Schön wäre es, solche Funktionen einmal nicht auf der horizontalen, sondern der vertikalen Achse verteilt zu sehen – etwa den Tasten „6“ bis „9“, die wesentlich besser zugänglich sind.
Das 105-ISO-Layout erweitert lediglich eine zusätzliche Taste über dem Nummernblock, mit welcher der „Gaming-Modus“ aktiviert wird. Beschriftung und Funktion stehen gleichwohl in keinem erkennbaren Zusammenhang. Eine Status-LED fehlt der Taste zudem, sodass der Zustand des Spielemodus' respektive der Windows-Taste abgeschätzt werden muss.
Grundsätzlich sticht die Statusanzeige auf doppelte Art heraus. Zum einen hebt sich der hellere Blauton von den übrigen LEDs ab, zum anderen wurde die Helligkeit wie so oft zu hoch angesetzt. Dies erfordert einige Eingewöhnungszeit und stört dennoch gerade im Dunklen aus dem peripheren Sichtfeld heraus, sofern der Betrachtungswinkel nicht besonders flach ist.
Zwar spendiert Tt eSports der Poseidon keine Handballenauflage, die flacheren Tastenkappen machen längeres Schreiben aber etwas komfortabler. An das Niveau der Cherry MX Board 3.0 reicht die Poseidon dabei nicht heran, im Vergleich mit den Tastenkappen im Normformat offenbaren sich dennoch Unterschiede.
Aufgrund der Beleuchtung werden die Tastenkappen vollständig aus transluzentem Kunststoff gefertigt. Die Beschriftung wird anschließend aus der schwarzen, potentiell langlebigen Oberflächenbeschichtung ausgeschnitten („Laser-cut“-Verfahren). Weil die Beleuchtung von mechanischen Schaltern derzeit zumeist eine separate, oberhalb des jeweiligen Schalters platzierte LED pro Taste erfordert, kann die Ausleuchtung der Tastenkappe nicht gleichmäßig erfolgen.
Um die Ausprägung sichtbarer Helligkeitsverläufe zu verringern, verlegt Tt eSports die Beschriftung der Kappen in den oberen Bereich und damit direkt über die LED. Unter der Leertaste wurde der Schalter zusätzlich um 90 Grad gedreht, um das große, leicht versetzt platzierte Tribal vollständig anstrahlen zu können. Die Ausleuchtung gehört deshalb zu den Stärken der Poseidon.
Aufgrund der großen Schriftart gilt dies prinzipiell ebenso für die Ablesbarkeit, die einzige Ausnahme bildet der Funktionsblock mit merklich kleinerem Font. Aufmerksame Betrachter notieren zudem ein minimales PWM-Flimmern, das aber auch bei teureren Tastaturen sichtbar sein kann und sich nicht der Preisklasse zuschreiben lässt.
Alltagserfahrungen
Die Poseidon Z Illuminated wird mit „Kailh Blue“-Schaltern bestückt, die Tt eSPORTS als „eSport certified Blue“ bezeichnet. Für einen ausführlichen Vergleich des inneren Aufbaus zwischen Cerry MX Blue und den Kailh-Gegenstücken verweisen wir an dieser Stelle auf unseren Test der Razer Black Widow Ultimate 2014. Razer verbaut zwar eine andere, nach eigenen Vorstellungen gefertigte Spezifikation der Kailh-Schalter, lässt das Funktionsprinzip aber unangetastet.
Für den Test hat Tt eSports nicht nur eine Poseidon Z, sondern auch ein Exemplar der normalen Poseidon Illuminated mit MX-Blue-Schaltern zur Verfügung gestellt. Das erlaubt es, Unterschiede zwischen den Schaltern in ansonsten gleichbleibendem Umfeld insbesondere im Blindtest zu verifizieren. Die Methode zeigt trotz identischer Kraftdiagramme deutlich auf, dass die Qualität und Ausführung beider Schalter Unterschiede aufweist: In acht von neun Versuchen ließ sich das Modell haptisch und akustisch korrekt zuordnen, wenngleich vor allem Details den Unterschied ausmachen.
Der Kailh-Schalter fällt grundsätzlich durch seine etwas dumpfere Geräuschkulisse auf, die subjektiv weniger auffällig ist als das hellere Klackern der Cherry-Pendants. Die Charakteristik hingegen gleicht grundlegend derjenigen der MX-Blue, die sich aber etwas präziser betätigen lassen. Hier fällt der Widerstand nach Erreichen des Maximalwertes stärker ab, was den Signalpunkt stärker akzentuiert. So trägt die zum Überwinden des Druckpunkts nötige Kraft auf jeden Fall über den Signalpunkt hinweg, wodurch die Auslösung einer Eingabe sicherer erfolgen kann. Im Vergleich tippt es sich auf den „eSports certified Blue“ daher ein wenig „schwergängiger“ und nach unseren Erfahrungen auch etwas langsamer, da das fast-parallele Betätigen von Schaltern weniger gut von der Hand geht.
Insgesamt liegen beide Schalter jedoch nicht Welten auseinander. Gerade mit höherem Kraftaufwand betätigt fallen die Unterschiede nicht ins Gewicht. Dies gilt auch für das für Spieler typische Eingabeverhalten; Schnell- und Vielschreiber fahren nach unserer Einschätzung mit Cherry aber auf jeden Fall etwas besser.
Dennoch erscheinen die Kailh Blue auch nicht als vernünftige, günstigere Alternative zu den MX Blue. Bereits nach kurzer Betriebszeit ließ sich an unserem Testmuster feststellen, dass die Schalter mitunter nach dem Auslösen nicht immer sofort, sondern teils erst mit einer merklichen Verzögerung in ihre Ausgangsposition zurückschnellen. Sich verhakende Schalter sind in einer Tastatur für fast 70 Euro nicht angemessen. Selbst unter Berücksichtigung des nur sporadischen Auftretens ist uns dieser Fehler bislang mit keinem MX- oder auch Razer-Schalter aufgefallen. Das Phänomen wirft trotz der versprochenen fünf Jahre Garantie ein ungünstiges Licht auf Qualität und Langlebigkeit – damit bestätigt sich der durchwachsene Ruf von Kailh-Schaltern.
Dies ändert zwar nichts an der generellen Anmutung, denn die Kailh Blue sind deutlich hochwertiger als etwa Rubberdome-Switches und charakteristisch nicht weit von Cherrys MX-Blue entfernt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kostet die Poseidon Z jedoch zu viel, sodass der eher geringe Aufpreis zu Cherry-Produkten zur attraktiveren Wahl wird.
In einem weiteren Punkt weicht Tt eSports vom „MX-Standard“ ab: Die Befestigung der Drahtbügel-Stabilisatoren erfolgt über eine alternative Halterung. Diese greift den Drahtbügel nicht fest, sondern stellt lediglich ein Widerlager für den ansonsten beweglichen Bügel zur Verfügung. Die Methode erleichtert den Ein- und Ausbau der betroffenen Tasten erheblich, vergrößert jedoch den Bewegungsspielraum über die Längsachse.