Justizminister will Leistungsschutzrecht verschärfen
Justizminister Heiko Maas (SPD) will die Verlage im Streit mit Google um das Leistungsschutzrecht unterstützen. Zunächst will er abwarten, wie die Klage der VG Media – die Verwertungsgesellschaft der Verlage – verläuft. Abhängig von dem Ergebnis soll dann entschieden werden, ob die rechtlichen Vorgaben verschärft werden.
Konkret sagte Maas im Rahmen einer Tagung von Lokalzeitungsverlegern in Berlin: „Wir sind an den Erfahrungen, die Sie hier machen, sehr interessiert, und wir werden prüfen, ob gesetzliche Bestimmungen nicht weiterentwickelt werden müssen.“ Sollte das der Fall sein, werden die entsprechenden Vorhaben vor allem das Ziel verfolgen, die dominante Rolle der großen Internetdienste zu beschränken. Maas: „Es kann nicht sein, dass Internet-Giganten ihre Marktmacht missbrauchen, um sich auf Kosten deutscher Verlage zu bereichern.“ Das wäre weder gerecht noch fair.
Allerdings soll nicht nur Google verpflichtet werden, für die in Google News und in der Google-Suche dargestellten Textausschnitte („Snippets“) Lizenzgebühren an die Presseverlage zu bezahlen, wie das Handelsblatt vor kurzem gemeldet hat. Demnach zählen auch die Deutsche Telekom, Microsoft, Yahoo und 1&1 zu den Unternehmen, die zur Kasse gebeten werden. Sollten diese sich mit der VG Media auf eine bestimmte Summe einigen, soll der Anspruch notfalls auch vor Gericht erstritten werden.
Unklar ist allerdings, wie hoch die Gebühren ausfallen sollen. Laut dem „Tarif Presseverleger“ im Bundesanzeiger fordert die VG Media von „Suchmaschinen und Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten“ derzeit eine Vergütung in Höhe von sechs Prozent von den Umsätzen, die „unmittelbar und mittelbar mit der öffentlichen Zugänglichmachung von Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen“ (also den Snippets) erzielt werden. Und: „Hierzu zählen auch Umsätze, die mit einer solchen Verwertung im Zusammenhang stehen.“ Zudem würde der Prozentsatz auf elf Prozent steigen, wenn die VG Media alle Online-Medien vertritt, die von dem Auflagen-Analysten IVW geprüft werden – das ist derzeit aber nicht der Fall. So verzichten etwa Spiegel-Online sowie die Web-Angebote der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen und dem Handelsblatt auf Ansprüche aus dem Leistungsschutzrecht. Auch ComputerBase stellt diese Forderung nicht.
Vor allem im Bezug auf Google stellen sich bei dieser Berechnungsgrundlage einige Probleme:
- Google News läuft in Deutschland ohne Werbung – und damit ohne Umsatz.
- In der Google-Suche spielen die „Snippets“ der Presseverlage nur eine untergeordnete Rolle.
- Fraglich ist, was die VG Media unter Umsätzen versteht, die „mit einer solchen Verwertung im Zusammenhang stehen“.
Marktmissbrauch von Google oder Rabulistik der Verlage
Bevor solche Fragen geklärt werden, muss die VG Media aber zunächst durchsetzen, dass Google überhaupt Lizenzgebühren zahlen muss. Neben der Klage vor der Schiedsstelle des deutschen Patent- und Markenamtes hat die Verwertungsgesellschaft zusätzlich eine Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht. Die Madsack Mediengruppe begründet diesen Schritt mit der Maßnahme von Google, Inhalte der Verlage nur dann bei Google News aufzunehmen, wenn diese in einer Erklärung explizit zustimmen. Und damit auch auf die Ansprüche aus dem Leistungsschutzrecht verzichten. Laut Thomas Düffert, Vorsitzender Madsack Mediengruppe und Gesellschafter der VG Media, sei „diese Drohung eindeutig ein Marktmissbrauch, denn bei einem Fast-Monopolisten wie Google ausgelistet zu werden und damit nicht mehr sichtbar zu sein, hat weitreichende Folgen.“
Allerdings ist es nach wie vor äußerst fragwürdig, ob Google überhaupt vom Leistungsschutzrecht betroffen ist. Und ob der Suchmaschinenbetreiber mit der Einverständniserklärung für Google News überhaupt gegen das Kartellrecht verstößt. Zuletzt argumentierte der IT-Fachanwalt Thomas im Blog Internet-Law, dass beides nicht der Fall sei. Zudem sei die „Position der Verlage (…) rabulistisch“. Diese würden derzeit den Plan verfolgen, Google mittels des Kartellrechts zu zwingen, die (vermeintlich) vom Leistungsschutzrecht geschützte Inhalte einzubinden, um für diese dann Lizenzgebühren einfordern zu können. Damit hätten sich die Verlage jedoch einen Vorteil gegenüber anderen Anbietern von Online-Inhalten verschafft.
Was die Verlage für sich fordern, würde vielmehr eine Ungleichbehandlung gegenüber allen anderen Anbietern von Inhalten im Netz darstellen. Es ist aber nicht Aufgabe des Kartellrechts, eine Besserstellung einer einzelnen Branche herbeizuführen. Ganz im Gegenteil.
Thomas Stadler, IT-Fachanwalt
Google selbst zeigt sich derweil gelassen. Die Vorwürfe der Verlage hält der Konzern für unbegründet. „Es stand Verlagen immer frei, selbst zu entscheiden, ob ihre Inhalte bei Google News angezeigt werden“, sagte ein Sprecher des Suchmaschinenbetreibers gegenüber dem Mediendienst Kress am Dienstag.