Abgeordnete und Ministerien im Visier der US-Spione
Enthüllungen und Vorwürfe treiben den Spionage-Skandal voran. Während die US-Regierung verärgert ist, weil die Bundesregierung dem obersten CIA-Vertreter in Berlin die Ausreise empfohlen hat, kursiert bereits ein neuer Verdacht. US-Dienste sollen parlamentarische Kontrollgremien und Ministerien ausspioniert haben.
So berichtet der Spiegel in der aktuellen Ausgabe von Hacker-Angriffen auf die Handy-Kommunikation von zwei Abgeordneten aus dem NSA-Untersuchungsausschuss und dem parlamentarischen Kontrollgremium. Demnach hat Roderich Kiesewetter, CDU-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, bei einer technischen Überprüfung seines Mobiltelefons festgestellt, dass Dritte sich Zugriff verschafft hätten. Ein weiterer Fall ist der Linke-Politiker Steffen Bockhahn, der in der letzten Legislaturperiode im parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags saß. Seine engste Mitarbeiterin habe im Juli 2013 bemerkt, dass ihr Handy manipuliert wurde. Angreifer hätten den SMS-Wechsel mit Bockhahn ausgeforscht und zudem gezielt nach Dienst-E-Mails gesucht, die das parlamentarische Kontrollgremium betreffen.
Bislang besteht allerdings nur der Verdacht, dass US-Dienste für die Hacker-Angriffe verantwortlich sind. Ob ein Zusammenhang mit dem aktuellen Spionage-Skandal besteht, prüfen die Ermittler derzeit. Dementsprechend vage äußert sich auch Patrick Sensburg (CDU), Vorsitzender im NSA-Untersuchungsausschuss: „Ich bin mir sicher, dass in den nächsten Wochen und Monaten noch mehr rauskommen wird und dass dabei nicht nur Amerika im Fokus stehen wird.“ Angesichts der jüngsten Enthüllungen befürchtet er allerdings, dass ein „Dominoeffekt“ einsetzen könne. Zunächst will die Bundesregierung aber in allen Ministerien nach Schwachstellen in der Kommunikationstechnik suchen und dabei auch auf Hinweise für US-Spionage achten.
Derzeit konzentrieren sich die Spionage-Fälle auf US-Dienste. Denn nach Informationen von „Bild am Sonntag“ hat die CIA hierzulande „mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter“ als Quelle zur Verfügung, berichtet die Welt. Diese verteilen sich über das Verteidigungs-, Wirtschafts- und Innenministerium, hinzu kommt das – auf den ersten Blick – unscheinbare Ministerium für Entwicklungshilfe. Doch für die CIA soll es besonders interessant sein, weil es vom Bundesnachrichtendienst (BND) oftmals für verdeckte Operationen im Ausland genutzt werde.