NSA und BND haben deutschen Datenverkehr im Blick
Der Bundesnachrichtendienst (BND) und die NSA kooperieren in Deutschland enger miteinander, als die Dienste bislang eingestanden haben. Deutsche Kommunikationsdaten werden zwar aus den Datenbergen herausgefiltert. Inhalte, die auf „terroristische Aktivitäten“ hindeuten, können die Dienste jedoch auswerten.
Das zeigen Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden, die dem Spiegel vorliegen. Die Überwachung deutscher und amerikanischer Kommunikationsdaten in der Abhörstation im bayrischen Bad Aibling regelt ein „Memorandum of Agreement“ (MoA) vom 28. April 2002. Im Rahmen dieser Vereinbarung verpflichten sich beide Seiten, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis zu achten. Kommunikation von deutschen und US-Bürgern soll also aus den erfassten Datenströmen herausgefiltert werden, sofern die abgefangenen Inhalte nicht unter die Kategorie „terroristische Aktivitäten“ eingeordnet werden.
Ist das der Fall, dürfen diese Kommunikationsinhalte von den Geheimdiensten ausgewertet werden – allerdings unter dem Vorbehalt, dass der jeweilige Partner zunächst informiert wird und zustimmt. Bezüglich der deutschen Kommunikation bedeutet das demnach: Die NSA kann – offenkundig in Bad Aibling erfasste – Kommunikation von deutschen Bürgern oder zumindest mit einem Teilnehmer innerhalb von Deutschland verwerten, wenn Filterprogramme diese als „terroristische Aktivität“ einordnet und der BND der Datenverarbeitung zustimmt.
Laut den Snowden-Dokumenten sollen BND und NSA im Standort Bad Aibling sogar innerhalb von zwei gemeinsamen Arbeitsgruppen zusammengearbeitet haben. Eine zur technischen Aufklärung und eine zum Auswerten der gesammelten Daten. Auf Anfrage vom Spiegel hielt sich der BND wie gehabt bedeckt. Vermeintlichen Vorwürfen begegnete man aber direkt: „Es wurde zu keinem Zeitpunkt von den gesetzlichen Regelungen abgewichen.“ Zudem würden die gemeinsamen Aufklärungs- und Analysezentren „seit 2012 bzw. seit 2011 nicht mehr“ bestehen und ohnehin erfolge „die Fernmeldeaufklärung ausschließlich durch den BND“. Doch mit Blick auf die Snowden-Dokumente ergeben die Aussagen des BND laut Spiegel kein stimmiges Bild. Zweifel, die angesichts der bisherigen öffentlichen Darstellung des BND ohnehin bestehen, erhalten so weitere Nahrung.
Laut dem Spiegel-Bericht sind insgesamt mehr als 200 Agenten der US-Geheimdienste unter einem Diplomatenstatus in Deutschland aktiv. Ergänzt werden diese von den Angestellten privater Firmen, die hierzulande im Auftrag der NSA arbeiten – insgesamt sollen es auch mehrere Hundert sein. Derweil befindet sich der größte europäische NSA-Standort in Griesheim bei Darmstadt. In dem so genannten Dagger Complex soll der US-Dienst mittlerweile 26 Aufklärungsmissionen betreiben, zeigen weitere Snowden-Dokumente, die dem Spiegel vorliegen. Überwacht werden unter anderem die europäische Kommunikation sowie separate „Ziele in Europa“. Dabei müssen sich die NSA-Analysten nicht auf Metadaten beschränken, sondern können mit Hilfe des britischen GCHQ auf die über mehrere Tage hinweg vollständig gespeicherten Kommunikationsinhalte setzen.
Von der NSA gibt es ebenfalls nur sehr vage Aussagen zu den Dokumenten. Auf Anfrage vom Spiegel heißt es lediglich, es bestehe ein ausführlicher und enger Austausch mit deutschen Sicherheitsbehörden. Darüber hinaus gelten die Vorgaben von US-Präsident Barack Obama.