Murdered: Soul Suspect im Test: Als Geist auf Mörderjagd

 3/4
Sasan Abdi
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Redundantes Gameplay

Natürlich bringt die (nicht-)physische Form von Ronan einige Implikationen für das Gameplay mit. Da ein Geist über keinerlei Körpermasse verfügt, kann er auch nicht schlagen, schießen, treten – und überhaupt nur bedingt mit seiner Umgebung interagieren. Daraus ergibt sich, und auch hier ist MSS erfrischend anders als viele konventionelle Titel, dass man praktisch ohne Gewalt durch das Spiel gelotst wird.

Den einzigen Anflug von Brutalität erfordert MSS, wenn Ronan in seiner über der unserigen Realität liegenden Halbwelt auf Dämonen trifft. Diese verkorksten Seelen haben nur ein Ziel: Geister, die noch Hoffnung auf einen Ausweg aus der Halbwelt haben, aufsaugen. Um das zu verhindern, muss sich Ronan einfach von hinten an die Ungetüme heranschleichen, sodass der Spieler sie per Tastenkombination zerstören kann.

An dieser Stelle offenbart MSS eine erste spielerische Schwäche. Erstens läuft die Auslöschung der Dämonen immer gleich vonstatten. Zweitens ist sie aufgrund von statischen Wegen der Gegner nach dem dritten Mal keine Herausforderung mehr. Und auch wenn die Dämonen Ronan entdecken, kommt nicht unbedingt Spannung auf: Per Tastendruck versteckt sich der Held in den Rückständen anderer Geister, wobei der Dämon die Verfolgung schnell aufgibt, nachdem man zwei, drei Mal die Örtlichkeit gewechselt hat. Daraus ergibt sich: Das, allerdings auch wirklich nebensächliche, Kampfsystem überzeugt überhaupt nicht.

Doch auch sonst fallen die anfangs spannenden Spielmechaniken schnell mit einiger Redundanz auf. So laufen sowohl die Haupt- wie auch die Nebenmissionen, in denen Ronan nebenbei verwirrten Geistern helfen kann, immer darauf hinaus, dass man einen Tatort nach Hinweisen absucht, die sowohl aus dem Diesseits wie auch aus dem Jenseits stammen. Man blättert in alten Büchern, schaut sich Fotografien und Briefe an, stellt Fragmente aus der Vergangenheit her und stöbert in Notizen.

Darüber hinaus kann Ronan auch kurzzeitig in Lebende fahren, um so beispielsweise auf den Bildschirm eines Polizisten zu spähen, die Erinnerungen einer Zeugin in Gang zu bringen oder ein Telefonat zu belauschen. Diese spannende Möglichkeit reizen die Entwickler aber nicht mal im Ansatz aus, weswegen nur wenige und obendrein von der Mechanik her immer gleiche Anwendungsszenarien bereitstehen. Das bedeutet konkret: Bei den allermeisten Nicht-Spieler-Charakteren kann Ronan nur in die Gedanken reinhören, die als belanglose und obendrein viel zu häufig auftauchende Einzeiler à la „Ich sollte nach Hause gehen.“ oder „Wir Cops halten zusammen.“ ausgegeben werden.

Die an den zu untersuchenden Orten gewonnenen Informationen müssen dann korrekt zusammengesetzt werden, wobei der Spieler dazu nicht zwingend alle am Ort verfügbaren Schnipsel gefunden haben muss. Das klingt zunächst mal gut und umfangreich und trägt in der ersten Spielstunde auch solide. Mit der Zeit wiederholen sich die spielerischen Möglichkeiten aber doch deutlich, sodass der Reiz des Zusammensetzens von Informationsschnipseln merklich nachlässt.

Hinzu kommt, dass eine falsche Kombination der Informationen von MSS nicht wirklich bestraft wird. Stellt sich der Spieler dumm an, verliert er nur Punkte in einer unauffälligen Icon-Wertung, die wiedergibt, wie viele Versuche man gebraucht hat. Theoretisch gibt es aber kein Limit, sodass im Zweifel ein Herumexperimentieren gilt.

Störend ist bei all dem auch, dass das ohnehin superlineare MSS den Spieler auch beim Gameplay durch engste Leitplanken führt. So ist in jeder Instanz klar definiert, welche Informationen wo liegen und wie sie zusammengesetzt werden müssen. Alternative Vorgehensweisen gibt es praktisch nie. Das gilt selbst für die Dialoge mit Joy, in denen der Spieler dazu degradiert wird, per Tastendruck die nächste Frage und damit die nächste Videosequenz einzuleiten. MSS ist deswegen das Paradebeispiel eines interaktiven Films, dessen Ablauf zu 100 Prozent feststeht, der den Spieler aber ab und an zu einer Eingabe auffordert.

