Destiny: Unser Eindruck aus der Beta
In den letzten Tagen hat Bungie den MMO-Shooter Destiny in einer zunehmend offeneren Beta-Phase getestet. Auch ComputerBase hat in den vergangenen Tagen Eindrücke gesammelt und klärt, ob der Hype um das Spiel der Qualität gerecht werden kann.
Dass mit Bungie gerade die Halo-Väter an einem neuen Spiel arbeiten, kann Destiny nicht verbergen. Zu sehr erinnern das gesamte Konzept, die Anlage, das Gameplay an Master Chief und Co – nur alles etwas anders, alles Next-Gen und vor allem: Weiterentwickelt. Destiny ist insofern eine Art Halo 2.0, der nächste große Schritt des zuletzt etwas angestaubten Konzeptes.
Die Ähnlichkeit macht sich vor allem in den Grundzügen bemerkbar, geschminkt wird Destiny vollständig neu. Nicht nur Namen – The Hive ersetzt The Flood, Wächter die Spartaner –, vor allem das Setting und die visuelle Gestaltung wurde getauscht. Dabei nutzt Bungie die Möglichkeiten der aktuellen Konsolen aus; hohe Sichtweite, merklich offenere Areale in Außengebieten und hübsche Innensequenzen machen einen Sprung. Sowohl das Kosmodrom in Russland als auch die Mission auf dem Mond sahen ordentlich aus, auffällig waren vor allem die Lichteffekte – ansonsten sieht Destiny okay aber nicht überragend aus. Auf der von ComputerBase gespielten Xbox-One-Version fielen zudem die gefühlt zu langen Ladezeiten zwischen den einzelnen Missionen und Stationen störend auf.
Den Sci-Fi-Look einerseits, die Überreste einer untergegangenen Zivilisation anderseits transportiert Destiny hervorragend; die optisch abwechslungsreichen Areale spannen eine düster-melancholische Grundstimmung wie etwa Stalker auf: Diesen voyeuristisch-makaberen Spaß, in den Ruinen der eigenen Gegenwart herumzustochern. Dazu kontrastiert das klinisch-saubere Hauptquartier im futuristischen Stil, das als zentraler Hub für soziale Interaktion mit Spielern und NPCs dient.
Zu Entdecken gibt es in der Welt bislang aber wenig. Das in der Beta im Erkundungsmodus frei zugängliche Kosmodrom hielt lediglich ein paar zufällig generierte Aufgaben bereit, die aber schnell zu beenden waren. In Anbetracht der liebevoll ausstaffierten Welt sind hier mehr Inhalte als nur die Landschaftsbeschau wünschenswert.
Das „Gunplay“ mit dem wiederaufladenden Schild, dem gelegentlichen Schießen aus der Deckung, einem starken Nahkampf-Angriff und den in der Beta noch konservativeren Waffen lässt – gerade in den PvP-Modi des „Schmelztiegels“ – die stärksten Erinnerungen an Halo wach werden, das den Soundtrack in Gefechten aber nicht derart prägnant und treibend in den Vordergrund gebracht hat. KI und Spawns der Aliens sind jedoch etwas zu berechenbar ausgefallen, die Funktionsprinzipien darf Bungie gerne noch besser verstecken.
An diesen Stellen wirkt Destiny tatsächlich wie ein vereinfachtes MMO. Rohstoffe, PvP- und PvE-Bonusränge mit eigener Währung, aber einfachere Mechaniken und die zunächst simple Charakterentwicklung lassen unwillkürlich an ein etwas komplexeres Borderlands denken. Bei den Waffen und der Ausrüstung kommt der MMO-Aspekt stärker zum Tragen; Ausrüstung, Schiff, Fahrzeug und Waffen lassen sich tauschen, aufwerten und sorgen mit ungewöhnlichen oder seltenen Versionen für die Befriedigung des Sammeltriebes. Die Belohnungen fallen oft genug um die Aufmerksamkeit hochzuhalten, liegen aber nicht hinter jeder Ecke. In der Beta bleiben sie in jedem Fall etwas besonderes, selbst wenn es sich nur um ein einfaches Fundstück ohne spezielle Eigenschaften handelt. Das Grundgerüst hinterließ somit einen überzeugenden Eindruck, die Präsentation scheint bereits auf hohem Niveau poliert zu sein.
Die über auf Wunsch kooperative Missionen ausgespannte Hintergrundgeschichte tut dies derzeit weniger. Anders als die längere Strike-Instanz mit mehreren Höhepunkten und kniffligeren Stellen wird die Handlung viel kompakter vorangetrieben, die ersten sechs Sequenzen liefen stets nach Schema A ab: Zu einem Ort laufen, dabei die mäßig motivierte Stimme von Peter Dinklage hören, ein paar Gegner über den Haufen ballern – und fertig. Möglicherweise fehlen schlicht noch Zwischensequenzen, dennoch fühlte sich das Ende dieser Story-Instanzen nicht befriedigend an: Sie enden viel zu abrupt, ohne wirklich das Gefühl einer Errungenschaft zu vermitteln, sie zeigen sehr lineare, beschränkte Ausschnitte der eigentlich großen Karten. Das überrascht umso mehr, als dass die Strike-Instanz, der spielbare Raid, Dramatik und Spannungsbogen deutlich besser inszenieren konnte.
Um einen Höhepunkt, einen echten Klimax anzubahnen, steht in den nur 10 bis 15 Minuten langen Sequenzen schwerlich genug Zeit zur Verfügung, es fehlen ruhige Sequenzen, die Hintergründe einführen, Identifikation ermöglichen. Düstere Bedrohung auf dem Mond, findet der Geist-Begleiter nach einer Gegnerwelle heraus? Die Mission endet jetzt in 30 Sekunden, kündigt Destiny an – das war alles, ein herablassender Umgang mit der Erzählung und dem Spieler. Derartiges erwarten Spieler eher von Free-to-Play-Spielen mit Grinding-Hintergrund, nicht von einem Triple-A-Titel mit massivem Budget.
Natürlich gewährt die Beta allenfalls einen Eindruck vom fertigen Spiel, ist derart knapp vor dem Erscheinen des fertigen Produktes am 9. September 2014 aber immer auch als Demo respektive Werbung zu verstehen. Die massiven Vorschusslorbeeren sind, gemessen an dem gezeigten, kleinen Ausschnitt zunächst ins Regal zu legen. Jeden Geschmack wird Destiny aus dem Stand nicht bedienen können. Die Stärken liegen aktuell vor allem im kooperativen Spiel mit und gegen andere Spieler sowie bei der Förderung des Sammeltriebs. Wer sich nicht mehr von einem Shooter erwartet, findet mit Destiny im Herbst vermutlich genau das Richtige. Die Story hinterlässt bislang jedoch einen zu schwachen Eindruck für das Spiel des Jahres, es bleibt zu hoffen, dass Bungie Tempo und Qualität außerhalb der ersten Tutorial-Abschnitte noch spürbar anzieht. Auf das finale Spiel darf man insofern gespannt warten, bis dahin bleibt gedämpfte Freude.
Weitere Eindrücke aus der Beta von Destiny finden sich im ComputerBase-Forum.