Murdered: Soul Suspect
Murdered: Soul Suspect

Etwas abgemildert wird das auf Dauer problematische Gameplay durch Abschnitte, in denen spürbar wird, dass die Entwickler um Abwechslung zumindest bemüht sind. So fährt Ronan zum Beispiel in einer Kirche in eine Katze und verhilft Joy als Poltergeist zur Flucht aus der Polizeistation. Doch so bemüht diese Aufgaben wirken, können sie doch nicht kaschieren, dass das Gameplay von MSS nach einer Eingewöhnungsstunde seine Längen hat.

Enge Spielwelt

Der beschriebene Autopilotcharakter rührt nicht nur von den Spielmechaniken, sondern auch von der Spielwelt her. Diese ist in größere Gebäudeabschnitte wie den Tatort samt anliegender Straße, die Polizeistation und ein Museum untergliedert. Zwischendrin verschlägt es Ronan immer wieder auf die Straßen des selbst für eine Kleinstadt nicht sonderlich groß wirkenden Salems.

In diesen Momenten sorgen die Entwickler mit einem Kniff dafür, dass die Logik nicht abhanden kommt. Innerhalb der besagten Gebäude kann Ronan als Geist nämlich durch Wände gehen. Dies gilt allerdings nur für Häuser, deren Türen von Lebenden aufgemacht wurden. Auf diese Weise können die Entwickler erklären, warum der Held nur in die Gebäude hinein kann, in die er auch hinein soll. Trotz dieses erzählerischen Tricks wirkt Salem beengend, weil man ständig auf unsichtbare Begrenzungen stößt. In Kombination mit sehr kleinen Arealen – selbst der Stadtstrand ist nicht größer als ein Fußballfeld – entsteht so ein die Atmsophäre beeinträchtigendes, beengendes Gefühl.

Murdered: Soul Suspect

Hinzu kommt, dass die Außengebiete insgesamt etwas steril wirken. Dies liegt zum einen am Kartendesign, das nur bedingt Liebe zum Detail erkennen lässt. Zum anderen wirken aber auch die Passanten extrem statisch: Entweder sie stehen herum oder sie laufen immer dieselben Wege. Da sie in der Regel auch noch Dialoge in der Schleife führen, lautet die Devise zugunsten der Spielatmosphäre: Nur nicht zu lange am selben Ort verweilen.

Murdered: Soul Suspect
Murdered: Soul Suspect

Etwas anders sieht es bei den innen liegenden Spielgebieten aus. Diese wirken mit mehreren, teilweise ausladenden Stockwerken nicht zu klein und wurden ganz offensichtlich mit größerer Sorgfalt erstellt. Doch auch hier gilt: Wenn wir in der Polizeistation auf dem Bildschirm eines Beamten „Deus Ex“ sehen, ist das witzig. Wenn es dann aber auf jedem zweiten Bildschirm läuft, ist das eher unschön.

Passable, bugfreie Technik

Auf der Unreal Engine 3 basierend, gehört MSS optisch sicher nicht zu den Perlen der Gegenwart. Für eine insgesamt ordentliche, stimmungsvolle Grafik reicht es aber allemal. Mit dieser Aufstellung können wir sehr gut leben, zumal Airtight Games saubere Arbeit abliefert: Abstürze oder nennenswerte Fehler gibt es in MSS nicht.

Murdered: Soul Suspect
Murdered: Soul Suspect

Aus der guten, aber nicht bahnbrechenden Technik ergeben sich auch nicht allzu anspruchsvolle Systemvoraussetzungen. Auf unserem Testsystem lief der Titel deswegen bei maximalen Details in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 und aktiviertem VSync konstant bei 30 Bildern pro Sekunde, was in diesem Fall ein flüssiges Spielen bedeutet. Wer auf einige Details verzichten kann, wird MSS auch auf älteren Systemen flüssig spielen können. Und auch die Sound- und die Sprachumsetzung überzeugen: Die deutschen Hauptsprecher sind sehr gut gewählt, während die musikalische Untermalung perfekt zum düsteren Mystery-Setting passt.

Ein kleines technisches Ärgernis ist nur die Menüführung. Hier haben die Entwickler einfach die Mechanik von der Konsole übernommen, sodass man beispielsweise vertikal nur mit zwei Tasten nach rechts und links scrollen kann.